»Wir helfen Ihnen«, sagte Mike Rander. »Sie brauchen uns erst gar nicht nach Nassau zu bringen. Von uns aus können Sie umkehren. Diese Insel samt Schatzsuchern will ich mir jetzt aus der Nähe ansehen.«
»Und ich, Sir, möchte mich Ihnen in aller gebotenen Bescheidenheit anschließen«, ließ der Butler sich vernehmen. »Schatzsuche hat mich eigentlich schon immer interessiert. Und wenn mich nicht alles täuscht, findet man zudem noch die Mörder jenes Mr. Marty Conwell, der so geheimnisvoll sterben mußte!«
*
Sie fuhren dennoch nach Nassau auf den Bahamas.
Nicht wegen Mike Rander oder Josuah Parker. Die beiden CIA-Agenten Judy Malone und Herb Larron waren sich längst darüber im klaren, welch wertvolle Verbündete sie gewonnen hatten. Aber in Nassau mußten und sollten gewisse Gerätschaften an Bord genommen werden, damit den augenblicklichen Besitzern der vier A-Geschosse das Handwerk gelegt werden konnte.
Von dem erklärten Ferienziel unzähliger Amerikaner sahen Rander und Josuah Parker nur sehr wenig.
Das Schnellboot blieb weitab vom eigentlichen Hafen auf der Reede liegen. Von Bord aus waren die vielen bunten Lichter der Hafenstadt zu sehen. Man konnte nur ahnen, was das Leben an Entspannung, Reiz und an Abenteuern zu bieten hatte.
Nun, was Abenteuer anbetraf, konnten sich der junge Anwalt und sein Butler bestimmt nicht beklagen. Der ungewollte Ausflug auf die Insel der Haie stak ihnen noch in den Knochen.
Judy Malone verließ das Schnellboot und fuhr in einem kleinen Außenborder, von dem sie abgeholt wurde, hinüber in den Hafen von Nassau. Rander und Parker wußten längst, daß sie diese Aktion gegen die angeblichen Schatzsucher leitete. Herb Larron, der schlanke, drahtige Mann mit der glatten Stimme, war so etwas wie ihr Mitarbeiter, der sich aber nach ihren Wünschen zu richten hatte.
Knapp eine halbe Stunde nach dem Absetzen von Judy Malone machte der Ausguck ein schwerfälliges Boot aus, das sich langsam dem Schnellboot näherte. Es handelte sich um ein überdimensional großes Ruderboot, das von einem mehr als altersschwachen Außenbordmotor angetrieben wurde.
Herb Larron, der neben Mike Rander an der Reling stand, warf seine kaum angerauchte Zigarette ins Wasser.
»Wenn es klappt, sind wir in einer Stunde klar zum Auslaufen«, sagte er dann aufatmend. »Lind wenn wir uns ranhalten, Rander, können wir im Morgengrauen wieder vor der Haifischinsel stehen.«
»Und was soll dann über die Bühne gehen?« erkundigte sich Mike Rander.
»Diesmal heben wir die Schatzsucher aus, Rander. Was Sie und Ihren Butler angeht, so können Sie noch immer aussteigen. Leicht wird die Sache auf keinen Fall werden.«
»Gut, daß Sie das nicht zu Parker gesagt haben«, gab Mike Rander lächelnd zurück. Er ließ das herankommende, schwerfällige Boot nicht aus den Augen. »Sie hätten ihn tödlich beleidigt.«
»Ein eigenartiger Bursche, Ihr Butler!«
»Er überrascht selbst mich immer wieder«, sagte Rander und lachte leise. Dann verstummte er und beobachtete das schwerfällige Boot, das plötzlich Maschinenschaden zu haben schien. Der kleine, laut tuckernde Außenborder erstarb, das Ruderboot blieb fast unmittelbar darauf ohne jede Fahrt liegen und wurde von der leichten Dünung bewegt.
»Was übernehmen wir eigentlich?« erkundigte sich Mike Rander.
»Nur ein paar Ausrüstungsgegenstände«, gab Herb Larron zurück. »Die hat Miß Judy drüben in Nassau besorgt.«
»Ist sie nicht mit zurückgekommen?« fragte Rander..
»Natürlich, Sie wird drüben an Bord sein«, gab Herb Larron zurück.
Mike Rander nickte.
Er wollte gerade eine Art Zusatzfrage stellen, als er plötzlich die Decksplanken unter den Füßen verlor. Gleichzeitig schoß eine blutrote Wand aus Feuer und Rauch vor ihm hoch. Er fühlte sich von einer riesigen Faust ergriffen und wurde durch die Luft gewirbelt. Im Flug dröhnten seine Ohren unter dem reißenden Donner einer gewaltigen Detonation.
Fast betäubt landete er im Wasser.
Er fühlte sich ungemein müde.
Er hätte sich am liebsten in die Fluten ziehen lassen. Seine Gleichgültigkeit war lähmend.
»Doch dann - er hörte einen schrecklichen Schrei - wurde er sofort wieder hellwach. Er spürte heftige Schmerzen in seinem rechten Bein. Und dieser stechende Schmerz brachte ihn dazu, sich wieder mit sich selbst zu beschäftigen.
Er tat die ersten Schwimmstöße und hielt sich damit über Wasser. Dann sah er sich nach dem Schnellboot um.
Es sank bereits.
Es rutschte über das Heck ab und verschwand blitzschnell im gurgelnden Wasser. Der Feuerschein der brennenden Deckaufbauten erhellte die Szenerie und ließ Einzelheiten erkennen.
Ein paar Männer sprangen gerade vom sinkenden Boot ins Wasser.
Dann sah Rander das schwerfällige Ruderboot, das nun einen ungemein behenden und manövrierfähigen Eindruck machte. Der Außenborder schien nicht nur repariert worden zu sein, nein, er entwickelte auch eine gewaltige Kraft.
Das Ruderboot fuhr an die im Wasser herumtreibenden Männer heran.
Plötzlich peitschten Schüsse auf. Nach jedem versank einer der im Wasser treibenden Männer. Ein Irrtum war ausgeschlossen.
Die Männer im Ruderboot, deren Gesichter er gegen das Feuer des absackenden Schnellbootes nicht erkennen konnte, schossen auf die Schiffbrüchigen und brachten sie nacheinander um.
Mord...!
Mike Rander wußte, was er zu erwarten hatte. Hier wurde systematisch Menschenjagd betrieben. Und da das Feuer des inzwischen gesunkenen Schnellbootes nicht mehr ausreichte, flammte plötzlich ein starker Suchscheinwerfer auf, dessen Lichtstrahl über die Wasseroberfläche glitt und nach weiteren Opfern suchte.
Mike Rander konnte von Glück sagen, daß ihn die Wucht der Detonation weit hinaus ins Wasser geschleudert hatte. Er befand sich dadurch nicht mehr im unmittelbaren Bereich der Unglücksstelle.
Er wußte, daß er sich aber noch viel weiter absetzen mußte. Die Mörder im Ruderboot würden die Suche nach weiteren Opfern nicht so schnell einstellen. Sie waren bestimmt hartnäckig, zumal sie an Augenzeugen dieses Attentats nicht interessiert sein konnten.
Trotz seines sehr schmerzenden Beines kraulte Mike Rander in die Dunkelheit hinein. Es ging um jeden gewonnenen Meter. Als er einhielt, um gründlich nach Luft zu schnappen, sah er das Ruderboot, das sich ihm gefährlich genähert hatte.
Machte man bereits Jagd auf ihn? Hatte man ihn ausfindig gemacht? Rander war für ein paar Sekunden wie gelähmt. Doch dann, als plötzlich der grelle Lichtfinger des Scheinwerfers wieder über das Wasser strich, tauchte er blitzschnell weg.
Er blieb so lange unter Wasser, wie seine schmerzenden Lungen es ihm gestatteten. Dann tauchte er wieder auf und sah sich nach dem Ruderboot um.
Es war abgefallen und tuckerte gerade zurück. Es gab die Suche in diesem Bereich auf.
Erleichtert drehte Rander sich auf den Rücken. Er wollte für ein paar Minuten entspannen. Dann wollte er zurück an Land schwimmen.
In diesem Augenblick passierte es.
Rander spürte plötzlich einen harten Gegenstand am Knöchel seines linken Fußes.
Und da wußte er blitzartig, daß ihn ein Hai anfallen wollte...!
*
»Hoffentlich habe ich Sie nicht unnötig erschreckt«, sagte der »Hai« dann, der dicht neben ihm im Wasser trieb. »Ich bedaure außerordentlich, daß ich mich nicht früher bemerkbar machen konnte. Aber da meine bescheidene Wenigkeit von den Insassen des Ruderbootes verfolgt wurde, mußte ich auf jede Lautäußerung verzichten.«
»Parker...!« stieß Mike Rander erleichtert