Seit den Tagen Scipios und Hannibals wurde kein kühneres Unternehmen zur Befreiung des Reiches versucht als das des Heraklius. Der Kaiser ließ die Perser für eine Weile die Provinzen unterdrücken und die Hauptstadt des Ostens beschimpfen, indes er selbst den gefährlichen Weg übers Schwarze Meer und über die Gebirge Armeniens einschlug, in das Herz Persiens eindrang und so die Heere des Großkönigs zur Verteidigung ihres blutenden Vaterlandes zurückrief. Mit einer auserlesenen Schar von fünftausend Kriegern segelte Heraklius von Konstantinopel nach Trapezunt, zog dort die Streitkräfte an sich, die in den Bezirken von Pontus überwintert hatten und rief von der Mündung des Phasis bis zum Kaspischen Meere seine Untertanen und Bundesgenossen auf, mit ihm, dem Nachfolger Konstantins, unter der wahren und siegreichen Fahne des Kreuzes ins Feld zu ziehen. Als die Legionen des Lucullus und Pompejus zum ersten Male über den Euphrat gingen, erröteten sie ob ihres leichten Sieges über die Armenier. Aber die langen und häufigen Kriege hatten die Seelen und Leiber dieses verweichlichten Volkes gestählt; ihr Eifer und ihre Tapferkeit zeichneten sich im Dienste eines sinkenden Reiches aus. Sie verabscheuten und fürchteten die Gewaltherrschaft des Hauses Sassan, und die Erinnerung an die Christenverfolgungen steigerte ihren Haß gegen die Feinde Christi. Die Grenzen von Armenien, wie es dem Kaiser Mauritius abgetreten worden war, erstreckten sich bis zum Araxes. Heraklius, den Fußstapfen des Marcus Antonius folgend, rückte bis Tauris oder Gandzaca, der alten und auch jetzigen Hauptstadt einer der medischen Provinzen, vor. An der Spitze von vierzigtausend Mann war Chosroes selbst von irgendeinem fernen Zuge zurückgekehrt, um die Römer aufzuhalten. Er zog sich aber bei Annäherung des Heraklius zurück und wich der Wahl zwischen Frieden oder Schlacht aus. Statt einer halben Million Einwohner, die man Tauris unter der Regierung der Sophis zugesprochen hat, hatte die Stadt nur dreihunderttausend Häuser. Aber der Wert der königlichen Schätze wurde durch die Sage erhöht, daß es die dem Krösus abgenommene Beute wäre, die Cyrus von der Zitadelle von Sardes dahin hätte schaffen lassen. Nur der Winter hielt die schnellen Eroberungen des Heraklius auf; Klugheit oder Aberglauben bewog ihn zum Rückzug nach Albanien längs den Küsten des Kaspischen Meeres, und seine Zelte waren höchstwahrscheinlich in den Ebenen von Mogan, dem Lieblingslager der orientalischen Fürsten, aufgeschlagen. Mit diesem Einfall zeigte er den Eifer und die Rache eines christlichen Kaisers. Auf seinen Befehl löschten die Soldaten das Feuer der Magier aus und zerstörten ihre Tempel. Die Standbilder des Chosroes, der göttliche Ehrenbezeigungen anstrebte, wurden in die Flammen geworfen und die Trümmer von Thebarma oder Ormia, dem Geburtsorte Zoroasters, sühnten einigermaßen die dem heiligen Grabe widerfahrenen Unbilden. Einen reineren Religionsgeist bewies er durch Unterstützung und Freilassung von fünfzigtausend Gefangenen. Heraklius ward durch Tränen und dankbares Freudengeschrei belohnt, und diese weise Maßnahme, die den Ruf seiner Milde verbreitete, steigerte das Murren der Perser gegen den Stolz und die Hartnäckigkeit ihres eigenen Souveräns.
Während des folgenden glänzenden Feldzuges ist Heraklius fast unseren als auch den Blicken der byzantinischen Geschichtsschreiber entzogen. Aus den weiten, fruchtbaren Ebenen von Albanien folgte der Kaiser dem Zuge der hyrkanischen Bergkette, stieg in die Provinz Medien oder Irak nieder und trug seine siegreichen Waffen bis zu den Königstädten Casbin und Ispahan, denen sich noch niemals ein römischer Eroberer genähert hatte. Über die Gefahr, die seinem Königreich drohte, bestürzt, hatte Chosroes bereits seine Streitkräfte vom Nil und aus dem Bosporus abberufen, denn drei furchtbare Heere umringten in Feindesland das Lager des Kaisers. Die kolchischen Bundesgenossen schickten sich an, seine Fahnen zu verlassen, und das mutlose Schweigen der tapfersten Veteranen offenbarte ihre Besorgnisse mehr als es sie verbarg. »Zittert nicht«, rief der unerschrockene Heraklius, »ob der Menge eurer Feinde. Mit Gottes Hilfe kann ein Römer über tausend Barbaren siegen. Wenn aber unser Leben der Rettung unserer Brüder zum Opfer fällt, erlangen wir die Krone des Märtyrertums und Gott und die Nachwelt werden uns reichen und unsterblichen Lohn geben.« Diesen hochherzigen Gesinnungen entsprachen Heldentaten. Er schlug den dreifachen Angriff der Perser zurück, benützte die Meinungsverschiedenheiten ihrer Anführer und jagte sie endlich nach wohlberechneten Märschen, Rückzügen und Gefechten aus dem Felde in die festen Städte von Medien und Assyrien. Sabaraza hielt sich während des strengen Winters in Salban für sicher. Heraklius aber, der seine Truppen teilte und in tiefer Nacht einen beschwerlichen Marsch ausführte, überrumpelte ihn. Die flachen Dächer der Häuser wurden mit Tapferkeit vergeblich gegen die Pfeile und Pechkränze der Römer verteidigt; die persischen Satrapen und Großen mit ihren Gattinnen und Kindern und mit der kriegerischen Jugend fanden entweder den Tod oder mußten sich ergeben. Der Feldherr entkam durch schleunige Flucht, aber seine goldene Rüstung fiel in die Hände des Siegers und die Soldaten des Heraklius erfreuten sich des Reichtums und der Ruhe, die sie so sehr verdient hatten. Als der Frühling wiederkehrte, durchzog er in sieben Tagen die Gebirge Kurdistans und übersetzte, ohne Widerstand zu finden, den reißenden Tigris. Durch Beute und Gefangene fast erdrückt, machten die Römer unter den Mauern von Amida Halt, und