»Das ist nicht da«, erklärte Saxon. »Wir haben noch nichts bestellt.«
»Dann muss ich morgen dafür sorgen.«
»Wir brauchen das Zimmer nicht«, sagte Saxon zu Billy. »Und ich habe keine Möbel dafür berechnet. Das Geld ist draufgegangen, um bessere Teppiche und einen besseren Herd zu kaufen.«
Billy, der zu ihr getreten war, hob sie vom Stuhl auf und setzte sie auf seinen Schoß.
»Das ist sehr recht, mein Mädelchen. Ich freue mich darüber. Immer das Beste für uns. Und morgen Abend gehst du mit mir zu Salinger und suchst ein Bett und einen Teppich aus und was sonst noch dazu gehört. Aber gut muss es sein. Keine Knickerei.«
»Das kostet fünfzig Dollar«, wandte sie ein.
»Schön«, nickte er. »Lass es fünfzig Dollar kosten und nicht einen Cent weniger. Das Beste ist nicht gut genug. Und was haben wir von einem leeren Zimmer? Das verschandelt uns das Haus. Sieh, von dem Augenblick an, als ich die Miete bezahlte und den Schlüssel in die Tür steckte, habe ich dieses Nestchen wachsen und warm und behaglich werden sehen. Aber wenn dies Zimmer hier leer und ohne Teppich dasteht, werde ich den ganzen Tag nichts als den bloßen Fußboden sehen. Ich würde mich betrogen fühlen. Das Haus würde eine Lüge sein. Sieh nur die Gardinen, die du drinnen aufgehängt hast, Saxon, damit die Nachbarn glauben, dass es möbliert sei. Saxon, die Gardinen lügen. Das schickt sich nicht für uns.«
»Ihr könnt es ja vermieten«, schlug Bert vor. »Ihr wohnt dicht an der Bahn, und zwei Straßen von hier ist eine Wirtschaft.«
»Nicht um alles in der Welt. Ich heirate Saxon nicht, um Zimmerherren zu bekommen. Wenn ich nicht für sie sorgen kann – weißt du, was ich dann tue? Auf die Mole gehen und sagen: ›An dem geht nichts verloren!‹ und mich mit einem Stein um den Hals ins Wasser plumpsen lassen. Hab ich nicht recht, Saxon?«
Es widersprach ihrer Vorsicht und ihrem gesunden Menschenverstand, aber es gefiel ihrem Stolz. Sie schlang die Arme um den Hals ihres Liebsten und sagte, ehe sie ihn küsste:
»Du hast zu bestimmen, Billy. Was du sagst, soll gelten, heut und immer.«
*
Sarah war konservativ. Ja, schlimmer als das, sie war in einer festen Form erstarrt seit dem Augenblick, als ihre Verliebtheit vorbei war, das heißt, seit sie ihr erstes Kind haben sollte. Die Form waren die Vorurteile und die Vorstellungen, in denen sie von Kind auf erzogen war. Dermaßen war sie zum Gewohnheitstier geworden, dass die geringste Veränderung im täglichen Leben zu den Dimensionen einer ganzen Revolution anschwoll. Tom hatte verschiedene dieser Revolutionen erlebt, unter anderm, so oft sie umzogen. Nach dem dritten Umzug hatte er genug, und seitdem zog er nie mehr um.
So kam es, dass Saxon es aufgeschoben hatte, von ihrer Hochzeit zu reden, bis es durchaus notwendig wurde. Sie erwartete eine Szene, und die bekam sie.
»Ein Boxer, ein Herumtreiber, ein Taugenichts!« fauchte Sarah, nachdem sie alle Kalamitäten erschöpft hatte, mit denen der Verlust von Saxons viereinhalb Dollar die Woche ihre und ihres Mannes Zukunft bedrohte. »Ich möchte wissen, was deine Mutter sagen würde, wenn sie lebte und sähe, dass du einen Taugenichts wie Bill Roberts heiratest. Bill! Ach, deine Mutter war viel zu vornehm, als dass sie einen Mann geheiratet hätte, der Bill hieß. Und ich kann dir nur sagen, dass es jetzt keine seidenen Strümpfe und drei Paar Schuhe mehr geben wird. Es dauert nicht lange, und du wirst dich glücklich preisen, wenn du in Latschen und baumwollenen Strümpfen zu fünfundzwanzig Cent für zwei Paar herumlaufen kannst.«
»Ach, ich habe keine Angst. Billy ist schon der Mann, mir die Schuhe zu verschaffen, die ich brauche«, antwortete Saxon und warf stolz den Kopf zurück.
»Du weißt nicht, wovon du redest.« Sarah hielt inne und brach in Lachen aus – ein Lachen, das nicht den geringsten Humor enthielt. »Pass nur auf, wenn erst Kinder kommen. Die kommen heutzutage schneller als Geld.«
»Aber wir wollen keine Kinder haben – wenigstens nicht, bis wir unsere Aussteuer bezahlt haben.«
»So klug sind die jungen Leute heute – wie beliebt? In meiner Jugend waren die Mädchen zu ehrbar, um etwas von solchen unanständigen Dingen zu wissen.«
»Es ist das erste Mal, dass ich höre, dass kleine Kinder etwas Unanständiges sind. Gott, Sarah, du mit deinen fünf musst ja sehr unanständig gewesen sein! Billy und ich haben beschlossen, dass wir nicht annähernd so unanständig sein wollen. Wir wollen nicht mehr als zwei haben, einen Jungen und ein Mädchen.«
Tom hätte fast laut gelacht, um des Friedens willen aber erstickte er sein Lachen in der Kaffeetasse. Sarah ließ sich kaum Zeit, Atem zu schöpfen, als sie auch schon von einer anderen Seite angriff.
»Und so schnell zu heiraten! Welche Eile! Wenn das nicht unanständig ist, dann weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wie junge Mädchen heute darüber denken. Aber das kommt davon, wenn man Sonntags ausrennt und tanzt und so etwas. Soviel Leichtfertigkeit und Unsittlichkeit habe ich noch nie gesehen.«
Saxon war blass vor Zorn geworden. Während aber Sarah in ihrem Redestrom fortfuhr, glückte es Tom, mit seiner Schwester zu einer Verständigung zu gelangen, indem er sie durch eifriges Blinzeln um Erhaltung des Friedens bat.
»Es stimmt ja alles, Schwesterchen«, tröstete er Saxon, als sie allein waren. »Es hat nur keinen Zweck, mit Sarah darüber zu reden. Bill Roberts ist ein netter Kerl, ich weiß allerlei von ihm. Du bekommst einen guten Mann, und du wirst sicher glücklich mit ihm werden.« Er senkte die Stimme, und sein Gesicht erhielt plötzlich einen alten, müden Ausdruck, als er ängstlich fortfuhr: »Nimm dir eine Lehre an Sarah. Zanke dich nicht. Was du auch tust, zanke dich nicht. Ein Mann muss mal etwas sagen dürfen. Männer haben auch ein bisschen Verstand, wenn Sarah es auch nicht glaubt. Sieh, Sarah hat mich im Grunde ungeheuer lieb, wenn sie es auch nicht merken lässt. Hab du deinen Mann lieb und, Gott strafe mich, lass es ihn merken. Mit Küssen und Streicheln kannst du ihn zu allem bringen, was du wünschst. Lass ihm nur hin und wieder einmal seinen Willen, dann lässt er dir auch deinen. Du sollst ihn nur liebhaben und dich auf ihn stützen – er ist kein Dummkopf – dann wirst du auf Händen getragen werden.«
»Glaub mir, ich werde ihn schon liebhaben, Tom«, nickte Saxon. »Und mehr als das, ich werde dafür sorgen, dass Billy mich liebt, und dass es dabei bleibt. Und dann brauche ich ihn weder zu küssen noch zu streicheln, damit er tut, was ich wünsche. Er wird es tun, weil er mich liebt. Verstehst du?«
»Du hast das richtige Ende erwischt, Saxon. Halt es fest, dann wird es schon gehen.«
Später, als sie sich den Hut aufgesetzt hatte, um zur Plätterei zu gehen, traf sie Tom an der Ecke wartend.
»Weißt