»Sie gefallen mir«, rang er sich wider Willen ab, »ich wette, Sie haben mir Vorschläge zu machen, oder?«
»Gewiß, Sir. Ich suche nach wie vor nach einem Mann namens Joel Harrison.«
»Sie suchen …?«
»Nach Mr. Joel Harrison. Ihre ›Isabel‹ interessiert mich nur am Rande.«
»Das ist doch ein fauler Trick, oder?«
»Sie sind der Annahme, Sir, ich sei hinter ganz anderen Dingen her?«
»Natürlich. Sie schnüffeln mir nach wegen … Also, Sie wissen schon, was ich meine.«
»Oh, ich verstehe«, meinte Parker und nickte. »Sie spielen auf Ihren illegalen Handel mit Alkoholika an, nicht wahr?«
»Davon sagte ich kein Wort.«
»Das ist auch nicht nötig, Mr. Hostans. Nach meinen Informationen importieren Sie unter Umgehung der üblichen Zollvorschriften Alkohol aus Kanada nach Chikago.«
Hostans zerbiß einen gemeinen Fluch.
Sein Gegenüber wußte also tatsächlich genau Bescheid. Und das vor den großen Abschlüssen, die er, Hostans, über die Bühne gehen lassen wollte. Sollte dieses tolle Geschäft sich nur wegen dieses undurchsichtigen Burschen zerschlagen? Hostans dachte nicht im Traum daran.
Er kam zu dem Schluß, daß sein Gegenüber so schnell wie möglich aus dem Weg geräumt werden mußte.
Ich werde ihn reinlegen, sagte sich Hostans. Zum Schein werde ich ihm meine Mithilfe anbieten. Von mir aus weiß ich sogar, wo Harrison steckt. Ich locke ihn in die Falle und schlage dann zu. Hart und gründlich, daß er mir nie wieder in die Quere kommen kann.
»Also gut, sprechen wir von Harrison«, wechselte Hostans geschmeidig das Thema, »was wollen Sie von ihm, he?«
»Ihm Grüße seiner Familie überbringen.«
»Wie war das …?«
Hostans sah Parker verblüfft an. Hatte er es mit einem harmlosen Irren oder etwa mit einem raffinierten Hund zu tun, der ihn aufs Glatteis führen wollte?
»Mr. Harrison zog es vor einigen Wochen vor, seine Familie zu verlassen. Sie sehnt sich nach ihm, möchte ihn sprechen und einige private Dinge mit ihm regeln. Hoffentlich ist diese Auskunft ausreichend genug.«
»Das ist es also …!« antwortete Hostans mechanisch. »Was haben Sie denn zu bieten, falls ich Ihnen Harrisons Adresse nenne?«
»Ich werde vergessen, wozu die ›Isabel‹ dient.«
»Nichts wissen Sie …! Nichts brauchen Sie zu vergessen. Mir kann keiner, verstehen Sie? Um mich bei der Polizei anzuschwärzen, brauchen Sie erst mal handfeste Beweise.«
»Gewiß, Sir …!«
Mehr sagte Parker nicht. Aber wie er das sagte, war hinreißend. Er schien alles zu wissen, was mit dem illegalen Schnapsgeschäft Hostans zusammenhing.
»Ich werde mir den Fall gründlich überlegen«, wich Hostans aus. Er war nun doch unsicher geworden. »Gegen Abend können Sie ja noch mal vorbeikommen. Sagen Sie, arbeiten Sie auf eigene Faust? Sind Sie Privatdetektiv?«
»Nun, ich besitze die erforderliche Lizenz, um den Beruf eines Privatdetektivs ausüben zu können, Sir. Bisher verzichtete ich jedoch darauf, mich der Lizenz zu bedienen. Ich bearbeite nur Kriminalfälle, die mich persönlich erwärmen können. Ihre beiden Leute dürften sich inzwischen meine Wagennummer aufgeschrieben haben. Es wird leicht festzustellen sein, wo ich wohne, wie meine privaten Verhältnisse liegen und geregelt sind. Richtig, da wäre noch eine Sache, die ich nicht unerwähnt lassen möchte. Die Mordkommission unter Leutnant Current sucht nach dem Mörder eines Mannes, der in einem Fabrikkeller erschossen wurde. Ob die beiden Überlebenden aus dem Keller auf die Dauer schweigen werden, ist eine Frage, die ich mir an Ihrer Stelle einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen würde. Sie gestatten, daß ich mich jetzt verabschiede. Es sind da noch einige Dinge, die unbedingt geregelt werden müssen.«
Parker zog seine Melone, verbeugte sich und ging zur Tür. Der angerostete Colt war inzwischen längst verschwunden. Hostans konnte sich nicht erinnern, wann und wie Parker das gemacht hatte. Bei diesem Mann ging eben alles unauffällig und viel zu schnell.
Ungehindert erreichte Josuah Parker seinen hochbeinigen Wagen. Die beiden Gangster, die er angesprüht hatte, waren verschwunden. Lauerten sie in irgendeinem Hinterhalt auf ihn?
Nichts tat sich.
Der Butler fuhr zurück auf die Straße und nahm Kurs auf den Burnham Park, in dessen unmittelbarer Nähe die riesigen Hafenanlagen der Stadt lagen. Er wußte, daß dort die »Isabel« vertäut war.
Plante der Butler wieder einmal eine Überraschung? Wie ein Slalomläufer kurvte er mit seinem hochbeinigen Wagen durch den starken Verkehr. Er fuhr sehr schnell, doch das fiel wegen seiner Geschicklichkeit kaum auf.
Ein aufmerksamer Beobachter hätte leicht feststellen können, welch ein rasantes Anzugsvermögen das Monstrum auf Rädern besaß. Von der Kurvenfestigkeit ganz zu schweigen. Ein Tourenwagen hätte sich dahinter verstecken können.
Noch brauchte Parker die Überlegenheit seines Spezialwagens nicht auszuspielen. Er wußte ohnehin, daß er schneller sein würde als gewisse Leute, die von der »Isabel« ebenfalls magnetisch angezogen wurden.
*
Gay Harrison, knapp 25 Jahre alt, schlank und von genormter Puppenschönheit, wies auf die beiden abgestempelten, entwerteten Schecks.
»Sie kamen heute von der Bank«, sagte sie zu Mike Rander. »Joel hob wieder einmal insgesamt 25 000 Dollar vom Firmenkonto ab.«
»Wo wurden die beiden Schecks eingereicht?« erkundigte Rander sich. Nach seiner Unterhaltung mit Leutnant Current war er hinaus zu den Harrisons gefahren.
Er wartete die Antwort auf seine Frage nicht ab, sondern untersuchte selbst die Schecks.
»Wieder im Stadtgebiet von Chikago«, stellte er fest. »Drüben in Lombard also.«
»So geht es doch nicht weiter«, entrüstete sieh Gay Harrison, die zweite Frau des verschwundenen Joel Harrison. »Kann man das Konto denn nicht sperren lassen?«
»Schwer zu machen, Mrs. Harrison, Ihr Mann ist nach wie vor handlungsfähig. Die bisherigen Unterschriften unter den Schecks sind vollkommen echt. Ich empfehle Ihnen noch mal, die Polizei einzuschalten. Sie findet möglicherweise einen Weg, wenigstens durch eine einstweilige richterliche Anordnung, Schecks Ihres Mannes sperren zu lassen.«
»Mit der Polizei will ich nichts zu tun haben, Mr. Rander. Sie muß aus dem Spiel bleiben.«
»Dann müssen Sie sich damit abfinden, daß weitere Schecks eintrudeln werden, Mrs. Harrison. Vergessen Sie nicht, daß Ihr Mann sich wenigstens alle zwei Tage per Telefon in der Firma meldet und so seine Existenz beweist. Ohne Polizei ist einfach nichts zu machen.«
»Joel wird uns alle ruinieren …!« sagte Mrs. Harrison aufgebracht. »Er muß doch irgendwo zu finden sein …!«
»Was haben Sie eigentlich gegen die Polizei einzuwenden?« wollte Rander wissen.
»Wir müssen jeden Skandal vermeiden. Gerade jetzt vor großen Abschlüssen mit der Stadt. Das Geschäft würde darunter leiden. Dann ist es schon besser, wir lösen die Schecks ein.«
»Schön, es ist Ihr Geld, Mrs. Harrison. Haben Sie inzwischen überlegt, mit wem Joel gern und häufig zusammen war und trank?«
»Er ließ sich nie in die Karten sehen. Joel war verschlossen. Damit will ich nicht sagen, daß wir eine schlechte Ehe führten.« Sie sprach hastig, betonte ihre letzten Worte.
»Aber mit den beiden Kindern vertrug Joel sich nicht besonders, wie?«
»Das