Ich frage mich: Wurde der emsige Forscher Lethbridge Opfer seiner eigenen Fantasie? »Entdeckte« er nur, was er finden wollte? Rekonstruierte er lediglich seine eigenen Vorstellungen? Das trifft nicht zu. Hat er doch einen kriegerischen Riesen, vermutlich mit Keule und großem Penis erwartet… und eine Göttin mit üppigen Brüsten gefunden.
Fußnoten:
1) Hesekiel Kapitel 38 und 39
2) Kapitel 20, Vers 8
3) C.W. Bracken: »A History of Plymouth and her Neighbours« Plymouth 1931, S. 4
6. »Peitschenmann«, »Gans« und »Monster«
Monstermauern gibt es überall auf der Welt, in Ägypten, dem Land der Pyramiden, in Peru, dem Land der Inka und selbst auf der Osterinsel, dem Eiland mit den Riesenstatuen. Wir staunen über die Geheimnisse unseres Planeten. Wir kennen aber nur einen Bruchteil der Hinterlassenschaften unserer Vorfahren. Von den sieben Weltwundern ist nur eines erhalten geblieben, die Pyramiden auf dem Plateau von Gizeh. Alle anderen sind spurlos verschwunden. Manches ruht im Verborgenen. So entdeckt man auch heute noch auf der Osterinsel Statuen, die auf dem Rücken liegend ganz von Erdreich bedeckt waren. Vereinzelt starrt dort ein steinernes Gesicht aus dem Boden gen Himmel.
Wurden Osterinselkolosse liegend begraben? Oder hat sich die Natur die Steinmonumente im Verlauf der Jahrhunderte langsam wieder einverleibt? Wie viele solcher Riesenstatuen wohl noch entdeckt werden? Die verschütteten Statuen genießen ein Privileg! Während ihre sichtbaren Kollegen den zerstörerischen Elementen von Natur und Umwelt ausgesetzt sind, bleiben die unterirdischen Statuen besser erhalten. Sie sind vor negativen Einflüssen geschützt.
Mysteriöser als Mauern aus tonnenschweren, millimetergenau bearbeiteten Steinkolossen sind für mich verborgene »Bilder«. Einige warten zum Beispiel in England unter der Erdoberfläche darauf, entdeckt und verstanden zu werden. Aber wird man je ihre Botschaft verstehen? Ich habe meine Zweifel. Wir verstehen religiöse Kunstwerke in christlichen Kirchen nur, weil wir die Geschichten, die sie uns erzählen wollen, bereits kennen. Wären uns die Geschichten aus dem Neuen Testament unbekannt, dann würden wir religiöse Gemälde und Plastiken in Kirchen, Domen und Kathedralen nicht einordnen können.
Man muss davon ausgehen, dass es an Englands Küste, aber auch an Berghängen im Inland großformatige »Bilder« gegeben hat… von Riesen, von Tieren (wie Pferden) und von Monstern. Die meisten von diesen geheimnisvollen Kunstwerken sind womöglich schon vor Jahrhunderten wieder verschwunden.
Noch heute gibt es im ländlichen Bereich mündlich überlieferte Hinweise auf verschwundene Riesenpferde, die irgendwann nicht mehr gepflegt und rasch überdeckt und überwuchert wurden. Örtliche Priester wetterten gegen die Zeugnisse alter heidnischer Kulte, folgsame Kirchgänger schütteten zu, was als unchristliches Teufelswerk angesehen wurde. Vereinzelt versuchen Wissenschaftler, oft von den lieben Kollegen verspottet, die Bildnisse zumindest auf dem Papier zu rekonstruieren. Samuel Gerald Wildman zum Beispiel entwickelte eine originelle Methode nach den verschollenen Darstellungen zu suchen. Der begeisterte Heimatforscher war kein Archäologe, sondern Biologielehrer an einer »Grammar School« (Gymnasium).
Seine Methode: Es wurden einst Gräben in das Erdreich bis auf den darunter befindlichen Kalkboden gezogen, um so Bilder von Riesen und Fabelwesen zu schaffen. Viele dieser Gräben wurden zugeschüttet, um die Bilder zum Verschwinden zu bringen. Wenn nun auf derlei Areal Bäume gepflanzt wurden, dann gediehen die Bäume, die in den einstigen Gräben verwurzelt waren, besser. Samuel Gerald Wildman machte sich nun an die Arbeit und vermaß dort, wo seiner Meinung nach Erdbilder schlummerten, die Bäume, hielt Dicke der Stämme und Höhe der Bäume fest. Das übertrug er auf eine Karte… und fand immer wieder rätselhafte Spuren.
Im Bezirk Tysoe, Warwickshire, England, soll es einst die Darstellung eines riesigen roten Pferdes gegeben haben. Nach lokalen Überlieferungen – und da wird seit Generationen einiges erzählt – soll es sich am »Spring Hill« befunden haben. Trotz intensiver Sondierungen fand Samuel Gerald Wildman den gesuchten Vierbeiner leider nicht, wohl aber recht geheimnisvolle andere Darstellungen. Ein Reporter einer kleinen englischen Lokalzeitung zeigte mir Zeichnungen eines merkwürdigen Szenarios, von einer Gruppe von Wesen, die zu Spekulationen anregen. Ja wir müssen sogar mutmaßen, weil die einzelnen Elemente des mysteriösen Ensembles alles andere als eindeutig zu erkennen sind.
Da steht ein muskelbepackter Mensch mit besonders eindrucksvollen Oberarmen, offenbar eine lange Peitsche schwingend. Hände oder Füße kann ich keine erkennen. Das Bild erinnert an moderne Kunst… und soll doch Jahrtausende alt sein.
Der Peitschenmann;
Zeichnung: Langbein
Gehören die anderen drei Wesen dazu, bilden die vier Wesen eine Einheit? Illustrieren sie vielleicht eine Sage, die einst vor Ort sehr bekannt war? Ein vogelartiges Tier (rechts neben dem Peitschenmann) beeindruckt mit punkartiger »Frisur«. Es scheint im Begriff zu sein, nach rechts wegzugehen, dreht den Kopf aber nach links in Richtung Wüterich mit Peitsche. Es blickt – eher interessiert oder neugierig als verängstigt – zum Muskelprotz.
Ein Monster;
Zeichnung: Langbein
Rechts vom Riesenvogel – er hat ähnliche Ausmaße wie der Peitschenmann – windet sich eine Art Reptil. Der Kopf des Tieres läuft spitz wie zu einem Schnabel zu, Vorderbeine sind angedeutet, Hinterbeine fehlen. Soll das eine Echse sein? Oder gar ein Drachen-Wesen aus der alten englischen Mythologie?
Eidechse oder Drache?;
Zeichnung: Langbein
Unter den drei Kreaturen liegt etwas Massiges, ja Monsterhaftes. Es hat einen plumpen Leib, erinnert mich an eine Seekuh. So etwas wie Arme und Beine sind nicht zu erkennen, so etwas wie eine Flosse mag da Richtung »Kopf« angedeutet sein. In seinen Dimensionen ist es fast genauso groß wie die drei anderen Wesen zusammen. Die »Flosse« muss aber nicht unbedingt zum Tier gehören. Sie ist nicht mit dem Leib des Tieres verbunden. Handelt es sich um eine Riesenschlange, die das verewigt wurde?
Die vom Erdreich verschluckten »Riesenzeichnungen« wurden und werden nur von einigen wenigen Forschern gesucht, noch seltener von Archäologen als von Laien. Vereinzelt habe ich auf Reisen vor Ort Wissenschaftler kennengelernt, die sich privat und »off records« durchaus auch spekulativ geäußert haben. Nur offiziell wollten sie keine Stellungnahme abgeben. So erklärte mir ein Gelehrter, bei dem »Peitschenschwinger« könne es sich um den Gott Tiwaz handeln. Tiwaz war ein Himmelsgott, dem der legendäre Fenris-Wolf eine Hand abgebissen hat. Der von allen anderen Göttern gefürchtete Fenris-Wolf bedrohte die Götterwelt. Er galt als faktisch unbesiegbar. Schließlich konnte er nur gefesselt werden, weil Gott Tiw alias Tiwaz alias Tyr eine List mutig in die Tat umsetzte. Es gelang ihm, das mythologische Untier abzulenken und in Sicherheit zu wiegen, indem er ihm seine rechte Hand ins Maul legte. Dazu war kein anderer Gott bereit. So konnte Fenris gebändigt und mit einem Zauberfaden fixiert wurden… vorübergehend allerdings nur!
Am Ende aller Zeiten wird der große apokalyptische Weltenbrand das Schicksal der Götter besiegeln. Dann wird, so lautet der Mythos, Fenris freikommen und Gott Odin verschlingen. Zur Strafe aber wird ihn der Sohn Odins – Vidar – erschlagen.
Aus dem »Tiwaz«-Tag wurde im Englischen »Tuesday«, Dienstag. Im ersten Jahrhundert nach Christus tauchen die Angeln in römischen Urkunden auf. Um das Jahr 600 sollen sie Teile Englands kolonisiert und besiedelt haben. Sie kommen als Schöpfer von Riesenbildern infrage. Die Datierung der mysteriösen Kunstwerke ist bestenfalls vage. Stammen