»Was ist mit diesem Hotel denn los?«
»Ja, ja, beweisen kann ich nichts, aber für mich steht fest, daß drüben im Hotel sich ’ne Menge Volk herumtreibt, das hier im Norden nichts zu suchen hat.«
»Denken Sie an einen bestimmten Menschen?«
»Ich sage nur, Herb Durham.«
»Damit sagen Sie uns aber nichts, Bottom.«
»Durham ist ein ausgekochter Bursche. Er befaßt sich mit Pelzhandel. Angeblich, verstehen Sie? In Wirklichkeit gaunert er sich durchs Leben. Er wohnt in einem tollen Trailer am Rand der Stadt. Sein Stammsitz ist das Hotel. Er hat sich dort ’ne tolle Frau angelacht.«
»Hat sie rote Haare?«
»Sie kennen sie? Das ist Kathy Doland, ein weiblicher Goldgräber, verstehen Sie? Sie gräbt den Jungens das Gold aus den Taschen.«
Pete Bottom bekam einen Hustenanfall vor Lachen und brauchte ein halbes Glas Rum, um wieder zu sich zu kommen.
»Hatte Jim Raston Verbindung mit diesem Herb Durham aufgenommen?« wollte der junge Anwalt wissen.
»Mit ihm nicht, aber mit Kathy. Und das kommt auf das gleiche raus. Sie wußten doch alle hier im Norden, daß Jim hinter Uran her ist. Ein paar Mal hat er bereits Glück gehabt und konnte Fundstellen verkaufen. Ich kann mir schon denken, von wem Jim umgelegt worden ist.«
»Aber beweisen können Sie nichts, oder?«
»Selbst wenn ich’s könnte, würde ich doch den Mund halten, Leute. Ich will doch nicht in Schwierigkeiten kommen. Durham würde mich ganz schön hochnehmen, falls ich ihm auf die Zehen trete.«
»Kennen Sie Jims Tochter Judy?«
»Und ob ich Judy kenne …!« Er brauchte wieder ein halbes Glas Rum, um sich von seinen Erinnerungen zu lösen. »Ein prächtiges Girl, das können Sie mir glauben.«
»Falls die Pläne von Mr. Raston auftauchen, wäre sie die rechtmäßige Eigentümerin.«
»Wenn schon. Aber wo sind die Pläne? Oder sollten Sie die gefunden haben?«
»Wir sind ihnen auf der Spur. Bevor Raston starb, konnte er Mr. Parker noch einige Hinweise zuflüstern.«
»Ist nicht wahr …!« Pete Bottom griff temperamentvoll nach der Rumflasche. Er sah den Butler begeistert an.
»Sie müßten uns unter Umständen helfen«, schaltete sich Josuah Parker zurückhaltend ein. »Es handelt sich um Hinweise, die ein Ortsfremder allein nicht deuten kann.«
»Ich bin auf eurer Seite, Leute«, verkündete Pete Bottom lautstark. »Ein Pfiff, und Pete ist zur Stelle.«
»Möglicherweise ist auch ein gewisser Mr. Clay Hellers zur Stelle.«
»Hellers …? Mir wird schlecht! Ich brauch den Namen nur zu hören, und schon brauche ich ’nen ordentlichen Schluck. Dieser Obergangster mischt doch immer mit.«
»Sie wissen, von wem Sie sprechen?«
»Von Clay Hellers. Er pumpte Jim Geld in jeder Menge und machte ihn damit praktisch zu seinem Angestellten. Jim mußte für ihn schuften. Wissen Sie, wer damals den Rahm abgeschöpft hat, als Jim fündig geworden war? Ich sage nur ein Wort, Hellers!«
»Hellers’ Sekretär, Mr. Edmonds, wird morgen in einem Flugzeug hier eintreffen. Er wird Judy Raston mitbringen.«
»Edmonds kommt? Den kenn’ ich auch. Eine Hundeseele, wenn Sie mich fragen. Duckt und kriecht, sobald sein Herrchen sich mal räuspert. Ich kann nicht verstehen, warum er sich nicht ’nen anderen Job sucht. Judy wird mitkommen, sagten Sie?«
»Hier ist der Rum«, warf Mike Rander ein, der im voraus ahnte, was kommen sollte. Er schob ihm die Flasche zu.
»Freu’ ich mich, Leute, freu’ ich mich.« Bottom setzte aus Gründen der Einfachheit die Flasche an den Mund und nahm einen tiefen Schluck. »Jetzt müßten eigentlich nur noch die Pläne her. Und schon ist alles gelaufen.«
»Wegen der Pläne braucht Miss Judy sich keine Sorgen zu machen«, erklärte Mike Rander lächelnd.
»Leute, soll das heißen, daß ihr sie schon in der Tasche habt?« Die Flasche wanderte wieder an den Mund.
»So ungefähr«, räumte der junge Anwalt ein. »Aber halten Sie nur ja den Mund. Wir wollen uns diesen Herb Durham nicht auf den Hals ziehen.«
*
Den Rest der Nacht verbrachten Mike Rander und Butler Parker im Arctic-Hotel. Josuah Parker war schon früh auf den Beinen. Nach einem Schnellimbiß machte er sich auf den Weg, Pete Bottom zu besuchen. Sekretär Edmonds mußte bald zusammen mit Judy Raston eintreffen. Parker hatte die Vorstellung, daß auch Pete Bottom dem Begrüßungskomitee mitangehören sollte. Als ehemaliger intimer Freund des ermordeten Jim Raston hatte er schließlich ein Recht dazu.
Die Tür zu seinem Laden war geöffnet, doch Bottom war nicht zu sehen. Er mochte sich in seinem Büro aufhalten. Parker ging an den langen Regalen und an der Theke vorbei. Er drückte die Glastür zum Büro auf.
»Mr. Bottom, ich halte es für richtig, sich für den Empfang vorzubereiten«, sagte er zu dem Kramwarenhändler, der vor seinem Schreibtisch saß und den Kopf auf die Tischplatte gelegt hatte. Er roch intensiv nach Rum.
»Mr. Bottom, ich erlaube mir darauf hinzuweisen, daß die Tochter Ihres ehemaligen Freundes Raston in weniger als einer Stunde eintreffen wird.«
Parker wartete auf eine Reaktion, doch Pete Bottom rührte sich nicht. Der Butler sah sich gezwungen, seine behandschuhte Hand auf die Schulter des Kramwarenhändlers zu legen.
Erst in diesem Augenblick begriff Parker.
Pete Bottom war tot!
Der bereits steife Körper war von der Leichenstarre erfaßt worden. Er geriet aus dem Gleichgewicht und fiel steif gegen die Lehne des Stuhls.
Parker ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Er beeilte sich aber, nach der Todesursache zu forschen. An einen Unglücksfall konnte er nicht glauben.
Nun, nach wenigen Augenblicken wußte der Butler Bescheid. Pete Bottom war erstochen worden. In seiner Brust klaffte eine häßliche Wunde. Die Mordwaffe war mitgenommen worden. Spuren waren nicht zu entdecken.
Ein Raubmord konnte nicht vorliegen. Im Büro war sonst nichts angetastet oder durchsucht worden. Ein kleiner, altertümlicher Tresor war unversehrt.
Parker dachte einen Moment nach. Er versuchte, gewisse Beziehungen zu entdecken. Dann betrat er die schmale, steile Treppe neben dem Büro, die hinauf in die Privaträume Bottoms führte.
Über dem Büro gab es einen schmuddeligen Wohnraum, eine Schlafkammer und einige unbenutzte Räume, die nur spärlich möbliert waren. Dicke Staubschichten hatten sich hier abgelagert.
Parker wollte den Wohnraum verlassen, als er die erste, wichtige Entdeckung machte.
Die Antennenzuführung zum großen Radiogerät neben dem Kamin kam ihm irgendwie bekannt vor. Ähnliches hatte er bereits erst vor kurzer Zeit an anderer Stelle gesehen. Er erinnerte sich. Es war in der Hütte der beiden Gangster gewesen, die er bei der Arbeit mit einem Funkgerät beobachtet und belauscht hatte.
Parker öffnete den Eckschrank, auf dem das Radiogerät stand. Ein Funksprechgerät fiel ihm fast entgegen. Es handelte sich um ein Modell, das auch die beiden Gangster verwendet hatten.
Sollte Pete Bottom mit diesen beiden Burschen in Funksprechverbindung gestanden haben? Bezahlte er die beiden Männer, die aller Wahrscheinlichkeit nach Jim Raston erschossen hatten? Dieser Gedanke war ungeheuerlich. War der Uransucher Raston von seinem angeblichen Freund Pete Bottom umgebracht worden? Alle Anzeichen sprachen dafür.
Josuah Parker wandte sich der Tür und Treppe zu. An der Wand rechts von der Tür, nicht weit vom Kamin entfernt, fand er einige Fotos, die mit Reißnägeln