Butler Parker 109 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740918620
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im Moment keine passende Antwort fand. Dann kam ihr allerdings schon die rettende Idee. »Er wird sie in ein anderes Warenhaus kutschiert haben, um jedem Verdacht aus dem Weg zu gehen. So einfach ist das al-les.«

      Kathy Porter hätte noch einige Einwände und Fragen Vorbringen können, doch auch sie kannte schließ-lich die skurrilen Wesenszüge der älteren Dame. Zudem machte Agatha Simpson einen äußerst aufgekratz-ten Eindruck, ein sicheres Zeichen dafür, daß sie sich in Hochstimmung befand. In solch einer Situation durfte man sie nicht zurück auf die Erde holen.

      »Der Besitzer des besagten Morris ist ein gewisser Clay Herberts«, meldete Parker in diesem Augenblick von der Tür her. »Er wohnt in der Nähe des Finsbury Park und betreibt dort eine Blumenhandlung.«

      »Alles Tarnung«, stellte die Detektivin fest, stand auf und reckte sich kriegerisch. »Fahren Sie den Wagen vor, Mister Parker. Diesem Mister Clay Herberts werde ich jetzt mal auf die Finger klopfen. Lord Castner wird staunen, wie schnell sein Fall gelöst sein wird.«

      »Mister Herberts ist Königlicher Hoflieferant, Mylady.«

      »Ich wundere mich immer wieder, womit meine Verwandten sich abgeben«, stellte Agatha Simpson fest, die mit dem gesamten Blut- und Geldadel der Insel verschwägert war. »Ich werde an maßgebender Stelle mal ein ernstes Wort reden müssen.«

      Agatha Simpson genehmigte sich noch einen zweiten Kreislaufbeschleuniger und blitzte ihren Butler un-ternehmungslustig an.

      »Ich denke, daß ich selbst fahren werde«, sagte sie, »in diesem gräßlichen Nachmittags verkehr braucht man Geschicklichkeit und Entschlußkraft.«

      »Ich könnte vielleicht die U-Bahn benutzen, Mylady«, erklärte Kathy Porter daraufhin hastig. Sie kannte die einmalige Geschicklichkeit der Lady Simpson, wenn sie erst mal am Steuer eines Wagens saß. Den Mut der älteren Dame bezweifelte sie ebenfalls nicht. Ein Kamikaze-Flieger wäre in solch einer Situation noch sehr vorsichtig gewesen.

      »Papperlapapp«, entschied Lady Agatha wegwerfend, »dieses Fahrgeld werden wir einsparen, Kindchen.«

      »Ich werde den Wagen Vorfahren.« Josuah Parker überlegte verzweifelt, wie er den Tatendrang seiner Herrin ein wenig steuern konnte.

      *

      »Was ist denn mit diesem Wägen los?« wunderte sich Lady Simpson eine Viertelstunde später, als sie Parkers hochbeiniges Monstrum rasant bewegen wollte. Obwohl sie Vollgas gab, kam Parkers Wagen nicht in Schwung, was seine Gründe hatte.

      Josuah Parker, an Selbstmord nicht interessiert, hatte das ehemalige Taxi leicht frisiert und am Vergaser einige schnelle Manipulationen vorgenommen. Da die Zylinder des Motors nicht die gewohnte Menge Ben-zin erhielten, leisteten sie verständlicherweise weniger Arbeit. Parker war mit dieser Lösung vollauf zufrie-den. Kathy Porter hatte dem Butler bereits intensivdankbare Blicke zugeworfen.

      »Das ist ja scheußlich«, ärgerte sich Agatha Simpson von Meter zu Meter, »eine Schnecke ist dagegen ein Formel-Rennwagen.«

      »Nach der Rückkehr werde ich mich sofort mit dem Motor auseinandersetzen«, versprach Parker gemes-sen.

      »Wenn das so weitergeht, werden wir am Picadilly Circus übernachten müssen«, raunte die ältere Dame, »dabei hatte ich mich schon so auf die Ausfahrt gefreut.«

      Nun, sie brauchten am Picadilly Circus nicht zu übernachten. Sie überquerten ihn und nahmen dann die nordöstliche Richtung. Es dauerte etwa eine Stunde, bis das Ziel erreicht war. Lady Simpson stieg übelge-launt aus dem Wagen. Sie wußte, daß die Fahrt sie um einen Genuß betrogen hatte. Sie schwor sich insge-heim, sobald wie möglich eine neue zu unternehmen. Sie fuhr leidenschaftlich gern Auto und hielt sich für eine brillante Fahrerin. Anderer Ansicht waren Parker und Kathy Porter, doch sie redeten nicht darüber.

      »Ein neutral aussehendes Blumengeschäft«, stellte Parker fest und deutete mit der Spitze seines altväter-lich gebundenen Universal-Regenschirms auf die beiden Schaufenster, die ein Blumenangebot präsentierten.

      »Was normal ist, kommt mir stets verdächtig vor«, urteilte Lady Agatha. »Lenken Sie mich nicht unnötig ab, Mister Parker! Wir werden diesen sauberen Herrn Herberts gleich zur Rede stellen. Ich kann mir schon denken, wie das Subjekt aussieht. Kathy hat es uns sehr genau beschrieben.«

      Sie kümmerte sich nicht weiter um ihre beiden Begleiter.

      Grimmig und entschlossen überquerte sie die Fahrbahn und zuckte mit keiner Wimper, als der hier stark fließende Verkehr prompt in sich zusammenfiel. Die Detektivin schaute weder rechts noch links, überhörte das kreischende Bremsen von Wagen, die zu Notmaßnahmen gezwungen wurden, und übersah souverän einen leichteren Auffahrunfall. Sie hätte ein festes Ziel vor Augen und steuerte es hartnäckig an.

      Ein Lastwagenfahrer beging den gravierenden Fehler, Lady Simpson mit dem Ausdruck »Spinatwachtel« zu titulieren. Er hätte es besser nicht getan. Obwohl die streitlustige Dame die Fahrbahn fast halb überquert hatte, wandte sie sich um, maß den Fahrer mit eisigem Blick und … marschierte zu Parkers Bestürzung zu-rück. Sie hielt auf den Fahrer zu, der wohl ahnte, was ihm blühte. Er gab Gas, wollte Lady Agatha bluffen und sie zwingen, den Weg freizugeben.

      »Mylady«, stöhnte Parker verhalten, als sie keinen Zoll wich. Sie ging schnurstracks auf den flachen Küh-ler des Lasters zu und zwang den Fahrer, eine Vollbremsung zu vollziehen. Dann winkte sie den jungen, derben Mann aus dem Fahrerhaus zu sich herunter auf die Straße.

      Er gehorchte und wirkte ein wenig irritiert.

      »Sie sind ein Lümmel«, herrschte Lady Simpson ihn an. »Wie können Sie sich unterstehen, eine etwas angejahrte Dame eine alte Spinatwachtel zu nennen?«

      »Sind Sie auch, altes Mädchen«, erwiderte der Fahrer ruppig. »Haben Sie denn keine Augen im Kopf?«

      »Augen im Kopf und Hände an den Armen«, antwortete Lady Agatha und … verabreichte dem verdutzten Mann eine schallende Ohrfeige. Der Fahrer war sicher kein Weichling, doch ging er leicht in die Knie und schnappte nach Luft.

      »Haben Sie sonst noch Wünsche?« erkundigte sich Agatha Simpson grimmig. »Ich bin gern bereit, noch mehr für Ihre Erziehung zu tun.«

      »Schon gut, Madam«, entschuldigte sich der Mann verlegen und zog sich sicherheitshalber zurück zu sei-nem Wagen. Die letzten Meter absolvierte er im Laufschritt, stieg blitzartig ins Fahrerhaus und verriegelte beide Türen. Er nutzte seine Chance, da Lady Simpson zur Seite getreten war. Er gab Vollgas und preschte los, was das Zeug hielt.

      Die Fahrer einiger Personenwagen, die vielleicht mit dem Gedanken gespielt hatten, Lady Simpson eben-falls mit Schmähungen zu belegen, verschluckten schleunigst ihre Bemerkungen und schauten ostentativ zur Seite. Mit dieser kriegerischen Amazone wollten sie nichts zu tun haben.

      Lady Agatha sah dem davonjagenden Lastwagen nach und nahm ihre Wanderung quer durch den ruhen-den Verkehr wieder auf. Als sie die andere Straßenseite erreichte, nickte sie ihrem Butler nachdrücklich zu.

      »Es geht eben nichts über Rücksichtnahme«, erklärte sie dann, »nur sie allein ermöglicht ein frohes Zu-sammenleben.«

      »Wie Mylady meinen«, antwortete Parker neutral, »wenn es genehm ist, melde ich Mylady jetzt bei Mis-ter Herberts an.«

      »Dieser Flegel kann sich auf einiges gefaßt machen«, schwor Lady Agatha. »Ich glaube, daß ich in ausge-zeichneter Stimmung bin, diesem Subjekt Manieren beizubringen.«

      *

      Clay Herberts entpuppte sich als schlanker, großer Mann von vielleicht fünfzig Jahren. Er besaß flachs-blondes Haar, trug eine grüne Gärtnerschürze und war gerade damit beschäftigt, ein Blumengesteck zu ar-rangieren. Mit sicherem Blick erkannte Herberts, daß die eintretende Dame über Geld verfügte. Er trocknete sich die Hände an seiner Schürze ab und fragte Lady Simpson nach ihren Wünschen.

      »Sie sind Mister Herberts?« wunderte sich Lady Simpson nun doch etwas, da Kathy Porter ihr eine andere Schilderung des Mannes gab, den sie im Warenhaus beobachtet hatte.

      »Clay Herberts, Madam«,