Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Claudia Torwegge
Издательство: Bookwire
Серия: Mami Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740926427
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mit einem strahlenden Lächeln, mit Küßchen links und rechts auf die Wange. Die Gastgeberin blieb zurückhaltend, aber freundlich und zeigte ehrliche Freude über Yvonnes und Ulfs prächtigen Blumenstrauß.

      »Sieh nur mal, sieh!« rief Yvonne entzückt aus, als sie durch den eleganten Salon hinaus auf die Terrasse traten. Überall auf der Wiese, in den Bäumen flimmerten kleine Lichter, und auf der Wasseroberfläche des von unten beleuchteten Swimmingpools trieben Blumengebinde. »Wie zauberhaft!«

      Kleine, pagodenartige Zelte waren im Park aufgestellt. Dort konnte man sich zwanglos bedienen und sich mit Getränken und leckeren Snacks versorgen. Auf einem großen Rost, unter dem eine rosige Glut schimmerte, wurden Steaks, Hamburger und Würste gebraten. Verschiedene Salate und diverse Sorten Brot und Weißbrot gab es wiederum an anderen Tischen. Ungezwungen bewegten sich die Gäste durch den Park der Helmbrechtschen Villa, ließen sich von aufmerksamen Kellnern mit Speisen und Getränken versorgen und nahmen zwanglos an den überall im Grünen aufgestellten Tischen Platz.

      »Gnädige Frau!«

      Ein untersetzter, dicklicher Mann mit einem dunklen Haarkranz um die Glatze eilte auf Yvonne zu und küßte ihr die Hand.

      »Gnädige Frau, wie schön, daß Sie gekommen sind!«

      Er verschlang Yvonne förmlich mit den Augen.

      »Es ist – wieder einmal – zauberhaft bei Ihnen, mein lieber Helmbrecht!« säuselte Yvonne, und er lächelte breit.

      »Was glauben Sie, wie inbrünstig wir gebetet haben, daß das gute Wetter anhält! Stellen Sie sich vor, unser Fest wäre verregnet worden! Nicht auszudenken!«

      »Dann hätten Sie, so wie ich Sie kenne, eine andere Lösung gefunden«, meinte Yvonne und hängte sich bei ihm ein. »Und welch ein fabelhafter Anlaß für ein Fest – ein neues Gemälde! Alle Welt spricht von dem Bild, das Sie gekauft haben. Kommen Sie, zeigen Sie mir Ihre Neuerwerbung! Ich bin ja so gespannt!«

      Direktor Helmbrecht war dafür bekannt, daß er Gemälde alter Meister sammelte. Kein Weg war ihm zu weit, keine Reise zu umständlich, wenn es galt, ein besonderes Bild zu erwerben. Es war ein offenes Geheimnis, daß er in jedem Land seine Vermittler hatte, die interessante Objekte für ihn auftaten und die ersten Preisverhandlungen führten.

      Er tätschelte Yvonnes Hand und ging neben ihr die breite, teppichbelegte Treppe hinauf.

      »Ich zeige dieses Bild wirklich nur wenigen Auserwählten. Nur den auserwählten Gästen, die ich heute zu mir eingeladen habe. Und Sie, meine liebste, gnädige Frau, Sie werden die erste sein, die es zu sehen bekommt«, sagte er, und seine Stimme klang heiser. Er sah sie von oben bis unten mit einem begehrlichen Blick an.

      »Oh, ich weiß diese Auszeichnung zu schätzen«, gab sie zurück.

      Er führte Yvonne weg von seinen Gästen, hinauf in sein Arbeitszimmer, das im Dunkeln lag.

      »Bleiben Sie hier stehen, ja hier«, sagte er leise. Er knipste das Licht an und ging zu einer Staffelei, die mitten im Raum stand. Mit einer feierlichen Gebärde zog er das schwarze Tuch, das es verhüllte, von dem Bild auf der Staffelei weg. Schweigend, andächtig fast musterte er seine Neuerwerbung. Es war das Porträt einer schönen, jungen Frau aus der Zeit der Renaissance. Sie trug ein mit Spitzen besetztes Kleid aus braunem Samt, und ihr goldblondes Haar war mit Perlenschnüren durchflochten.

      »Sie ist schön«, sagte Yvonne leise. »Sie ist wunderschön.«

      »Ja, das ist sie«, gab er zurück. Nur zögernd lösten sich Benno Helmbrechts Blicke von dem Bild und wandten sich Yvonne zu. Er sah sie an, seine wässrigen Augen hatten einen sehnsüchtigen, beinahe gierigen Ausdruck.

      »Nicht so schön wie Sie, liebste Yvonne«, sagte er rauh. Seine Nasenflügel bebten, und in seinen Mundwinkeln hatte sich Speichel angesammelt. Er nahm ihre Hand und küßte sie.

      »Nicht so schön wie Sie, meine liebste Yvonne«, sagte er noch einmal, und ehe sie es sich versah, hatte er beide Arme um sie gelegt und sie an sich gezogen. Sie wehrte sich nicht, als er mit seinen feuchten Lippen einen Kuß auf ihren Hals, ihren Mund drückte. Sie spürte seine fleischigen Hände, die ihren Körper abtasteten und liebkosten, und stöhnte inbrünstig auf.

      Helmbrecht war kein schöner, kein interessanter Mann, noch nicht einmal besonders anziehend, eher schleimig und aalglatt. Aber er hatte Macht – und Macht hatte schon immer eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie gehabt.

      *

      »Sie sitzen so alleine hier, lieber Professor Tiefenberg?«

      Es war Frau Helmbrecht, die Ulf, der sich ein stilles Eckchen abseits vom Trubel der Party gesucht hatte, ansprach. Ulf stand auf und verbeugte sich.

      »Ach bitte, Frau Helmbrecht, lassen Sie doch den Professor weg«, bat er ein wenig verlegen. Sie lächelte freundlich.

      »Darf ich mich ein wenig zu Ihnen setzen?« sagte sie, und Ulf schob ihr eilfertig einen bequemen Stuhl zurecht.

      »Möchten Sie etwas trinken? Darf ich Ihnen etwas zu essen holen?« fragte er, aber sie schüttelte nur den Kopf.

      »Nein, nein, danke, ich möchte nur ein Weilchen ruhig sitzen – abseits vom Trubel. Wie ich sehe, läuft alles wie am Schnürchen, meine Gäste sind versorgt und amüsieren sich. So kann ich mir eine kleine Verschnaufpause gönnen.«

      »Sie haben alles wieder einmal wunderbar arrangiert. Es war bestimmt eine Menge Arbeit«, sprach er ihr ein Lob aus.

      »Ja, das war es«, gab sie zu. »Auch wenn man Hilfen hat und zuverlässige Lieferanten. Man muß an alles denken und darf nichts vergessen. Die Planung muß stimmen. Wochen vor solch einem Fest treffen Sie mich nie ohne Block und Kugelschreiber an. Ich muß alles notieren, damit nichts vergessen wird.«

      Sie seufzte leise auf und strich sich eine Strähne ihres aschblonden Haares, in das sich einzelne graue Fäden mischten, aus der Stirn.

      »Manchmal wünschte ich, mein Mann würde nicht so gerne Feste feiern und Partys geben – dann hätte ich es auch ein wenig ruhiger«, gestand sie ihm. Ulf sah sie nachdenklich von der Seite her an. Frau Helmbrecht sah müde aus. Sie mochte etwa Mitte Vierzig sein, war eine ausgesprochen hübsche und sympathische Frau. Sie war schlank und zierlich und dezent gekleidet. Ihr Kleid war von schlichter Eleganz, und der aparte Schmuck, den sie trug, mußte ein Vermögen gekostet haben. Ihre goldbraunen Augen bildeten einen harmonischen Kontrast zu ihrem aschblonden Haar. Sie strahlte Ruhe und Wärme aus, und ihr Lächeln hatte etwas Gewinnendes. Ulf hatte sich, schon als er sie zum ersten Mal sah, zu ihr hingezogen gefühlt. Sie hatte nichts Aufgesetztes, nichts Gekünsteltes an sich und jegliche Angeberei war ihr fremd.

      Wie kommt sie nur zu diesem Mann, der sich überall wichtig machen, sich ständig in Szene setzen muß, dachte er. Helmbrecht hatte den Ruf, ein notorischer Schürzenjäger zu sein, und kein hübsches, junges Mädchen, keine gutaussehende Frau war vor ihm sicher. Irgendwie tat ihm die Frau, die neben ihm saß, leid. Ob sie wohl von den Seitensprüngen ihres Mannes wußte und sie schlicht und einfach ignorierte? Sie schien so ruhig, so ausgeglichen und sie strahlte Ruhe und Liebenswürdigkeit aus.

      »Was machen Ihre Forschungsarbeiten?« erkundigte sie sich, und bald waren sie in die schönste Unterhaltung verstrickt. Frau Helmbrecht war erstaunlich gut informiert, stellte gescheite Fragen und gab durchdachte Kommentare.

      Wie kommt Yvonne nur zu der Meinung, diese Frau sei – wie sie sich höhnisch ausgedrückt hatte – ein Gänschen, eine dumme Pute? dachte Ulf mit leisem Ärger. Diese Frau ist ein fabelhafter Gesprächspartner, belesen, informiert, geistreich – und noch dazu bescheiden und warmherzig. Was man von Yvonne nicht gerade behaupten kann…

      »Sie machen ein so nachdenkliches Gesicht, lieber Herr Tiefenberg?« kam Frau Helmbrechts freundlich fragende Stimme in seine Gedanken. Er sah auf.

      »Ich – ich dachte gerade an – meine Frau«, sagte er wahrheitsgemäß und sagte dann etwas, was er sonst niemals einem fremden Menschen anvertraut haben würde: »Wir sind nun schon so viele Jahre verheiratet – und wir haben noch immer