von diesem geboren worden, aber in der mütterlichen Pflege und unter dem Schutze der Athena herangewachsen sei
410. Und zwar habe sie das schlangenartig gebildete Kind anfangs den drei Töchtern des Kekrops, der Aglauros Herse und Pandrosos anvertraut, in einer Lade versteckt und mit dem Verbote danach zu sehen; doch hätten die Mädchen bis auf Pandrosos, die erste Priesterin und Mitbewohnerin des Tempels der Athena, dieses Verbot mit weiblicher Neugierde bald gebrochen und sich darauf, von Wahnsinn ergriffen, von der steilen Wand des Burgfelsens hinabgestürzt, worauf die Göttin das Wunderkind selbst in ihre Pflege nimmt und bei sich in dem Tempel wohnen läßt, welcher deshalb gewöhnlich das Erechtheum oder die Wohnung des Erechtheus genannt wurde
411. Immer dieselbe Umschreibung eines autochthonen und dämonischen Wesens, welches sich mit dem eleusinischen Triptolemos und seinem Verhältniß zur dortigen Demeter und mit andern verwandten Gestalten der örtlichen Landessage vergleichen läßt: ein Sinnbild sowohl der menschlichen Landesjugend als des gedeihlichen Acker- und Gartenbaues, wie er sich in dem fruchtbaren Kephissosthale unter Olivenbäumen und Weingärten in schönen und reichen Pflanzungen noch jetzt weit und breit ausdehnt. Daher der Name Ἐριχϑόνιος, welcher recht eigentlich einen Genius des fruchtbaren Erdbodens bedeutet
412; daher die Schlangenbildung, welche wie bei Kekrops und den attischen Autochthonen überhaupt ursprünglich gewiß nur die Entstehung aus dem heimischen Erdboden und den von Jahr zu Jahr sich erneuernden Segen der Erde ausdrücken sollte
413 ; daher die Abstammung von dem die Erde durchwärmenden Feuergotte und die Pflege der Landesgöttin mit dem Wechsel von netzendem Thau und heitrer Luft, denn dieses bedeuten die Namen jener drei Töchter des Kekrops, welche wesentlich zur Umgebung der Athena gehörten und eigentlich nur gewisse durch mythologische Abstraction von ihr getrennte Eigenschaften ausdrückten
414. Daher ferner die s. g. Erechtheischen Jungfrauen oder Töchter des Erechtheus, eine Gruppe von sechs weiblichen Personificationen, welche theils die befruchtenden Kräfte des Erdbodens theils die des Himmels und der Atmosphäre andeuten
415, ferner die kindernährende Erde, welche neben der grünenden Demeter verehrt wurde und der Sage nach zuerst vom Erichthonios angebetet worden war
416, endlich die attischen Horen Thallo und Karpo, deren Namen von Blüthe und Frucht reden und von denen Thallo neben der Pandrosos verehrt wurde
417. Kurz diese ganze Gruppe von bildlichen Gestalten und Gebräuchen, deren Stiftung gewöhnlich auf Erichthonios oder auf seinen mythischen Doppelgänger Kekrops zurückgeführt wird, deutet sehr bestimmt auf eine Zeit wo die Bevölkerung der attischen Ebene noch vorzugsweise dem Ackerbau und seinen friedlichen Gewöhnungen ergeben war. Dahingegen später mit den ritterlichen und der Seefahrt ergebenen Joniern andre Götter und andre Sagen in den Vordergrund traten, welche mit denen der pelasgischen Vorzeit so gut es gehen wollte verschmolzen wurden. Namentlich gehören dahin Apollo Patroos der ionische Stammgott, welcher nach der gewöhnlichen Sage den Ion mit einer Tochter des Erechtheus erzeugt hatte, von einigen Genealogen aber sogar selbst für einen Sohn des Hephaestos und der Athena ausgegeben
418, also dem Erichthonios gleichgestellt wurde, und Poseidon, der zweite Stammgott der Jonier, welcher seitdem in Athen und Attika häufig neben der Athena verehrt aber gewöhnlich als deren Nebenbuhler und als Feind des Erechthidenstammes gedacht wurde. Namentlich war dieses der Fall auf der Burg von Athen, wo er der Sage nach im Streit mit der Burggöttin zuerst seinen Dreizack in den nackten Felsen gestoßen und eine salzige Quelle auf der kahlen Höhe hatte hervorsprudeln lassen; dann aber hatte Athena auf demselben Felsen den ersten Oelbaum wachsen lassen und war dafür sowohl vom Kekrops als von den Göttern für die ächte und wahre Herrin der zukunftsreichen Stätte anerkannt worden
419. Poseidon soll sich darauf zürnend ins Meer zurückgezogen und von dort mit seinen Fluthen gegen die Küste der Ebene von Athen und gegen die der Ebene von Eleusis getobt haben, bis es den Göttern gelang die um das Land streitenden Mächte zu versöhnen, seit welcher Zeit der ionische Meeresgott in verschiedenen Gestalten neben der Athena verehrt wurde, als Poseidon Erechtheus, denn dieser Name war in veränderter Bedeutung auf ihn übergegangen
420, neben der Burggöttin des Erechtheums, als Hippios auf dem durch Sophokles so berühmt gewordenen Hügel bei dem Demos Kolonos, endlich als Meeresherrscher auf dem Vorgebirge Sunion, wo auch Athena auf der Höhe des Vorgebirges thronte. Doch blieben die Merkmale des Streites auf der Burg
421: jener ehrwürdige Mutterstamm des ersten Oelbaums, welcher für den Ursprung des gesammten Olivenbaus in der Kephissosebene galt und nach dem Feuer der Perser von selbst wieder ausgeschlagen war, das noch jetzt sichtbare Merkmal des Dreizacks und die salzige Quelle, welche man ϑάλασσα Ἐρεχϑηίς nannte, endlich die dem Andrange der Meereswogen nach wie vor ausgesetzte Küste bei Athen oder Eleusis, von denen jenes sogar hin und wieder den Namen des Poseidonischen führte
422.
Fußnote
373 Il. 16, 141 von der Lanze des Achill, τὸ μὲν οὐ δύνατ' ἄλλος Ἀχαιῶν πάλλειν, ἀλλά μιν οἶος ἐπίστατο πῆλαι Ἀχιλλεύς. Nach Andern hätte das Wort παλλάς, άδος in der älteren Sprache i. q. παρϑένος, κόρη bedeutet, wie πάλλας, αντος, πάλλαξ, ακος i. q. νέος, παῖς, vgl. Strabo 17, 816, Eustath. 84, 39; 1742, 35.
374 Einige gehen auf die Wurzel αἰϑ zurück, wovon das auch weiblich gebrauchte αἰϑήρ, Andere auf ἀϑ, wovon ἄνϑος, was auf die Vorstellung der jungfräulich Blühenden führen würde, s. Welcker Gr. Götterl. 1, 300, G. Curtius Z. f. vgl. Spr. 3, 153, Grundz. 1, 216. Städte des Namens Ἀϑῆναι zählte man neun, darunter Ἀϑῆναι Διάδες auf Euboea bemerkenswerth, Steph. Byz.
375 Die attischen Urkunden vor Euklid haben immer Ἀϑηναία, die nach Euklid gewöhnlich Ἀϑηνᾶ. Bei Homer findet sich sowohl Ἀϑήνη als Ἀϑηναίη.
376 Schol. Apollon. 1, 109 Τρίτωνες τρεῖς, Βοιωτίας, Θεσσαλίας Λιβύης, ἐν δὲ τῷ κατὰ Λιβύην ἐτέχϑη η Ἀϑηνᾶ, vgl. Aesch. Eum. 292, Herod. 4, 180, wobei ein einheimischer Gottesdienst, vermuthlich der phoenikischen Astarte zu Grunde liegt, in welchem die griechischen Ansiedler den ihrer Athena wiedererkannten, wie die in Aegypten Bekannten in dem der aegyptischen Neïth zu Sais, Herod. 2, 62, Plat. Tim. 21 E. Der libysche See Triton wird bald in die Gegend von Kyrene bald in die westlichere der kleinen Syrte verlegt, Müller Orchom. 355 ff., Völckermyth. Geogr. 23.
377 Pind. b. Hippol. 5, 7 εἴτε Βοιωτοῖσιν Ἀλαλκομενεὺς λίμνας ὑπὲρ Καφισίδος πρῶτος ἀνϑρώπων ἀνέσχεν, vgl. Paus. 9, 33, 4. 5, Steph. B. v. Ἀλαλκομένιον.
378 Strabo 9, 411. 435, Kallim. lav. Pall. 63, Paus. 1, 13, 2, Schol. Ap. 1, 551. So gab es eine A. Κορία in