70 Daher der Himmel und der Olymp auch ganz gleichbedeutend gebraucht werden, z. B. bei Soph. Ant. 600 in dem schönen Chorgesange: ἀγήρῳ δὲ χρόνῳ δυνάστας κατέχεις Ὀλύμπου μαρμαρόεσσαν αἴγλαν. J. H. Voß hat über diese mythischen Begriffe, wie überhaupt in der s. g. mythischen Geographie viele falsche Vorstellungen verbreitet, vgl. Völcker über Homer. Geographie und Weltkunde, Hann. 1830. Später wohnen die Götter in der Kuppel des Himmelsgewölbes, wohin die Milchstraße führt, Ovid M. 1, 168 ff.
71 Ein onomatopoetisches Wort wie βάρβαρος μάκμαρος βόρβορος u. s. w., von demselben Stamme wie ταράσσω und τάρβος. Man sagte ὁ Τάρταρος, ἡ Τάρταρος und τὰ Τάρταρα, s. Schol. Il. 1, 312.
72 Gerade so Il. 14, 204 ὅτε τε Κρόνον εὐρύοπα Ζεὺς γαίης νέρϑε καϑεῖσε καὶ ἀτρυγέτοιο ϑαλάσσης. Il. 8, 478 οὐδ’ εἴ κε τὰ νείατα πείραϑ’ ἵκηαι γαίης καὶ πόντοιο, ἵν’ Ἰαπετός τε Κρόνος τε.
73 Hesiod th. 732 τεῖχος δὲ περοίχεται ἀμφοτέρωϑεν, ἔνϑα Γύης u. s. w. Vgl. zu der ganzen Beschreibung Schoemann op. 2, 321 sqq.
74 In diesem Sinne heißt es bei Hesiod th. 118 Τάρταρά τ’ ηερόεντα μυχῷ χϑονὸς εὐρυοδείης, vgl. vs. 158. 505. 620. Virg. Ge. 2, 291 aesculus in primis, quae quantum vertice ad auras aetherias tantum radice in Tartara tendit. Daher bei Hesiod th. 697 die Titanen selbst χϑόνιοι heißen. Auch die Stelle Ilias 14, 270 ff., wo Hera bei den Titanen schwört, macht den Eindruck als würden sie in der Unterwelt im Sinne der tiefen Erde gedacht. Sehr weit geht bei der weiteren Ausführung dieser Beschwörung Hymn. Ap. P. 156 κέκλυτε νῦν μοι Γαῖα καὶ Οὐρανὸς εὐρὺς ὕπερϑεν Τιτῆνές τε ϑεοὶ τοὶ ὑπὸ χϑονὶ ναιετάοντες Τάρταρον ἀμφὶ μέγαν, τῶν ἔξ ἄνδρες τε ϑεοί τε.
75 Lob. Agl. 555 sqq.
76 Hesiod W. T. 169 ff., Pindar Ol. 2, 70 ff. Nun ist sein Alter ein ewig frisches, sein Bart ein stets sich verjüngender, s. Plato Phileb. 270 D und die Orphiker bei Lobeck Agl. 511. Daher Κρόνος εὐχαίτης, λάσιος, εὐρυγένειος. Auch soll er zuerst, dann Zeus als Titanensieger bekränzt worden sein, Tertull. d. cor. 7. Später dachte man sich Kronos und die Inseln der Seligen im fernen Westen, in Hesperien oder auch jenseits der Heraklessäulen. Daher die Flucht des Kronos nach Italien, Sicilien oder Libyen und seine dortige Herrschaft, Diod. 3, 60; 5, 66.
3. Neue Weltkämpfe.
Diese Dichtungen sind jünger als die Titanomachie, indem sie nach Maaßgabe verschiedener Localsagen die Grundidee derselben in verschiedenen Bildern wiederholen. Doch standen sie der populären Auffassung näher als die ernstere und in wenigen erhabenen Zügen mehr angedeutete als ausgeführte Titanomachie, daher sie in der Poesie und selbst von der bildenden Kunst mit Vorliebe gepflegt sind und namentlich die Gigantomachie die ältere Dichtung zuletzt fast gänzlich verdrängt hat.
a. Typhon.
Die Fabel scheint kleinasiatischen Ursprungs zu sein, wenigstens ist der älteste Schauplatz eine von den vielen Gegenden Kleinasiens, welche in früher Vorzeit von vulkanischen Naturumwälzungen heimgesucht wurden und die deutlichsten Spuren davon noch jetzt aufweisen. Sie ist zugleich von besonderem Interesse deswegen weil sie die Ansicht des Alterthums über die physikalischen Ursachen solcher Revolutionen in bildlicher Weise ausspricht, daß nehmlich das Innere der Erde mit gasartigen Dämpfen angefüllt sei, welche nach auswärts drängen und dort wo sie einen Ausgang nicht von selbst finden diesen gewaltsam erzwingen77. Typhon oder Typhoeus ist der allgemeine mythologische Ausdruck für diese feurigen Dämpfe und ihre zerstörenden Wirkungen78. Schon die Ilias (2, 782) kennt seinen Kampf mit Zeus und zwar verlegt sie sein Lager (εὐνὰς) d. h. die Stätte wo er gebändigt, aber noch widerstrebend in der tiefen Erde ruht in das Land der Arimer, worunter die Meisten die Gebirge von Cilicien, Andere die vulkanischen Gegenden von Lydien und Phrygien, noch Andere Syrien verstanden; dahingegen man später, als die vulkanischen Erscheinungen der Gegend von Cumae und Pozzuoli bis hinüber zu den Liparaeischen Inseln und zum Aetna die Aufmerksamkeit der Griechen auf sich zogen, sowohl das Ungeheuer Typhon als jenen mythischen Begriff des Arimerlandes in diese westlichen Gegenden verlegt hat79. Die ganze Dichtung giebt am vollständigsten Hesiod th. 820 ff. Typhon ist hier eine letzte Geburt der Erde, welche sie um den Sturz der Titanen zu rächen vom Tartaros empfangen hat80. Seine Schilderung des Kampfes gehört als allegorisches Gemälde von einem der großartigsten Naturereignisse, nehmlich eines feuerspeienden Berges, zu dem Merkwürdigsten was von derartiger Poesie erhalten ist. Das Ungeheuer ist von gewaltiger Kraft an Händen und Füßen und aus seinem Nacken ragen hundert Drachenköpfe, die mit dunklen Zungen lecken, mit feuersprühenden Augen leuchten, mit wunderbar gemischten Tönen zischen, denn bald hört man die gewöhnliche Göttersprache, bald das Gebrüll eines furchtbaren Stieres, bald das Geheul eines Löwen oder das Gebell von Hunden, dann wieder ein schrilles Gepfeife, daß das ganze Gebirge wiederhallt. Es hätte sich der Herrschaft über Götter und Menschen bemächtigt, wenn Zeus ihm nicht mit dem Donnerkeile entgegengetreten wäre. Nun entstand ein Kampf von dem die Welt bis in den tiefsten Grund erbebte, und wie das Ungeheuer seine Flammen spie und von oben der Blitz darein fuhr, gerieth Erde Himmel und Meer in Brand, tosete siedete und sprühte, daß selbst der Fürst der Unterwelt und die Titanen im Tartaros zitterten. Endlich trifft es ein Blitzstrahl mit solcher Macht aufs Haupt, daß das Ungethüm zusammenstürzt, worauf eine Gluth von ihm ausgeht, daß die Erde wie geschmolzenes Metall dahin strömt81. Nun wirft Zeus es in den Tartaros, von wo es viele verderbliche Wirkungen noch immer auf die Oberwelt sendet. Denn von ihm stammen alle schlimmen Gluthwinde, welche zerstörend über Land und Meer dahinfahren, und gesellt mit der schrecklichen Echidna82 ist Typhon der Vater von allen den mythischen Ungethümen, welche auf und unter der Erde das menschliche Geschlecht bedrohten, bis Herakles kam und ihnen