Sämtliche Werke von William Shakespeare. Уильям Шекспир. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Уильям Шекспир
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027230297
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die Götter leben noch; die Zeit schaffts ihm oder entraffts ihm; ja, Troilus, ich wollte, sie hatte mein Herz im Leibe! Nein, Hektor ist kein beßrer Mann als Troilus.

      CRESSIDA

       Verzeiht!

      PANDARUS

       Er ist älter.

      CRESSIDA

       Ich bitte um Entschuldigung!

      PANDARUS

       Der andre ist noch nicht so alt; ihr sollt ganz anders sprechen, wenn der andre erst so alt sein wird. Hektor kann lange warten, ehe er seinen Verstand bekommt!

      CRESSIDA

       Den braucht er auch nicht, wenn er seinen eignen hat.

      PANDARUS

       Noch seine Eigenschaften.

      CRESSIDA

       Tut nichts!

      PANDARUS

       Noch seine Schönheit!

      CRESSIDA

       Sie würde ihn nicht kleiden, seine eigne ist besser.

      PANDARUS

       Du hast kein Urteil, Nichte! Helena selbst beteuerte neulich, daß Troilus, wenn von brauner Farbe die Rede sei – denn braun ist er allerdings – und doch nicht so recht eigentlich braun –

      CRESSIDA

       Nein, sondern braun.

      PANDARUS

       Die Wahrheit zu sagen, braun und nicht braun.

      CRESSIDA

       Die Wahrheit zu sagen, wahr und nicht wahr.

      PANDARUS

       Sie stellte seinen Teint über den des Paris.

      CRESSIDA

       Nun, Paris hat Farbe genug.

      PANDARUS

       Das hat er auch.

      CRESSIDA

       So hatte Troilus denn zu viel Farbe; wenn sie seinen Teint über den des andern stellt, ist er höher an Farbe; wenn nun Paris rot genug ist und Troilus hochrot, so ist das ein zu teuriges Lob für einen guten Teint. Ebensogern hätte Helenas goldne Zunge den Troilus wegen einer Kupfernase rühmen können.

      PANDARUS

       Ich schwöre dir, ich glaube, Helena liebt ihn mehr als den Paris.

      CRESSIDA

       Dann ist sie wirklich eine leichtsinnige Griechin.

      PANDARUS

       Nein, ganz gewiß, das tut sie. Neulich stellte sie sich zu ihm in das Bogenfenster, und du weißt, er hat nur drei oder vier Haare am Kinn –

      CRESSIDA

       O gewiß, eines Bierzapfers Rechenkunst würde hinreichen, diese Einheiten in eine Summe zu ziehn.

      PANDARUS

       Nun, er ist noch sehr jung, und doch sind seine Nerven so stählern, daß er dir bis auf zwei, drei Pfund ebensoviel aufheben wird als sein Bruder Hektor.

      CRESSIDA

       Was! Ein so junger Mann und schon solche Stehlergaben?

      PANDARUS

       Um dir zu beweisen, daß Helena in ihn verliebt ist – denke nur, sie kam und legte dir ihre weiße Hand an sein gespaltnes Kinn –

      CRESSIDA

       Juno sei uns gnädig! Wer hats ihm gespalten?

      PANDARUS

       Erinnerst du dich denn nicht seines Grübchens? Mir scheint, sein Lächeln steht ihm besser als irgend jemand in ganz Phrygien.

      CRESSIDA

       O ja, er lächelt recht brav.

      PANDARUS

       Nicht wahr?

      CRESSIDA

       Freilich, wie eine Regenwolke im Herbst.

      PANDARUS

       O still doch! Ich wollte dir ja beweisen, daß Helena in Troilus verliebt sei!

      CRESSIDA

       Troilus wird Euch diesen Beweis nicht verweisen, wenn Ihr ihn führen könnt.

      PANDARUS

       Troilus? Nun, der fragt nicht mehr nach ihr, als ich nach einem hohlen Ei frage.

      CRESSIDA

       Wenn Ihr die hohlen Eier so gern habt als die hohlen Köpfe, seid Ihr wohl schal genug, die Schalen ohne Eier zu essen.

      PANDARUS

       Wahrhaftig, ich muß noch immer lachen, wenn ich dran denke, wie sie ihm am Kinn kitzelte. Das ist doch gewiß, sie hat eine wundervoll weiße Hand; das muß man bekennen.

      CRESSIDA

       Ohne Folter.

      PANDARUS

       Und da fällt es ihr ein, ein weißes Haar auf seinem Kinn zu entdecken.

      CRESSIDA

       Das arme Kinn! Ist doch manche Warze reicher!

      PANDARUS

       Aber das gab ein Gelächter! Königin Hekuba lachte, daß ihr die Augen übergingen –

      CRESSIDA

       Von Mühlsteinen.

      PANDARUS

       Und Kassandra lachte!

      CRESSIDA

       Aber es war unter dem Topf ihrer Augen wohl ein mäßigeres Feuer: liefen ihre Augen auch über?

      PANDARUS

       Und Hektor lachte!

      CRESSIDA

       Und wem galt all dies Lachen?

      PANDARUS

       Ei, dem weißen Haar, das Helena an Troilus' Kinn erspäht.

      CRESSIDA

       War es ein grünes gewesen, so hätt ich auch gelacht.

      PANDARUS

       Sie lachten nicht so sehr über das Haar, als über seine hübsche Antwort.

      CRESSIDA

       Wie war seine Antwort?

      PANDARUS

       Sie hatte gesagt: Hier sind nur einundfünfzig Haare an Euerm Kinn, und eins davon ist weiß?

      CRESSIDA

       Das war ihre Frage?

      PANDARUS

       Jawohl, das bedarf keiner Frage. Einundfünfzig Haare, sagte er und ein weißes: das weiße Haar ist mein Vater, und die übrigen sind seine Söhne. O Jupiter, sagte sie, welches von diesen Haaren ist Paris, mein Gemahl? Das gespaltene, sagte er, reißt es aus und gebts ihm! Und nun entstand solch ein Gelächter, und Helena ward so rot, und Paris so böse, und die übrigen lachten so sehr, daß es ins Weite ging.

      CRESSIDA

       Da mag es auch bleiben, denn es ist nicht weit her.

      PANDARUS

       Nun, Nichte, ich sagte dir gestern etwas; das nimm dir zu Herzen!

      CRESSIDA

       Das tu ich auch.

      PANDARUS

       Ich schwöre dir, es ist wahr, er weint dir wie einer, der im April geboren ist.

       [Man hört zum Rückzug blasen. ]

      CRESSIDA

       Und ich will in diesen Tränen so lustig aufwachsen, wie eine Nessel im Mai.

       Es wird zum Rückzug geblasen.

      PANDARUS

       Horch, sie kommen