Im letzten Augenblicke hat die Reserve todesmutig eingegriffen, ist Cayugas, der Krähenfeder nach hartem Kampfe zurückgeworfen und getötet hat, dem linken, von den Kaws so hart bedrängten Flügel zu Hilfe gekommen.
Die Kiowas sind mit furchtbaren Verlusten unter dem verheerenden Büchsenfeuer der Cheyennes überall gewichen; im letzten Augenblick hatte sich Dark Cloud in die Schlacht gestürzt. Die weite Prairie zeigte nur Leichen von Menschen und Pferden - flüchtende und verfolgende Indianer. Der Tag ist nach blutigem Ringen für die Cheyennes gewonnen, die Feinde sind total geschlagen.
***
Wenig war die Sonne weiter gerückt. Hinter der Hügelreihe, welche den Cheyennes zum Stützpunkte gedient hatte, sitzen, gebunden, umgeben von den Polizeireitern, Mr. James Osborne, Jim und Ben, die im Kampfe gefangen genommen wurden.
Der Konstabler hatte seine Aufgabe nicht aus dem Auge verloren. Sobald die Kaws und Kiowas sich zur Flucht wandten, war er mit dem Reste seiner Mannschaft - drei der Leute waren gefallen - auf den Pferden und setzte seinem Wild nach. Es gelang ihm, die drei flüchtenden Verbrecher einzuholen und festzuhalten.
Zu seinem Erstaunen erkannte er auch in Osborne einen lang gesuchten Verbrecher, nach welchem die Gerechtigkeit seit Jahren eifrig fahndete.
Jetzt saßen sie als Gefangene da.
Osborne, bleich, erschöpft, Jim trotzig, roh wie immer, Ben war schwer verwundet.
Vor den Gefangenen stand, trotz dem Lanzenstich, den er ins Bein erhalten hatte, hoch aufgerichtet, auf seine Büchse gelehnt, der Trapper, neben ihm Brown und der sehr bleiche Paul, der mit Entsetzen seinen Oheim in Gesellschaft der Banditen gefesselt vor sich sah.
"Kennst du mich, James?" klang des Trappers Stimme gleich der Posaune des Weltgerichts in Mr. Osbornes Ohr.
Osborne warf einen Blick auf den Trapper und sank mit dem Ausruf: "Edward, mein Bruder!" zurück. Dem Entsetzen des Jünglings gesellte sich maßloses Staunen bei diesen Worten.
"Ja, dein Bruder, den du Schlange gegen den Erstgeborenen, den guten, edlen John hetztest, ihm mit giftiger Rede vormalend, wie er uns um unser Erbteil betrogen habe, mich durch deine aufhetzenden Lügen zu so wilder Wut treibend, daß ich dem Bruder, gleich Kain, mit dem Messer in der Hand gegenüberstand. Gott hat damals verhütet, daß ich zum Brudermörder ward. Aber gleich Kain stürzte ich hinaus, in die weite Welt, Verzweiflung im Herzen, gejagt von den Furien des Gewissens, ein verlorener, mit sich selbst zerfallener Mensch. Das war dein Werk. Spät erst erfuhr ich, daß du mich auch der Brandstiftung beschuldigtest, die du verursacht hast. Die Hand Gottes hat dich endlich erreicht. Gegen dich schreit das Blut des Erstgeborenen Johns, des kleinen Henry, der dir damals im Wege stand, um in den Besitz von Woodhouse zu gelangen, wie jetzt Paul. Ja, ich fürchte, du hast deine Hand auch gegen unsern gütigen John, den Vater dieses Knaben erhoben und ihn mit Gift hinweggeräumt. Diesen Knaben", er legte die Hand auf des bleich und zitternd dastehenden Pauls Schulter, "hat Gott durch mich von deiner Mörderfaust gerettet. Durch dich, James, bin ich einst namenlos elend, bin ich zum heimatlosen Flüchtling auf Erden geworden, aber ich verzeihe dir, denn Gott hat es gefügt, daß ich in aufrichtiger Reue den Frieden meines Herzens wiederfand. Auch Paul wird dir vergeben, daß du nach seinem Leben strebtest. Was du aber sonst auf deinem Gewissen hast, mußt du hier mit der irdischen Gerechtigkeit und dann vor dem höchsten Richter verantworten. - Wir beide haben auf dieser Welt nichts mehr miteinander zu thun, fahre hin und möge Gott dir gnädig sein."
Stumm und totenbleich lauschte James Osborne den furchtbaren Anklagen, welche sein heldenhafter Bruder mit der Unerbittlichkeit des Richters ihm entgegen schleuderte; er fand nicht Antwort und schlug verzweifelnd die gefesselten Hände vor das Gesicht.
Der Trapper, der lang verschollene Edward Osborne, wandte sich mit Brown und Paul, welcher von den entsetzlichen Enthüllungen, wie sie die Worte des Trappers brachten, auf das tiefste erschreckt war, zum Gehen, als Ben, der einen Schuß in die Brust bekommen hatte, leise und bittend sagte: "Master Paul."
Der Jüngling wandte sich zu ihm.
"Ich habe oft an Gottes Gerechtigkeit und Güte gezweifelt", fuhr Ben mit schwacher Stimme fort, "seitdem ich gesehen habe, daß er euch gerettet hat, zweifle ich nicht mehr. Ich freue mich, daß ihr davon gekommen seid und ich nicht euern Tod auf dem Gewissen habe. Meine Stunden sind gezählt, ich werde bald vor dem Allgerechten stehen und wollte, ich könnte es mit reinem Herzen; seid gütig, Master Paul, und verzeiht mir."
"Es ist euch längst verziehen, auch der Vater im Himmel wird barmherzig sein."
Er und Brown führten den Trapper davon. Jim, ein bereits rechtskräftig zum Tode verurteilter Mörder, wurde am Abend erschossen, und Ben starb in der Nacht an seiner Wunde. Auf dem Transport nach den Staaten entsprang James Osborne den Polizeireitern und hat irgendwo sein Ende gefunden. Man hat nichts mehr von ihm gehört.
***
Auf dem Hügel, der den heißen Kampf gegen die Kaws gesehen hatte, lag, auf wollenen Decken gebettet, Puck, und der Todesengel stand zu seinen Häupten; der Lanzenstich, den er für seinen Oheim empfangen hatte, war tödlich. Walpole hatte ihn verbunden, aber gleich gesagt, daß sein Leben nur noch nach Stunden zählen könne.
Um sein Sterbelager saßen Cayugas, der Trapper, Paul, Bill Stone, Walker, Wild und andre. Cayugas still und ernst, während Edward Osborne und Paul die Thränen heiß über die Wangen rannen.
Bill Stone, der zwei Wunden empfangen hatte, sagte: "Ich wollte mein ganzes Eigentum darum geben, wenn ich den kleinen Mann wieder gesund machen könnte; ist ein Fakt."
Puck sah sehr bleich aus, aber der nahende Tod verschönte seine Züge. Er lag still und ruhig mit sanftem Gesichtsausdruck da. Dann schlug er die gesenkten Lider auf, und die schönen Augen richteten sich mit dem Ausdruck der innigsten Liebe auf den Trapper.
"Nicht weinen, Oheim, du machst mir das Sterben schwer." - Nach einer Pause fuhr er fort: "Du bist der einzige, der Puck geliebt hat, auf der weiten Welt, und ich bin glücklich, o so glücklich, daß ich mein Leben für dich geben konnte."
"Herzensjunge, Herzenskind", stöhnte der Trapper im tiefsten Schmerze, und Pauls Thränen flossen reichlicher.
Nach einer Weile feierlichen Schweigens fragte Puck: "Komme ich in den Himmel, Oheim?"
"Ja, ja, Kind", schluchzte dieser, "wenn einer in den Himmel kommt, dann bist du es." Der Sterbende lächelte glückselig.
"Und du kommst auch zu mir in den Himmel?"
"Ich hoffe es, Kind, ich hoffe es. Gott wird mir ein gnädiger Richter sein."
"Ich werde ihn bitten, daß er dich bald zu mir kommen läßt, was soll ich ohne dich?"
Der Trapper nickte: "Bitte ihn nur, Kind, ich bin bereit zu gehen."
Kein Auge blieb trocken bei diesen Äußerungen des sterbenden Jünglings, selbst der stoische Indianer konnte seine Rührung nicht ganz verbergen.
Puck schien zu schlafen, dann schlug er die Augen wieder auf und sagte: "Im Himmel muß es schön sein. Horch - die Engel singen, sie singen von der ewigen Heimat." Die Augenlider sanken nieder und leise - leise, wie aus weiter Ferne, klang es von den Lippen des Sterbenden - "Home, sweet home" - und mit dem letzten, kaum hörbar verhallenden Tone stieg seine Seele aufwärts zum ewigen Vater.
Man bereitete ihm auf dem Hügel, auf dem er für seinen Oheim die Todeswunde empfangen, die letzte Ruhestätte. Alle Weißen und die Häuptlinge der Cheyennes standen um das schlichte Grab. Als es geschlossen war, sagte aus tiefstem Herzen der Trapper: "Nie schlug in eines Menschen Brust ein edleres Herz, als in der dieses armen Jünglings. Die Seele hat die rauhe Hülle abgestreift, um hinaufzuschweben in ewiger Schöne zum Throne Gottes. Was sterblich an ihm war, ruht im Schoße seiner Mutter, der Prairie, in unsern Herzen aber wird er fortleben, solange sie noch schlagen. Auf Wiedersehen, mein Herzensjunge - drüben."
Der