»Was wollte denn der von dir?« fragte Haynes neugierig.
»Der redete kariert«, wich Botnam aus. »Los, zahlen, ich habe die Nase für heute voll …!«
Ohne sich um die aufbrandende, laute Unterhaltung zu kümmern, verließ er die Kellerkneipe. Er beabsichtigte, Chicago sofort zu verlassen und irgendwo unterzutauchen, bis die Polizei sich beruhigt hatte.
Weit kam er jedoch nicht.
Er hatte die steile Kellertreppe noch nicht ganz hinter sich gelassen, als ihm einige Flammenzungen entgegenbleckten. Er spürte einen heftigen Schlag vor der Brust und hörte nicht mehr das Rattern einer Maschinenpistole. Er kollerte über die Stufen nach unten in die Bar und blieb im Schmutz liegen.
Die Gäste der Kellerbar drängten sich vor dem Notausgang. Sie verließen fluchtartig das Lokal. Haynes, der hinter der schweren Kasse in Deckung gegangen war, keuchte vor Angst.
Als er sich endlich wieder hochtraute, entdeckte er den schwarz gekleideten Gast, der sich über Botnam beugte und ihn untersuchte.
»An Ihrer Stelle würde ich die Polizei verständigen«, rief Parker ihm zu. Dabei ließ er einen Zettel verschwinden, auf dem nichts anderes als eine Autonummer niedergeschrieben war. Da Botnam sich dieses Kennzeichen gemerkt hatte, mußte es wichtig sein.
Während Haynes nervös mit dem Telefon herumhantierte, blätterte der Butler das dicke Banknotenbündel durch, das er in Botnams Rocktasche gefunden hatte. Um ein Haar hätte er dabei eine Rechnung übersehen, die auf den Namen Canters ausgestellt war. Es handelte sich dabei um den Kauf eines mittelgroßen Schrankkoffers, der erst vor einem Tag getätigt worden war.
Auch eine Quittung ließ sich Parker nicht entgehen. Mit der Geschicklichkeit eines Taschenspielers ließ er sie ebenfalls in seinem schwarzen Covercoat verschwinden.
Anschließend wartete er in würdevoller Ruhe auf das Erscheinen der Polizei. Er wollte ihr Rede und Antwort stehen. –
»Botnam und Canters sind die beiden Gangster, die Trumble bestahlen«, meinte der junge Anwalt. Er ließ sich von Parker den Morgenkaffee servieren. Nach der Ermordung des ehemaligen Boxers waren einige Stunden vergangen. Über dem Michigan-See lagerten noch milchig-weiße Dunstwolken, hinter denen bereits die Sonne stand. »In einigen Stunden wird Leutnant Custer hier auftauchen. Er hat sich bereits angekündigt. Dann werden Sie Ihre Karten auf den Tisch legen müssen, Parker.«
»Es ist mir eine Ehre, mit der hiesigen Polizei zusammenzuarbeiten, Sir.«
»Sie werden die Autonummer und Canters Quittung über den Kauf eines Schrankkoffers ausliefern müssen.«
»Bestehen Sie darauf, Sir?«
»Selbstverständlich. Sonst würden wir uns ja strafbar machen, Parker. Wir dürfen wichtige Beweisstücke, die zur Aufklärung eines Verbrechens dienen, nicht zurückhalten.«
»Ich beuge mich selbstverständlich Ihren Anordnungen«, erwiderte Josuah Parker. »Wenn Sie gestatten, Sir, würde ich um einen kürzeren Urlaub nachsuchen.«
»Mit anderen Worten, Sie wollen sich absetzen, bevor Custer erscheint?«
»Ich könnte inzwischen feststellen, wer der Besitzer des bewußten Autos ist.«
»Custer wird toben …!«
»Ich würde ihm danach natürlich alle Unterlagen ausliefern, Sir.«
»Parker, eines Tages werden wir großen Ärger bekommen.«
»Dann, Sir, werde ich alle Schuld auf mich nehmen.«
»Und ich werde meinen Butler los sein.«
Bevor Josuah Parker Worte der Tröstung finden konnte, schrillte die Türklingel. Mike Rander sah Parker lächelnd an.
»Ich wette, das ist bereits Leutnant Custer.«
»Dann Sir, möchte ich mich schnell für einige Minuten empfehlen, vorausgesetzt, Sie gestatten es …«
Ohne die Erlaubnis jedoch abzuwarten, verließ der Butler den großen Wohnraum und verschwand in seinen Gemächern, die ihm allein vorbehalten waren. Rander, der sehr gut verstanden hatte, öffnete die Tür. Es war tatsächlich Leutnant Custer, der sich stürmisch in die Wohnung schob.
»Wo steckt Parker?« erkundigte er sich nach der knappen Begrüßung.
»Ich werde nach ihm läuten«, antwortete Rander. »Was ist los, Custer? Sie machen einen ziemlich verärgerten Eindruck?«
»Ich bin tatsächlich verärgert, Rander. Ich lasse mich nicht gern auf den Arm nehmen.«
»Und wer hat das riskiert?«
»Sie und Ihr scheinheiliger Butler …! Warum sagen Sie mir nicht, daß Sie sich beruflich mit dem Fall Trumble beschäftigen?«
»Wahrscheinlich vergaßen Sie mich danach zu fragen.«
»Das ist eine faule Ausrede, Rander. Ich roch Lunte, als mir heute der Bericht über die Ermordung zweier Gangster zugeleitet wurde.«
»Ich wette, Sie meinen Botnam und …?«
»… und Ganters«, vollendete Custer den Satz. »Wir kamen ziemlich schnell dahinter, daß Botnam mit diesem Canters unter einer Decke steckt. Da der ehemalige Boxer einwandfrei als einer der Gemäldediebe identifiziert wurde, liegt der Schluß nahe, daß sein Freund Canters der zweite Täter gewesen sein muß.«
»Das fand auch Parker heraus …!«
»Und warum verschwieg er mir diese Tatsache? Er war doch dabei, als Botnam erschossen wurde …!«
»Parker stand wohl noch unter dem Eindruck dieser fürchterlichen Einzelheiten.«
»Daß ich nicht lache …! Parker und beeindruckt sein …! Das paßt doch überhaupt nicht zusammen. Was kann diesen Menschen eigentlich aus der Ruhe bringen. Ich will Ihnen sagen, warum Parker schwieg? Er will wieder mal seine eigene Suppe kochen!«
»Flat er das bisher je getan?«
»Ich würde sagen, es gelang ihm nicht, weil wir auch nicht gerade auf den Kopf gefallen sind.«
»Custer, seien Sie ehrlich …! Sie wissen genau, daß Parker zwar seine Eigenarten besitzt, aber im Endeffekt drängt er sich niemals vor. Er legt keinen Wert darauf, in der Presse gefeiert zu werden.«
»Gut, das räume ich ein, doch ich hasse es, übergangen zu werden. Haben Sie schon nach ihm geläutet?«
»Was wollen Sie von ihm? Ihm eine Standpauke halten?«
»Ich werde den Verdacht nicht los, daß er gewisse Beweisstücke unterschlagen hat.«
»Wann soll er denn das getan haben?«
»Er untersuchte den erschossenen Botnam, bevor die Polizei eintraf. Damit steht für mich fest, daß er die Taschen des Toten gleichfalls durchsuchte.«
»Danach habe ich ihn noch gar nicht gefragt, Custer …!« Harmlos sah Rander seinen Besucher an.
»Sie nehmen Ihren Butler stets in Schutz, ich weiß das …!«
»Müssen Sie nicht einräumen, daß er ein erstklassiger Detektiv ist?«
»Doch, natürlich …! Aber Beweisstücke hat er der Polizei auszuliefern. Und zwar ungefragt.«
»Ich werde ihm eindringlich ins Gewissen reden, Custer. Zufrieden?«
»Das wird nicht die Bohne nützen, Rander … Aha, da kommt er ja.«
Custer stand auf und sah den Butler aus seinen kühlen Augen durchdringend an.
»Ich nehme mir die Freiheit, Sie recht herzlich zu begrüßen«, meinte Parker und verbeugte sich. »Sie entheben mich durch Ihren Besuch der Mühe, Sie anzurufen oder gar zu Ihnen zu fahren.«
»Wie bitte …?«
»Ich