Ludwig van Beethoven
* 17. Dezember 1770 (getauft) Bonn (Kurköln), † 26. März 1827 Wien
Klaviervirtuose und Komponist
Der »titanische« Musiker unter den drei Heroen der Wiener Klassik wurde zwar in der Kleinstadt Bonn am Rhein geboren, doch seine musikalische Heimat fand der Rheinländer in Wien und seiner Umgebung. Das Donautal bei Wien und die Landschaft der Voralpen wurden ihm für sein musikalisches Schaffen Inspirationsquelle. In Wien fand er die nötige Anerkennung und Unterstützung, die es ihm ermöglichte, mit seinen Kompositionen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Beethovens Vorfahren waren flämischer Abkunft, die sich seit 1733 in Bonn niedergelassen hatten. Beethovens Großvater war Hofkapellmeister, sein Vater Tenor im kurfürstlichen Chor. Schon als Kind zum Wunderkind am Klavier gedrillt, bekleidete er bereits mit 14 Jahren die Stelle eines Hoforganisten. Beethovens Vater, selbst nur mittelmäßig begabt, erzog seine Kinder in unerbittlicher Strenge, die Mutter – kaum verwunderlich an der Seite des trunksüchtigen Vaters – neigte zur Schwermut. Diese familiäre Situation zwang den Heranwachsenden zu einem unbeugsamen Pflichtbewusstsein. Er erlernte neben dem Klavier noch Violine und Bratsche, mit elf Jahren begann er die Orgel zu spielen. Ein Jahr später entstanden seine ersten Klaviersonaten. Mit 14 Jahren spielte er brillant Bachs »Wohltemperiertes Klavier« und schrieb selbst meisterliche Klavierquartette.
Kaum 17-jährig kam Beethoven für fünf Wochen das erste Mal nach Wien, wo er mit seinem brillanten Klavierspiel Mozart so begeisterte, dass dieser ausrief: »Auf den gebt Acht, der wird einmal in der Welt von sich reden machen!«
Der Tod der Mutter an Schwindsucht und die Entlassung des stets betrunkenen Vaters aus dem Chor zwangen Beethoven zur eiligen Rückkehr nach Bonn. Er musste nun allein den Vater und seine beiden Brüder mit seinen Einkünften über Wasser halten.
Die familiäre Geborgenheit und Harmonie, die ihm daheim fehlte, fand Beethoven bei der Familie Breuning, die ihn unauffällig jenen gesellschaftlichen Schliff lehrte, der für eine künftige Karriere erforderlich war. Schon damals gab es romantische Jugendlieben, die aber kaum über ein gesellschaftlich gestattetes Schwärmen hinausgingen. Bei den Breunings lernte er, wie er am besten in seiner Profession zu einem anständigen Unterhalt kommen könnte.
1792 war er ein bereits anerkannter Klaviervirtuose, hatte eine Reihe von Werken komponiert und wusste inzwischen auch seine beiden Brüder versorgt. Daher entschloss er sich, Bonn zu verlassen, um nach Wien zu gehen und dort bei großen Meistern, wie Joseph Haydn, zu studieren. Er lernte bei dem damals sehr erfolgreichen Singspielkomponisten Johann Schenk, beim Meister des Kontrapunkts Johann Georg Albrechtsberger und beim Opernkomponisten und Liebling der Wiener Antonio Salieri. Sein virtuoses Klavierspiel öffnete ihm die Salons der vornehmen Häuser, seine Improvisationskunst wurde bestaunt. Ein zeitgenössischer Klaviervirtuose meinte zu ihm: »Ach, das ist kein Mensch, das ist ein Teufel: Der spielt mich und uns alle todt!«
Finanziell ging es ihm besser als manch anderem Kollegen; sein unglaublicher Fleiß füllte seinen Tag völlig mit Stundengeben, Proben, Komponieren, eifrigem Korrespondieren mit Musikverlegern und dem Bei-Laune-Halten seiner Gönner.
Beethoven fand schnell eine Reihe adeliger Gönner, u.a. Erzherzog Rudolf, den jüngsten Sohn von Kaiser Leopold II. und Kardinal-Erzbischof von Olmütz, sowie Karl Fürst Lichnowsky, Franz Joseph Max Fürst Lobkowitz und Ferdinand Fürst Kinsky. Gemeinsam konnten diese 1808 verhindern, dass Beethoven ein Angebot des Königs Jerome von Westfalen annahm; damit blieb er Wien erhalten. Sie garantierten dem Komponisten eine Pension, die ihm die finanzielle Unabhängigkeit sicherte. Er war damit der erste »freischaffende« Komponist.
Im Laufe der Jahre wurde der Komponist ein »echter Wiener«, sagte selten etwas Freundliches über die Stadt, äußerte sich eher spitz und kritisch, »grantelte« und war selten zufrieden, wofür auch seine zahlreichen Übersiedlungen Zeugnis ablegen. Trotz seiner zahlreichen Grobheiten über die Wiener Aristokraten schätzte man ihn wegen seines musikalischen Genies.
Am Beginn seiner Wiener Zeit wurde er hauptsächlich als Klaviervirtuose gefeiert. Als etwa um 1800 sein Gehör immer schlechter wurde, gab er kaum mehr Solokonzerte. Auch seine Dirigate eigener Werke gerieten mit zunehmender Taubheit zu seltsamen und nicht koordinierten wilden Bewegungsstürmen seiner Arme und Hände.
Sein schlechtes Hörvermögen veranlasste ihn 1802 im Alter von 32 Jahren (!) zur Abfassung des »Heiligenstädter Testaments« – möglicherweise war es an seine beiden Brüder gerichtet, wurde aber niemals abgeschickt –, in dem er Selbstmordgedanken niederschrieb. Es war die Musik, die ihn daran hinderte, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er schrieb: »Ach, es dünkte mir unmöglich, die Welt eher zu verlassen, bis ich alles das hervorgebracht, wozu ich mich aufgelegt fühlte, und so fristete ich dieses elende Leben, wahrhaft elend, …« Um 1814 konnte Beethoven nicht mehr unterscheiden, ob er laut oder leise spielte; damit ging seine Pianistenlaufbahn zu Ende. Auch das Dirigieren bereitete ihm zunehmend Schwierigkeiten. Ab etwa 1818 mussten sich seine Freunde mit ihm schriftlich verständigen. Wenn er gelegentlich einen Einfall oder eine Tonfolge zu singen versuchte, artete dies oft in Gebrüll aus; angeblich hatte er damit sogar ein Ochsengespann scheuen lassen, das daraufhin wie in Panik eine Straße hinabjagte.
Als sich 1814/1815 die Mächtigen Europas beim Friedenskongress zur Neuordnung des Kontinents trafen, gehörte Beethoven zu jenen Berühmtheiten, deren Begegnung gesucht wurde. Im November 1814 dirigierte er eine Akademie im Redoutensaal, bei der die 7. Symphonie, die Schlachtenmusik »Wellingtons Sieg« und die Kantate »Der glorreiche Augenblick« zur Aufführung gelangten. Zu diesem Zeitpunkt war Beethoven, ein zutiefst überzeugter Demokrat, ja längst in das Lager der restaurativen Kräfte gewechselt. Noch um 1800 hatte er Napoleon Bonaparte bewundert und ihm seine 3. Symphonie »Eroica« gewidmet; nach der Kaiserkrönung des Korsen löschte er eigenhändig die Widmung auf der Titelseite der originalen Notenhandschrift.
Bereits im Mai 1814 hatte Beethovens Oper »Fidelio« die dritte und nunmehr erfolgreiche Aufführung im Kärntnertortheater erlebt. Sie wurde von den Zeitgenossen als »Manifest der Hoffnung auf Liebe und Freiheit« interpretiert. Weitere Opernpläne konnte der Komponist nicht realisieren.
Im Mai 1824 erlebte Beethovens 9. Symphonie ihre Uraufführung. Vorerst lehnten die Zeitgenossen das Finale, in dem er Schillers Ode an die Freude vertonte, als »geschmacklos« und »monströs« ab. Inzwischen gehört dieser letzte Satz zu den weltweit bekanntesten Musikstücken mit hochgradigen emotionalen Konnotationen. Schon früher war Beethovens Klangsprache von den Zeitgenossen nicht immer verstanden worden, was den Komponisten aber überhaupt nicht kümmerte. Er machte Musik »für eine spätere Zeit«:
Je älter und schwerhöriger er wurde, desto mehr zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück, er wurde unordentlich, ja verwahrloste. Seine jeweiligen Wohnungen glichen einem Chaos. Misstrauisch und gewalttätig strapazierte er die Geduld seiner Freunde bis aufs Äußerste. Seine Brüder und deren Ehefrauen drangsalierte er und zog sie in jahrelange Rechtstreitereien. Seinen Neffen Karl, einen netten, aber trägen Jungen, trieb er fast in den Selbstmord.
Rätselhaft bleiben seine Beziehungen zu den Frauen. Viele verehrte er schwärmerisch, manche wollte er heiraten, wurde aber stets zurückgewiesen. Seine »unsterbliche Geliebte« konnte die Beethoven-Forschung bis heute nicht mit absoluter Sicherheit entschlüsseln.
Seine letzten beiden Lebensjahre wohnte Beethoven im Schwarzspanierhof im 9. Bezirk, der 1903 abgerissen wurde. Seine letzten Stunden verbrachte er im Kreise seiner engsten Freunde. An seiner Beisetzung nahm die gesamte kulturelle Prominenz Wiens teil, mehr als 15.000 Menschen gaben ihm das letzte Geleit auf den Währinger Ortsfriedhof. Der Schauspieler Heinrich Anschütz hielt eine von Franz Grillparzer verfasste Trauerrede. Wenige