»Ganz sicher nicht, Papa. Doch würdest auch du mir als Gegenleistung zu meiner Zustimmung einen Herzenswunsch erfüllen?«
Der General blickte seine Tochter augenzwinkernd an.
»Ich wußte doch, daß deine Zustimmung einen Haken haben würde. Was wünschst du dir?«
Vita kniete sich vor ihn hin und blickte mit ihren großen ausdrucksvollen Augen bittend zu ihm auf.
»Du hast einmal etwas zu mir gesagt, Papa«, begann sie, »das ich nie vergessen habe.«
»Und was war das?« fragte er.
»Du sagtest, zu einem wirklich gebildeten Menschen gehöre, daß er einmal in Italien war.«
»Habe ich das gesagt?« fragte der General erstaunt. »Na, kann ja sein! Es ist ein wunderschönes Land, und deine Mutter und ich haben es immer schon bedauert, daß wir es dir nie zeigen konnten.«
»Ich finde, ich sollte Rom und vielleicht auch Neapel kennenlernen, bevor ich heirate«, sagte Vita schwärmerisch.
»Das ist also das Versprechen, das du mir abschmeicheln willst, wie?« rief der General.
»Das ist doch nicht zu viel verlangt, Papa, oder? Es wäre herrlich, wenn ich das Kolosseum in Rom und auch Pompeji besichtigen könnte. Lord Bantham ist doch sicher viel zu beschäftigt, um größere Reisen mit mir zu unternehmen.«
»Wie ich im Augenblick«, sagte der General. »Du weißt doch, Vita, daß ich erst kürzlich zum Grafschaftsrichter ernannt wurde und in den nächsten zwei Monaten unmöglich eine Auslandsreise unternehmen kann, weil das neue Amt meine Anwesenheit hier erfordert.«
»Ohne dich und deine sachkundige Führung wäre Italien nur halb so schön, Papa«, sagte Vita, »aber es würde meiner Allgemeinbildung sicher guttun, könnte ich mein Wissen über dieses herrliche Land an Ort und Stelle erweitern. Du hast selbst einmal gesagt, daß man auch als erwachsener Mensch nie auslernt, und es gäbe sicher eine Reihe vertrauenswürdiger Personen, die mich gern begleiten und unter ihre Fittiche nehmen würden. Lady Crowen, zum Beispiel.«
Der General äußerte sich nicht dazu, und Vita fuhr fort:
»Ich weiß, sie ist eine alte Klatschbase, aber immerhin war ihr Gemahl Diplomat, und sie sind viel gereist. Zudem spricht sie sehr gut Italienisch.«
»Wann hast du dir diesen raffinierten kleinen Plan ausgedacht?« wollte der General wissen.
»Von einer solchen Reise träume ich schon lange«, versicherte ihm Vita lebhaft. »Mit Lady Crowen habe ich auch schon darüber gesprochen und sogar ein paar Stunden Italienisch bei ihr genommen. Damit wollte ich dich überraschen, wenn wir beide einmal nach Italien gereist wären.«
Der General sagte noch immer nichts. Vita rückte näher an ihn heran und schlang die Arme um seine Beine.
»Bitte, liebster, bester Papa, laß mich nach Italien reisen«, bettelte sie. »Wenn ich erst einmal verheiratet bin, muß ich seßhaft werden und tun, was mein Gemahl von mir verlangt.
Wenn ich dann ein Baby bekomme, wird es für mich schwierig, auf Reisen zu gehen, und du weißt doch, wieviel Spaß ich daran habe.«
Tatsächlich hatte der General seine Tochter nach Frankreich, Brüssel und Dänemark mitgenommen, wenn er dienstlich dort zu tun hatte. Auch eine Ungarn-Reise war geplant gewesen, um einige Rassepferde einzukaufen, von denen der General Wunderdinge gehört hatte.
Statt dessen waren sie nach Irland gefahren und mit zwei Jagdpferden zurückgekommen, um die man sie in der ganzen Nachbarschaft beneidet hatte.
»Ich muß mir das erst mal überlegen«, ließ sich der General schließlich vernehmen.
»Bitte, Papa! Du legst doch immer so großen Wert auf eine gute Allgemeinbildung, weil du nichts so sehr haßt wie dumme Frauen, und ich könnte eine Bildungslücke bei mir ausfüllen, wenn ich das Forum, den Schiefen Turm von Pisa und die Ausgrabungen am Herculaneum besichtigen dürfte.«
Sie stand auf und schmiegte sich weich und zärtlich in seine Arme.
Seufzend kapitulierte der General.
»Du sollst deinen Willen haben«, sagte er und küßte ihre zart nach Rosen duftende Wange.
»Du meinst, ich darf fahren?« rief Vita erfreut. »Oh, mein liebster, wundervoller Papa, ich liebe dich!«
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