Selbst Eskalian musste über die beiläufige Bemerkung unwillkürlich schmunzeln.
»Ich werde Varius benachrichtigen«, meinte er schließlich und hob den Handschuh wieder an den Mund »Eine Bilderbucheroberung. Wirklich richtig gut gemacht heute, Jungs«
Kapitel II
Sie war wie ein silberner Speer. Wie eine Klinge, die die Macht und den Willen des Sternenreiches in seinem tiefsten Inneren repräsentierte. Das gewaltige Schlachtschiff der Fairosara Klasse, die Angre Gythesas, die Zorn der Götter, raste einem Speer gleichend durch den blau flackernden Hyperraum. Hunderte Geschütze auf ihrem keilförmigen Rumpf zeugten von der schieren militärischen Macht, die dieses Schiff allein mit seiner Existenz repräsentierte. Sie war das Flaggschiff der Silvirengla Legion, welche sich gerade auf dem Weg zu einer bedeutenden Schlacht auf der duyarischen Eiswelt Kfar Sovu befand. General Casar, oberster Kommandant dieser Legion hatte entschieden, seine Truppen in einem schnellen Schlag gegen diese Festung des Imperiums zu führen. Er war Lord Arthians Bitte gefolgt und hatte direkt nach der großen Legionsversammlung von Melnor alle seine Truppen zusammengetrommelt, um sie für einen schnellen und präzisen Schlag zu massieren. Die Duyari waren unvorbereitet, so hatte man jedenfalls beim Oberkommando gehofft. Eine Eroberung dieser wichtigen Festungswelt, welche ebenfalls noch an einer Handelsroute direkt im Herzen des Imperiums Stellung bezog, würde den Nachschub ihres Feindes destabilisieren und zusätzlich dafür sorgen, dass den Legionen ein direktes Tor zur Hauptwelt Tuma Yadu offen stand. Die Silberengel waren eine der stolzesten und eitelsten Legionen der Weltenwehr überhaupt. Genauso wenig, wie sie dies zu leugnen vermochten, war ebenfalls die Tatsache, dass sie als die stärkste und vor allem tapferste im gesamten Sternenreich galt. Den Rest der Flotte der Legion würden sie direkt im Orbit von Kfar Sovu treffen, um den Angriff besser koordinieren zu können. Soweit ihnen der EED hatte bekannt machen können, besaßen die Duyari nur wenige Schiffe in diesem System. Sie würden vermutlich bereits zerstört sein, bevor das Flaggschiff überhaupt ankam.
»Lechent Laer«
Lechent Laer Tarius, Kommandant der dreihundertvierten Kompanie der Silvirengla Legion schaute von seiner Arbeit auf, als die zwei Stiarvalorer vor ihm in den Raum traten.
»Ja?«, sagte er und deaktivierte den Hologrammcomputer auf seinem obsidianfarbenen Schreibtisch.
»Ähm, ihr seid Lechent Laer Tarius, oder?«, sagte nun diejenige, die zwischen den beiden blau – silbernen Soldaten stand. Es war eine Frau, vielleicht Anfang Zwanzig, die ihr goldlondes Haar zu einem Knoten hinter dem Kopf zusammengebunden hatte.
»Der bin ich«, sagte Laer und stand von seinem Schreibtisch auf. Diese Frau war nicht in eine Uniform der Sternenmarine gekleidet. Was tat sie hier?
»Lechent«, meinte der linke der beiden Stiarvalorer, dessen Stimme durch das Sprechgerät des Helmes verzerrt klang »Wir haben einen ungebetenen Gast an Bord, wie es aussieht. Diese junge Frau hier hatte sich eine Woche lang im Laderaum des Schiffes versteckt. Wirklich ein ausgeklügelter Plan, aber einer der Ingenieure hat sie dann doch entdeckt. Sie meint, sie ist vom Loan Ara. General Casar befahl uns, sie zu Euch zu schicken«
Die Frau schaute beschämt zu Boden. Ganz offensichtlich gefiel ihr diese Situation nicht, hier so ertappt vor einem Offizier zu stehen.
»Bin ich hier die Pressestelle, oder was?«, fragte Laer. Warum betraute Casar ihn immer mit all dem nervigen und unnötigen Zeug, das innerhalb der Legion geschah.
»Sir … wir … dachten«
Der rechte Stiarvalorer schnitt seinem Kameraden das Wort ab »Es war unser Befehl. Ihr sollt Euch um sie kümmern, meinte der General. Zurückschicken können wir sie jetzt nicht mehr. Es sei denn, sie hat Lust eine Reise von zwanzigtausend Lichtjahren zurück nach Eria anzutreten«
Die Frau schüttelte auf diese Aussage hin vehement den Kopf.
Laer seufzte und schaute sich in seinem Büro um, als würde er in den silbernen Wänden des Schiffes nach irgend einem Ausweg für diese Situation suchen.
Schließlich sagte er: »Na gut. Ich werde sehen, was ich tun kann. Wegtreten.«
Die beiden Stiarvalorer salutierten, drehten sich gleichzeitig um, und verschwanden aus dem Büro durch die automatische Tür.
Laer warf einen prüfenden Blick zu der Frau hinüber und zog eine Augenbraue hoch.
Sie schaute auf und salutierte etwas unsicher.
»Das ist nicht nötig, aber vielen Dank«, meinte Laer, ging um seinen Schreibtisch herum und setzte sich wieder in seinen Sessel. Er nahm ein kleines Modell eines ISR 171 Raumjägers, das vor ihm neben seinem Computer stand und begann, damit zwischen seinen Fingern zu spielen. »Sie haben es also tatsächlich geschafft, eine ganze Woche lang unbemerkt auf dem Schiff zu bleiben, ja?«
Die Frau räusperte sich, faltete die Hände vor dem Bauch und trat vor den Schreibtisch. Laer konnte erkennen, dass ihre Finger zitterten.
»Ja«, presste sie heraus »Seit … na ja, seit die Legion Melnor verlassen hat. Ich konnte an Bord kommen, weil … na ja, weil das Aufladen auf das Schiff so lange gedauert hat. Bin dann einfach in einen Container rein und na ja … dann haben sie mich aber gefunden. Wollte sowieso nicht die ganze Zeit da bleiben. Ja, genau«
Laer legte das Modell des Raumjägers zurück auf den Tisch und betrachtete sie einige Sekunden lang. Wenn sie es tatsächlich eine ganze Woche lang im Frachtraum eines Schlachtschiffes der Fairosara – Klasse ausgehalten hatte, dann konnte sie so willensschwach gar nicht sein. Trotzdem empfand er es als puren Wahnsinn, dass diese Zivilistin sich willentlich und mit voller Absicht in eines der umkämpftesten Kriegsgebiete der Galaxis begeben hatte.
»Dürfte ich auch Ihren Namen wissen?«, fragte er.
Sie nickte hastig »Natürlich. Ich bin Isa Callari. Ich komme von der Zeitung des Loan Ara«
»Und was genau tun Sie an Bord eines Kriegsschiffes der Silvirengla Legion?«
»Ich bin Reporterin«
»Reporterin … Hier draußen nennt man das wohl eher
Kriegsberichtserstatterin«
»Ach was, das Wort klingt so hart«
»Es ist ja auch nicht gerade eine Kreuzfahrt, auf die Sie sich da begeben haben«
Es war der ausdrückliche Wunsch aller Offiziere der Silberengel gewesen, dass sie es eben nicht wünschten, den gesamten Feldzug gegen das Duyari Imperium über permanent von irgendwelchen Reportern belagert zu werden. Sie hatten jede bitte jedes Senders und jeder Zeitung direkt abgewiesen, Kriegsberichtserstatter mit in diesen Kampf zu nehmen. Dass sich aber nun einer von ihnen einfach an Bord schlich, musste Laer zugeben, hatte er am allerwenigsten von allen möglichen Ereignissen erwartet.
»Hm« Laer stand wieder aus seinem Sessel auf, ging um den Tisch herum und lehnte sich dagegen »Und was genau erwarten Sie, großartiges zu erfahren, wenn Sie mit uns kommen? Umkehren ist jetzt nicht mehr. Wir sind mitten in duyarischem Raum auf dem Weg zu einem Einsatz. Selbst wenn Sie sich jetzt noch umentscheiden würden … Sie könnten es nicht«
Isa räusperte sich und hob das Kinn. »Ich will Eure persönliche Erstatterin für das Kriegstagebuch der Silberengel sein«, sagte sie entschlossen.
Laer zog eine Augenbraue hoch und stieß sich vom Tisch ab. Er ging zum Fenster des Zimmers herüber, vor dem die Sterne im Hyperraum in einem langen blauen Licht vorbeizogen.
»Kriegstagebuch …«, sagte er leise, jedoch noch so laut, dass sie es hören konnte. Dann drehte er sich wieder zu der Reporterin um »Und warum glaubt der Loan Ara, dass unsere Legion ein Kriegstagebuch bräuchte?«
»Weil es für