SPY - Hotspot Kinshasa. Arno Strobel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Arno Strobel
Издательство: Bookwire
Серия: SPY
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783732013739
Скачать книгу
sich ebenfalls um ein Lächeln.

      Wie hätte er seinem Freund auch erklären sollen, was er sich selbst nicht erklären konnte! Dieses komische Gefühl, wenn er an seinen Vater dachte. Und an Martin.

      6

      Der Abschied fiel recht kurz aus.

      Michael hatte darauf bestanden, Nick mit der S-Bahn zum Flughafen zu begleiten, nachdem der schon das Angebot von Michaels Vater abgelehnt hatte, ihn mit dem Auto zu bringen. Nick wusste, dass es für Dirk Buschmann einen ziemlichen Stress bedeutet hätte, weil er gleich im Anschluss zur Arbeit und dafür mit dem Auto kreuz und quer durch Berlin gemusst hätte.

      Ein weiterer Grund für seine Ablehnung war allerdings auch die Befürchtung gewesen, Michaels Vater während der ganzen Fahrt von Amerika erzählen zu müssen.

      »Hey, komm bloß heil wieder zurück, klar?«

      Nick umarmte seinen Freund und klopfte ihm kumpelhaft auf den Rücken. »Na klar, was denn sonst?«

      »Wann treffen wir uns wieder?«

      »Lass dich überraschen.«

      Michael nickte. »Ja, das dachte ich mir schon. Typisch Geheimagent.«

      Sie sahen sich noch einmal in die Augen und nickten sich zu, dann wandte Nick sich ab, ging, ohne sich noch einmal umzusehen, zum Schalter einer Wechselstube und tauschte eintausend Pfund in US-Dollar. Das sollte reichen. Notfalls konnte er vor Ort in einer Bank mehr eintauschen.

      Anschließend begab er sich zur Passkontrolle. Einen Koffer musste er nicht aufgeben und das Check-in hatte Carol schon online für ihn erledigt.

      Den Aufenthalt im Pariser Flughafen Charles de Gaulle verbrachte Nick größtenteils schlafend, lang ausgestreckt über drei Sitze in einem etwas abseits gelegenen Gate.

      Als der Airbus A330 von Paris dann am Abend um kurz vor halb neun auf der Rollbahn des Flughafens Kinshasa N’djili aufsetzte, rutschte Nick nervös auf seinem Sitz hin und her und konnte es nicht erwarten, endlich aussteigen und sich auf den Weg zu seinem Vater machen zu können.

      Zehn Minuten später konnte er das Flugzeug verlassen. Nick atmete die drückend warme Luft ein und augenblicklich brach ihm der Schweiß aus. Die Temperatur betrug gefühlte dreißig Grad, die hohe Luftfeuchtigkeit tat ihr Übriges.

      Während er die Treppe hinabstieg, sah er sich um.

      Der Flughafen war kleiner, als Nick ihn sich vorgestellt hatte. Auch dass für ein große Maschine wie den Airbus kein Gateway zur Verfügung stand, sondern Treppen herangerollt worden waren, wunderte ihn.

      Nachdem er in einer langen Schlange mit den anderen Reisenden ein Stück über das Flugfeld gegangen und das Flughafengebäude betreten hatte, wurden sie zu vier nebeneinanderstehenden Kabinen geleitet, in denen Beamte saßen, die die Reisepässe und die Visa kontrollierten.

      Nick stellte sich an und beobachtete die vier Beamten der Zollbehörde, wie sie jeden einzelnen Ausweis mit kritischem Blick begutachteten und mit denjenigen verglichen, die vor ihren Kabinen standen. Er hoffte, dass man ihm die Geschichte abnahm, die er sich zurechtgelegt hatte. Und dass mit dem gefälschten Visum, das zusammengefaltet in seinem gefälschten Reisepass lag, alles in Ordnung war.

      Als Nick nach etwa zwanzig Minuten an der Reihe war, lächelte er dem jungen Mann freundlich zu, dessen Blick mehrmals zwischen dem Reisepass, dem Visum und Nicks Gesicht wechselte.

      »Reisen Sie alleine?«, fragte der Mann in einem Französisch, das von einem Akzent gefärbt war, den Nick bisher noch nicht gehört hatte. Er hatte sich während des Fluges von Bruno mit allen wichtigen Informationen zur Demokratischen Republik Kongo versorgen lassen und wusste, dass die Sprache der ehemaligen belgischen Kolonialherren auch nach der Unabhängigkeit die Amtssprache geblieben war, dass aber in großen Teilen des Landes und auch in Kinshasa überwiegend Kikongo und Lingála gesprochen wurde.

      »Ja, ich besuche meinen Vater. Er arbeitet in Kinshasa«, antwortete Nick, woraufhin der Mann ihn neugierig musterte.

      »Sie sprechen recht gut Französisch für einen Deutschen.«

      »Danke. Das hat mein Vater mir beigebracht«, sagte Nick. »Er sagt immer zu mir, wenn du die Menschen in einem Land kennenlernen möchtest, musst du ihre Sprache sprechen. Und die Menschen in Kinshasa kennenzulernen, lohnt sich auf jeden Fall.«

      Als er beobachtete, wie sich ein wohlwollender Ausdruck auf das Gesicht des Mannes legte, dachte er daran, dass es sich bezahlt machte, dass sie in der Schule nicht nur stupide die Vokabeln und Grammatik der drei Sprachen paukten, die sie sich aneignen mussten, sondern ab dem zweiten Jahr auch verschiedene Fächer in den unterschiedlichen Sprachen unterrichtet wurden, damit sie Sprachpraxis bekamen. So kam es vor, dass der Mathematikunterricht in Spanisch gehalten wurde, während der Lehrer in Geografie Englisch mit ihnen sprach und die Lehrerin eines anderen Fachs Französisch.

      Der Mann reichte ihm seinen Reisepass zurück und nickte zum Zeichen, dass er weitergehen konnte. »Angenehmen Aufenthalt in Kinshasa.«

      »Schleimer«, kommentierte Bruno trocken. »Und die Menschen in Kinshasa kennenzulernen, lohnt sich auf jeden Fall … Pah.«

      Nick hob die Schultern. »Wenn es was nützt. Immerhin bin ich ohne Probleme durchgekommen.«

      An einer Wechselstube innerhalb der Ankunftshalle tauschte Nick fünfzig britische Pfund ein, wofür er immerhin rund einhunderttausend Kongo-Franc in Fünfhunderter-Scheinen bekam. Nachdem er das unhandlich dicke Bündel in seinem Rucksack verstaut hatte, verstand er, warum Carol ihm geraten hatte, besser US-Dollar mitzunehmen.

      Als Nick das Flughafengebäude verließ und sich nach einem Taxi umsah, wurde ihm zum ersten Mal die Andersartigkeit der Umgebung bewusst. Mittlerweile war es kurz nach neun Uhr am Abend. Große Scheinwerfer tauchten das hektische Treiben auf dem Vorplatz des Flughafens in helles Licht.

      Die drückend heiße Luft war erfüllt vom Hupen abenteuerlich aussehender bunter Fahrzeuge und dem Rufen und dem Geschrei unzähliger Menschen, die in farbenfrohe Gewänder gehüllt waren oder schlichte, teilweise verschlissene Kleidung trugen und in Grüppchen zusammenstanden. Von der Sprache, die rings um ihn herum gesprochen wurde, verstand er kein Wort.

      »Bruno, was sprechen diese Leute?«

      »Es wird dir nicht aufgefallen sein, aber wir hören verschiedene Sprachen. Insgesamt werden in der Demokratischen Republik Kongo zweihundertvierzehn bekannte Sprachen und Dialekte gesprochen. Aufgrund der kolonialen Vergangenheit nimmt das Französische den Rang der Amts-, Literatur- und Bildungssprache …«

      »Ja, schon gut«, fuhr Nick dazwischen und bereute es schon, die Frage überhaupt gestellt zu haben. »Kannst du mir nicht einfach nur sagen, was diese Leute hier sprechen? Ohne langen und vor allem überflüssigen Vortrag?«

      »Wie du möchtest.« Nicht zum ersten Mal klang Brunos Stimme beleidigt. »Es gibt vier offizielle Nationalsprachen: Lingála, Kikongo, Tschiluba und zu guter Letzt noch eine kongolesische Variante des Swahili. Ich denke, wir hören hier von jedem etwas.«

      »Danke.« Nick verzichtete auf weitere Fragen, die wahrscheinlich wieder einen Redeschwall nach sich gezogen hätten.

      Er entdeckte ein recht neu aussehendes Taxi ganz in der Nähe und erklärte dem Fahrer, dessen Alter er beim besten Willen nicht schätzen konnte, auf Französisch, wohin er wollte. Der Mann nickte emsig und nannte ihm dreißig Dollar als Fahrpreis, was Nick ohne weitere Verhandlungen akzeptierte.

      Auf dem Weg vom Flughafen zum Kinshasa Grand Hotel, das sich im Stadtteil Gombe in unmittelbarer Nähe des Kongo-Flusses befand, betrachtete Nick durch die Seitenscheibe die vorbeihuschenden Bilder der drittgrößten Stadt Afrikas, ohne die Eindrücke aus den ärmlichen zusammengezimmerten Baracken der Slums wirklich wahrzunehmen, die fast entlang der gesamten Strecke die Straße säumten.

      Nun, wo er ihm so nahe war, kreisten seine Gedanken wieder um seinen Vater. Um diese Konferenz, in der sich die sogenannten Industrienationen geradezu