Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740931360
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der Lichthofgalerie stand und den dicklichen Mann vor der Theke der Fotoabteilung beobachtete.

      Parker war aufgefallen, daß dieser etwas 40jährige Mann trotz des großen Betriebs vor der Theke die Zeit und Nerven hatte, die Prospekte durchzublättern. Normaler wäre es doch wohl gewesen, er hätte sich die bewußten Prospekte eingesteckt und irgendwo abseits vom Getriebe in aller Ruhe durchgelesen.

      Parker glaubte sicher zu sein, daß er einem raffinierten Ladendieb auf der Spur war. Wegen der Entfernung konnte Parker es nicht riskieren, seinen Platz an der Galerie zu verlassen. Der Mann vor der Theke hätte sich ja inzwischen entfernen können. Um diesen möglichen Ladendieb aber in jedem Fall bremsen zu können, griff der Butler in die linke Tasche seines Covercoats und holte ein seltsam geformtes Drahtgebilde hervor, an dem zwei daumendicke Gummistränge baumelten. Schnell und geschickt steckte Parker die beiden Drahtgebilde zusammen und besaß im gleichen Moment eine starke Gabelschleuder. Es handelte sich um eine kleine Gelatinekapsel, die mit roter Leuchtfarbe gefüllt war. Zerplatzte diese Gelatinekapsel im oder auf dem Ziel, trat die Flüssigkeit hervor und färbte alles rot ein.

      Noch konnte und durfte der Butler nicht schießen. Noch blätterte der hartnäckige Kunde in den Prospekten herum. Er schob sich dabei allerdings langsam, kaum merklich, an die Fotoapparate heran, die links von ihm auf der Theke aufgebaut waren.

      Nun sah Parker auch, daß dieser Kunde einen Regenschirm mit sich führte. Sollten darin die gestohlenen Apparate verschwinden?

      Josuah Parkers Gesicht blieb unbeweglich. Nur in seinen eisgrauen Augen war Leben. Sie ließen den seltsamen Kunden nicht aus den Augen. Parker glaubte, auf der richtigen Spur zu sein. Er konnte zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht wissen, daß dieser Mittag der Beginn haarsträubender Abenteuer sein würde …

      *

      Der dickliche, etwa 40jährige Mann war sich seiner Sache vollkommen sicher.

      Nicht umsonst stand er vor der Theke. Sein Regenschirm wartete darauf, einige Fotoapparate aufzunehmen. Er wartete nur noch auf die günstigste Gelegenheit. Er hatte erst vor einer Stunde den Auftrag erhalten, einige Leicas zu besorgen. Prompt machte er sich an die Arbeit. In seinen Augen war dieser Diebstahl nur eine Kleinigkeit.

      Die günstige Gelegenheit bot sich recht bald.

      Zwei jüngere Leute, wahrscheinlich gerade verheiratet, denn sie turtelten noch recht intensiv miteinander, ließen sich von einem der drei Verkäufer Fotoapparate zeigen. Sie waren sehr wählerisch und interessierten sich für immer neue Modelle.

      Auf der Theke stapelten sich die Apparate.

      Der dickliche, korrekt gekleidete Mann mit dem Aussehen eines seriösen Geschäftsmannes, schob sich an das Pärchen heran. Ein schneller Blick in die Runde. Weit und breit kein Detektiv zu sehen. Für solche Personen besaß er nämlich einen sicheren Instinkt. Er war kein Anfänger in der Branche.

      Sein Blick glitt an den Galerien des Lichthofes hoch.

      Erfahrungsgemäß konnten sich dort an den Brüstungen Hausdetektive aufgebaut haben. War die Luft rein?

      Sie war sauber wie nach einer chemischen Behandlung. Das scharfe Auge des Trickdiebes konnte keinen Detektiv erspähen.

      Blitzschnell machte er sich an die Arbeit.

      Der scheinbar seriöse Geschäftsmann rempelte die junge, verliebte Frau ungeschickt an, entschuldigte sich wortreich und hob ihre zu Boden gefallene Tasche auf. Gleichzeitig ließ seine linke Hand einige Fotoapparate im Regenschirm verschwinden.

      Das alles geschah mit solch einer Schnelligkeit, die glatt Bewunderung verdiente, hätte sie nur einem besseren Zweck gedient. Weder die Kunden vor der Verkaufstheke noch die Verkäufer dahinter merkten etwas von diesem raffinierten Diebstahl, zumal der Trickdieb die Prospekte durcheinander geworfen und über die Apparate verstreut hatte.

      Der Trickdieb entschuldigte sich noch einmal und schickte sich an, in der Menge zwischen den Verkaufsständen zu verschwinden. Ihm kam es darauf an, den nun gefährlich gewordenen Regenschirm verschwinden zu lassen.

      Zu diesem Zweck wartete neben einem runden Verkaufstisch ein junger Mann. Auch er trug einen Regenschirm. Doch dieser Schirm enthielt keine Beuteware. Er hätte von jedem noch so mißtrauischen Detektiv untersucht werden können.

      Der Trickdieb steuerte auf diesen jungen Mann zu. Er wollte die Regenschirme austauschen. Alles schien vollkommen glattzugehen. Geduld und Vorsicht hatten sich wieder einmal gelohnt.

      Dachte er …!

      Plötzlich zuckte er unter dem Anprall eines kleinen Geschosses zusammen. Er spürte einen an sich harmlosen Schmerz auf der Stirn. Und erschrak. Steif, wie erstarrt, blieb er stehen. Seine Finger hatten sich rot gefärbt.

      Blut …?!

      Er spürte die warme Flüssigkeit auf der Nasenwurzel, auf den Wangen. Er sah erschreckte Gesichter, entsetzt aufgerissene Augen, die ihn anstarrten. Einige Kunden um ihn herum deuteten auf sein Gesicht. Eine bereits bejahrte Frau stieß einen ersten, gellenden Schrei aus.

      Parkers Geschoß hatte getroffen. Der Trickdieb war gezeichnet worden. Der so seriös aussehende Geschäftsmann spürte eine bleierne Schwäche in den Beinen. Er fühlte sich tödlich getroffen und verwundet. Er taumelte gegen den Verkaufstisch und merkte gar nicht, daß sein Regenschirm schnell und geschickt ausgetauscht wurde.

      »Hilfe … Hilfe …«, murmelte der Trickdieb mit versagender Stimme. »Hilfe, ich verblute.«

      »Aber nicht doch«, sagte in diesem Augenblick eine beruhigende Stimme neben ihm. »Ich werde Sie in den Rettungsraum bringen. Kommen Sie …!«

      Der Trickdieb spürte sofort, daß diese beruhigende Stimme Gefahr bedeutete. Ein Hausdetektiv mußte ihn angesprochen haben. Für solche Sprachschwingungen besaß er ein feines Gehör.

      Und er dachte an den wohl gefüllten Regenschirm. Wurden die gerade gestohlenen Apparate gefunden, war er geliefert. Zwei einschlägige Vorstrafen hatte er bereits auf dem Buckel. Wurde er nun zum dritten Mal überführt, konnte er sich auf einen langjährigen Aufenthalt hinter stählernen Gittern gefaßt machen.

      In seiner Panik beging er den Fehler, flüchten zu wollen. Er stieß die erschreckt aufschreienden, eben noch mitfühlenden Kunden zur Seite und rannte los.

      Er kam nicht weit.

      Er verfing sich in der Kompakt zusammengedrängten Menschenmenge. Dann spürte er eine harte Hand auf seiner Schulter.

      »Stecken Sie’s auf«, sagte die Stimme, die ihm äußerst unangenehm war. »Kommen Sie mit ins Büro! Ich glaube, Sie haben mir etwas zu sagen.«

      Der Trickdieb ließ resigniert den Kopf sinken. Er dachte an die Fotoapparate in seinem Schirm. Er wußte noch nicht, daß die beiden Schirme ausgewechselt worden waren. Sonst hätte er vielleicht eine Lippe riskiert, wie es in seiner Branche so treffend hieß …

      *

      Der junge Mann mit dem wohlgefüllten Regenschirm strebte langsam dem Ausgang zu. Er verhielt sich vollkommen normal und ging keinen Deut schneller, als es angebracht war. Er war sich seiner Sache vollkommen sicher. Der Trick mit den vertauschten Regenschirmen war schon oft praktiziert worden. Warum sollte ausgerechnet heute eine Panne passieren?

      Natürlich dachte er über seinen Mitarbeiter nach. Er konnte sich nicht erklären, was seinem älteren Partner passiert war. Auch der junge Mann hielt die rote Flüssigkeit auf dem Gesicht seines Partners für Blut. Wie es zu dieser Verwundung gekommen war, konnte er sich nicht erklären. Hauptsache aber war und blieb, daß er die Beute aus dem Warenhaus bringen konnte. Alles andere würde sich schon von allein ergeben.

      Der junge Mann stand dicht vor dem Ausgang. Er hielt einen Moment inne und sah zurück. Von seinem Partner war nichts zu sehen. Das Geschiebe und Gedränge zwischen den Theken war zu stark. Die Sicht war ihm versperrt.

      »Können wir Sie einen Moment sprechen?«

      Der junge Mann blieb wie festgenagelt stehen. Langsam nahm er den Kopf zur Seite. Neben ihm stand ein