Von den positiven Ergebnissen der „Verschiebetechnik“ in einer solchen Situation angespornt, versuchte ich in immer schwierigeren Situationen dieses gedankliche Vorgehen. Der Straßenverkehr ist ein hervorragendes Übungsfeld. Wie viele unvernünftige, aggressive, nachlässige und rücksichtslose Verkehrsteilnehmer begegnen einem nicht Tag für Tag. Die Taxifahrer, die unvermittelt irgendwo halten, die Lieferanten, die in der zweiten Reihe parken und einen Stau verursachen, die Fahrradfahrer, die sich um keine Verkehrsregeln kümmern usw. Ich denke, ich kann hier mit meiner Aufzählung aufhören, Sie haben sicher genügend eigenes „Anschauungsmaterial“ im Kopf.
Ich entdeckte, dass die Technik, die ich durch meinen Nachbarn gelernt hatte, immer funktionierte. Das einzige Problem war, dass ich für meine Umgebung unverständlich reagierte. „Wie kannst Du gegenüber einem solche Rüpel so rücksichtsvoll sein?“, war der Vorwurf, den ich von manchem Beifahrer zu hören bekam. Es gelang mir nicht immer, in kurzer Zeit und mit einfachen Worten Verständnis für meine Vordergrund-Hintergrund-Technik zu erreichen.
Ich dachte, was in Verkehrssituationen so gut funktionierte, müsste doch auch in anderen Situationen des Lebens anwendbar sein: im Büro, im Umgang mit Bekannten oder wenn ich mich über mich selbst ärgerte. Aber nicht nur Ärger müsste sich damit aus der Welt schaffen lassen. Wie wäre es, wenn es gelänge, mit dieser Technik das eigene Leben mit anderen Augen zu sehen, sich mehr über das eigene Leben zu freuen?
Könnten Sie sich vorstellen, diese Technik einmal auszuprobieren? Sie werden überrascht sein, was das bei Ihnen auslöst!
Was ich bisher Vordergrund-Hintergrund-Technik genannt habe, ist nichts anderes als die Veränderung von Einstellungen.
1.2 Einstellungen bestimmen unser tägliches Leben
Eine weitere Geschichte aus dem Alltag:
„Du musst mit dem Hund spazierengehen!“
Unser Hund ist eigentlich der Hund meiner Tochter. Sie hat ihn von einem Freund geschenkt bekommen. Allerdings studiert meine Tochter, lebt in einer anderen Stadt und kann sich daher nicht um den Hund kümmern. Meine Frau meinte, das sei kein Problem, wir (und sie dachte dabei wohl an sich selbst) würden den Hund gerne übernehmen. In der Realität sieht das – wie so oft – anders aus: Auch meine Frau hat oft keine Zeit und so bleibt es an mir, mit dem Hund spazieren zu gehen.
Der Hund hat ein süßes Gesicht, jeder der ihm begegnet, möchte ihn streicheln – aber er ist unerzogen und folgt kaum.
Spazierengehen ist etwas Schönes, es entspannt, man kann sich seine Gedanken machen – aber es kostet Zeit, die ich im Allgemeinen für andere Dinge verplant habe. Man liest immer wieder, wie wichtig es ist, sich regelmäßig zu bewegen – aber ich mache schon mein regelmäßiges Training und das Laufen ist für mich nicht ideal, weil mir oft die Hüfte weh tut.
Wir leben in der Nähe eines Parks, den ich sehr liebe und der mir immer wieder, eigentlich bei jeder Tages- oder Jahreszeit und bei jedem Wetter neue Ausblicke bietet, neue Entdeckungen von Blumen oder anderen Pflanzen zulässt – aber ich kann mich nicht zu sehr auf die Natur konzentrieren, denn ich muss aufpassen, dass ich den Hund nicht verliere. Er hat wohl in seiner Jugend schlechte Erfahrungen mit einem anderen Hund gemacht und hat daher Angst vor größeren Hunden, die uns begegnen und dann läuft er einfach weg. Was würde meine Frau sagen, wenn ich ohne Hund von dem Spaziergang zurückkäme?
Ist der Spaziergang nun eine Quelle der Freude und Entspannung oder ist er eine lästige Pflicht, die ich übernehme, weil niemand anderes da ist und ich einsehe, dass jemand mit dem Hund spazierengehen muss?
Das ist eine Frage meiner Einstellung zu dieser Aufgabe. Diese Einstellung ist davon abhängig, worauf ich meine Aufmerksamkeit richte. Ich habe die freie Wahl: Ich kann mich von dem hübschen Gesicht des Hundes, von den schönen Seiten eines Spaziergangs, von dem Bewusstsein, etwas für meine Gesundheit zu tun, und von der Schönheit des Parks beeinflussen lassen oder von den negativen Seiten, die ich mir ebenso bewusst machen kann. Es kommt nur darauf an, worauf ich mich konzentriere.
Ist das nicht typisch für ganz viele Situationen im Leben? Unsere Einstellungen sind davon bestimmt, wohin wir blicken, im wörtlichen und im übertragenen Sinn; somit also auch davon, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Häufig haben wir Einfluss darauf, was sich im Vordergrund unseres Bewusstseins befindet.
1.3 Die Macht der Fakten über uns
Das Ziel der Weisheit ist es, dass man den Dingen nur so viel Macht über sich einräumt, als man selbst es will, und dass man sein Schicksal nicht mehr von Außen empfängt, sondern es nimmt, als Atemzug aus dem eigenen Interesse.
Meine geschilderten Erfahrungen in Verbindung mit dem, was ich in meinem Psychologiestudium gelernt hatte, motivierten mich, diesem Thema auf den Grund zu gehen.
Wie wäre es…
● wenn wir in unserem Beruf eine sinnvolle, erfüllende Tätigkeit erleben könnten, anstatt sie nur aus dem Zwang heraus auszuüben, Geld verdienen oder eine Pflicht erfüllen zu müssen?
● wenn wir in Veränderungen (wir verlieren unsere Arbeit, die Kinder gehen aus dem Haus usw.) etwas Schönes sehen könnten, das wir begrüßen, weil es uns neue Erfahrungen schenkt und uns hilft, uns selbst weiterzuentwickeln – statt davor Angst zu haben?
● wenn wir dankbar sein könnten, für das, was wir haben, statt Mangel zu erleben und uns immer wieder darüber zu beklagen, was wir nicht haben?
● wenn wir in unserem Beruf und im Privatleben frei darüber entscheiden könnten, welche Stimmung uns beherrscht?
● wenn wir im Alter „die Morgendämmerung der Weisheit“ sehen, wenn wir „Alter“ mit Reife, Ausgeglichenheit, Erfüllung assoziieren – statt darin den Abend des Lebens zu sehen und mit Schwäche, Krankheit und Siechtum zu verbinden?
● wenn wir Geduld, Güte, Wahrheitsliebe, Demut, Hilfsbereitschaft, Friede, Harmonie und Nächstenliebe oder andere Tugenden empfinden und praktizieren könnten, weil wir uns dafür entschieden haben, statt von Ungeduld, Missgunst, Hochmut, Unfrieden, Ärger und Wut – oder schlimmer: von Enttäuschung, Härte, Zynismus und Hoffnungslosigkeit – beherrscht zu werden?
● wenn wir an unserem Partner auch nach 20 Jahren Ehe noch immer die Eigenschaften im Vordergrund sehen könnten, die uns diesen Partner hatten wählen lassen?
● wenn wir im Tod das Tor zu einer neuen Daseinsform sehen könnten – statt in ihm das Ende zu sehen?
Was wäre, wenn es uns gelänge, solche Einstellungen anderen zu vermitteln, die mit einer der oben aufgezählten Situationen zu kämpfen haben? Könnten wir damit diese Menschen nicht mehr unterstützen als mit jeder anderen Form von Hilfe?
Wenn man einem Hungernden einen Fisch gibt, ist er einen Tag satt.
Gibt man ihm eine Angel, wird er sein Leben lang keinen Hunger mehr leiden.
Die Beschäftigung mit Einstellungen wird sicher auch Ihnen einen Weg zeigen, wie Sie mehr Einfluss auf Ihr Leben und das Leben anderer gewinnen können. Sie werden die Überzeugung gewinnen, dass Sie Ihr Leben in die Hand nehmen können und Sie werden die Fähigkeit erlangen, sich immer dann zu verändern, wenn Sie das wollen. Sie werden aber auch Techniken kennenlernen, mit denen Sie anderen helfen können, ihre eigenen Erkenntnisse auch zu praktizieren.
Das klingt vielleicht etwas überheblich. Ich kann gut verstehen, wenn Sie bei dieser Behauptung Widerstand in sich spüren. Mir würde das nicht anders gehen. Allerdings habe ich die hier beschriebenen Techniken schon seit vielen Jahren ausprobiert und ich konnte nicht nur bei mir, sondern auch bei meinen Kunden, den Teilnehmern der von mir konzipierten Trainings oder den Personen, die ich coachte, solche Veränderungen feststellen.
Akzeptieren Sie die Analogie des Menschen als Computer? Letztlich geht es darum, dass wir lernen, uns selbst oder die Personen, denen wir helfen