Alle Galgenlieder. Christian Morgenstern. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Morgenstern
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027210008
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      Tulemond und Mondamin

       liegen heulend auf den Knien ...

      Der Mondberg-Uhu

       Inhaltsverzeichnis

      Der Mondberg-Uhu hat ein Bein,

       sein linkes Bein, im Sonnenschein.

       Das rechte Bein jedoch des Vogels

       bewohnt das Schattenreich des Kogels.

      Bis hundertfunfzig Grad im Licht

       gibt Herschel ihm (zwar Langsley nicht),

       im Dustern andrerseits desgleichen

       dasselbe mit dem Minuszeichen.

      Sein Wohl befiehlt ihm (man versteht),

       daß er sich stetig ruckweis dreht.

       Er funktioniert wie eine Uhr

       und ist doch bloß ein Uhu nur.

      Der Hecht

       Inhaltsverzeichnis

      Ein Hecht, vom heiligen Antōn

       bekehrt, beschloß, samt Frau und Sohn,

       am vegetarischen Gedanken

       moralisch sich emporzuranken.

      Er aß seit jenem nur noch dies:

       Seegras, Seerose und Seegrieß.

       Doch Grieß, Gras, Rose floß, o Graus,

       entsetzlich wieder hinten aus.

      Der ganze Teich ward angesteckt.

       Fünfhundert Fische sind verreckt.

       Doch Sankt Antōn, gerufen eilig,

       sprach nichts als »Heilig! heilig! heilig!«

      Der Nachtschelm und das Siebenschwein oder eine glückliche Ehe

       Inhaltsverzeichnis

      Der Nachtschelm und das Siebenschwein,

       die gingen eine Ehe ein,

       o wehe!

       Sie hatten dreizehn Kinder, und

       davon war eins der Schluchtenhund,

       zwei andre waren Rehe.

      Das vierte war die Rabenmaus,

       das fünfte war ein Schneck samt Haus,

       o Wunder!

       Das sechste war ein Käuzelein,

       das siebte war ein Siebenschwein

       und lebte in Burgunder.

      Acht war ein Gürteltier nebst Gurt,

       neun starb sofort nach der Geburt,

       o wehe!

       Von zehn bis dreizehn ist nicht klar; –

       doch wie dem auch gewesen war,

       es war eine glückliche Ehe!

      Die beiden Esel

       Inhaltsverzeichnis

      Ein finstrer Esel sprach einmal

       zu seinem ehlichen Gemahl:

      »Ich bin so dumm, du bist so dumm,

       wir wollen sterben gehen, kumm!«

      Doch wie es kommt so öfter eben:

       Die beiden blieben fröhlich leben.

      Der Steinochs

       Inhaltsverzeichnis

      Der Steinochs schüttelt stumm sein Haupt,

       daß jeder seine Kraft ihm glaubt.

       Er spießt dich plötzlich auf sein Horn

       und bohrt von hinten dich bis vorn.

       Weh!

      Der Steinochs lebt von Berg zu Berg,

       vor ihm wird, was da wandelt, Zwerg.

       Er nährt sich meist – und das ist neu –

       von menschlicher Gehirne Heu.

       Weh!

      Der Steinochs ist kein Tier, das stirbt,

       dieweil sein Fleisch niemals verdirbt.

       Denn wir sind Staub, doch er ist Stein!

       Du möchtest wohl auch Steinochs sein?

       He?

      Tapetenblume

       Inhaltsverzeichnis

      Tapetenblume bin ich fein,

       kehr wieder ohne Ende,

       doch, statt im Mai'n und Mondenschein,

       auf jeder der vier Wände.

      Du siehst mich nimmerdar genung,

       so weit du blickst im Stübchen,

       und folgst du mir per Rösselsprung –

       wirst du verrückt, mein Liebchen.

      Das Wasser

       Inhaltsverzeichnis

      Ohne Wort, ohne Wort

       rinnt das Wasser immerfort;

       andernfalls, andernfalls

       sprach es doch nichts andres als:

      Bier und Brot, Lieb und Treu, –

       und das wäre auch nicht neu.

       Dieses zeigt, dieses zeigt,

       daß das Wasser besser schweigt.

      Die Luft

       Inhaltsverzeichnis

      Die Luft war einst dem Sterben nah.

      »Hilf mir, mein himmlischer Papa,«

       so rief sie mit sehr trübem Blick,

       »ich werde dumm, ich werde dick;

       du weißt ja sonst für alles Rat –

       schick mich auf Reisen, in ein Bad,

       auch saure Milch wird gern empfohlen; –

       wenn nicht – laß ich den Teufel holen!«

      Der Herr, sich scheuend vor Blamage,

       erfand für sie die – Tonmassage.

      Es gibt seitdem die Welt, die – schreit.

       Wobei die Luft famos gedeiht.

      Wer denn?