Der exzellente Butler Parker 14 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Der exzellente Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740940096
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itle>Der exzellente Butler Parker – 14 –

      Agatha Simpson zog die Nase kraus und schnupperte argwöhnisch. »Was ist das für ein merkwürdiger Geruch, Mister Parker?«

      Auch dem Butler fielen die Duftschwaden auf, die zum halboffenen Seitenfenster hereinwehten und von Minute zu Minute intensiver wurden.

      »Falls man sich nicht gründlich täuscht, dürfte es sich um das Aroma frisch gerösteten Kaffees handeln, Mylady«, antwortete Josuah Parker, während er sein hochbeiniges Monstrum im rückflutenden Ausflugsverkehr Richtung Innenstadt lenkte.

      »Kaffee?« wiederholte die ältere Dame verdutzt. »Wird denn in London so viel Kaffee getrunken, daß die Röstereien schon am heiligen Sonntag arbeiten müssen?«

      »Auch die Nation der Teetrinker spricht dem genannten Getränk in steigendem Maße zu, Mylady«, gab der Butler Auskunft. »Im vorliegenden Fall dürfte es sich aber kaum um einen normalen Arbeitsvorgang handeln, sofern man eine Vermutung äußern darf.«

      Inzwischen war der Geruch so penetrant geworden, daß Parker rasch die Scheibe hochkurbelte. Beißender Qualm trieb quer über die Straße. Der zuckende Widerschein eines Feuers erhellte den Abendhimmel...

      »Mit Vermutungen gibt eine Lady Simpson sich nicht zufrieden, Mister Parker«, beschied die passionierte Detektivin ihren Butler. »Deshalb werde ich der Ursache dieses infernalischen Gestanks unverzüglich auf den Grund gehen.«

      Eigentlich hatte sich Agatha Simpson nach einer leicht verregneten Landpartie auf die Rückkehr ins heimische Shepherd’s Market gefreut – zumal dort ein opulentes Nachtmahl wartete, das Parker vor der Abfahrt zubereitet und kaltgestellt hatte. Doch im Moment war Lady Agathas Neugier stärker als ihr sprichwörtlicher Appetit.

      »Man wird sich bemühen, Mylady einen ungehinderten Blick auf den Brandherd zu ermöglichen«, versprach Parker und bog von der Hauptstraße ab. Doch so ohne weiteres war das Versprechen nicht einzulösen.

      Die enge Seitenstraße, an der die Kaffeerösterei Ball lag, war mit Feuerwehrfahrzeugen und Schaulustigen derart verstopft, daß der Butler sein schwerfällig wirkendes Gefährt schon zwei Ecken vorher abstellen mußte.

      Diskret half er seiner Herrin beim Aussteigen und achtete fürsorglich darauf, daß Mylady sich auf dem Weg zur Brandstelle nicht in den kreuz und quer verlegten Löschschläuchen verstrickte.

      »Das Feuer dürfte beträchtlichen Schaden angerichtet haben«, bemerkte Parker nach einem Blick auf die qualmenden Reste der hölzernen Lagerschuppen. »Inzwischen scheint der Brand jedoch unter Kontrolle zu sein.«

      Der Feuerwehr war es gelungen, ein Übergreifen der Flammen auf die eigentliche Rösterei und den Bürotrakt zu verhindern. Schon rollten die ersten Löschmannschaften ihre Schläuche ein und traten den Rückzug an. Nur eine Brandwache blieb zurück und spritzte schwelende Balken ab, um ein erneutes Aufflammen zu verhindern.

      Enttäuscht wollte Agatha Simpson umkehren, doch in diesem Augenblick entdeckte Parker auf dem Hof der Rösterei ein bekanntes Gesicht.

      Bei dem untersetzten Mittfünfziger mit dem geröteten Teint und den vorstehenden Basedowaugen handelte es sich zweifelsfrei um Chief-Superintendent McWarden, einen einflußreichen Yard-Beamten, der das Sonderdezernat zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens leitete. Er unterhielt sich gerade mit einem schätzungsweise vierzigjährigen Mann, dem die blonden Haarsträhnen wirr ins Gesicht hingen.

      Unauffällig machte Parker seine Herrin auf die beiden Männer aufmerksam. Im selben Moment hatte auch McWarden das skurrile Paar aus Shepherd’s Market entdeckt und winkte. Rasch verabschiedete er sich von dem Blondschopf und kam näher.

      Der Chief-Superintendent, häufiger Gast im Hause Simpson, hatte sich bei Parker schon manch wertvollen Tip geholt. Er begrüßte Mylady und den Butler mit ausgesuchter Höflichkeit.

      »Sind Sie zufällig hier vorbeigekommen, Mylady?« erkundigte er sich.

      »Was ich tue, ist nie zufällig, mein lieber McWarden«, belehrte Agatha Simpson den Yard-Beamten. »Und was hat Sie hierher geführt?«

      »Wie Sie sich denken können, Mylady, bin ich dienstlich hier«, gab McWarden zurück.

      »Was Sie nicht sagen!« stichelte die passionierte Detektivin. »Ich dachte schon, Sie wollten sich an diesem kühlen Abend ein wenig wärmen.«

      »Natürlich hätte mich der Brand allein nicht vom Schreibtisch weggelockt, Mylady«, antwortete McWarden gelassen. »Aber...«

      »Aber...?« unterbrach Agatha Simpson neugierig.

      »Seit Wochen hält eine Serie von Bränden Polizei und Feuerwehr in Atem«, teilte der Kriminalist mit gedämpfter Stimme mit.

      »Darf man die Vermutung äußern, daß Sie an Brandstiftung denken, Sir?« schaltete der Butler sich ein.

      »In der Tat, Mister Parker«, bestätigte der Chief-Superintendent. »Alle Fälle, die wir bisher untersucht haben, riechen geradezu nach Versicherungsbetrug. Inhaber maroder Firmen wollen sich sanieren, indem sie ihre veralteten Gebäude und Anlagen ›warm abreißen‹, wie man so sagt. Nur haben wir noch keinen einzigen stichhaltigen Beweis.«

      »Das wundert mich nicht im geringsten, mein Lieber«, kommentierte Agatha Simpson, die aus ihrer Meinung über die Polizei nie ein Hehl machte – schon gar nicht in Gegenwart eines Angehörigen von Scotland Yard.

      »Falls es wirklich Brandstiftung war – und davon bin ich fest überzeugt – wurde mit ungewöhnlicher Raffinesse gearbeitet«, fuhr McWarden fort. Er war fest entschlossen, sich von der resoluten Lady nicht provozieren zu lassen.

      »Einen entsprechenden Verdacht hegen Sie auch im konkreten Fall der Kaffeerösterei Ball, Sir?« hakte Parker nach, und McWarden nickte.

      »Der Mann, mit dem ich eben sprach, ist Daniel Ball, der Inhaber«, teilte McWarden mit. »Angeblich kann er sich nicht erklären, wodurch der Brand ausgebrochen ist, zumal am Sonntag alle Anlagen abgeschaltet sind. Aber ich traue dem Kerl nicht über den Weg und werde seine Angaben bis zum letzten i-Punkt überprüfen.

      »Daß der Lümmel was auf dem Kerbholz hat, sieht man ihm doch schon an der Nasenspitze an«, behauptete die ältere Dame im Brustton der Überzeugung. »Wenn Sie über den unfehlbaren kriminalistischen Instinkt verfügen würden, mein geschätzter McWarden ...«

      »Als Beamter bin ich verpflichtet, bei der Ermittlung rechtsstaatliche Grundsätze einzuhalten, Mylady«, entgegnete der Chief-Superintendent leicht gereizt. »Das dauert zwar manchmal etwas länger, führt aber auch zum Ziel.«

      »Bisweilen, mein lieber McWarden, bisweilen«, schränkte die passionierte Detektivin ein. »In allen wirklich brisanten Fällen hätten Sie ohne meine Hilfe passen müssen.«

      »Ihnen und Mister Parker habe ich wirklich einiges zu verdanken«, gestand McWarden brummig. »Dennoch ...«

      Er sprach seinen Satz nicht zu Ende, weil in diesem Augenblick ein junger Polizist herbeieilte. »Ein dringender Funkspruch, Sir«, meldete er.

      »Ich komme«, nickte McWarden und verabschiedete sich von Lady Simpson und ihrem Butler.

      »Falls es recht ist, komme ich morgen zum Frühstück vorbei, um mit Ihnen über diese Brandserie zu sprechen«, kündigte der Chief-Superintendent im Weggehen noch an.

      Postwendend wollte Agatha Simpson protestieren. Grundsätzlich hatte sie gegen einen Besuch McWardens nichts einzuwenden. Aber mußte er denn immer zum Frühstück erscheinen?

      Für eine Ausladung war es jedoch zu spät. McWarden war bereits eiligen Schrittes zwischen den Feuerwehrautos verschwunden.

      *

      »Für wen ist denn das zweite Gedeck bestimmt, Mister Parker?« erkundigte sich Lady Agatha mißtrauisch, als sie am nächsten Morgen am Frühstückstisch Platz nahm.

      »Fraglos dürften Mylady sich erinnern, daß Mister McWarden gestern abend den Wunsch äußerte, mit Mylady über die Brandserie zu sprechen«, erläuterte Parker.

      »Wenn er sich einen Rat bei mir holen will – nun gut. Ich bin ja kein Unmensch«, entgegnete die Hausherrin. »Als alleinstehende Frau kann ich es mir