Bayerische Geschichten. Lena Christ. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lena Christ
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831460
Скачать книгу
dessen Insassen und die andern Besucher und treibt danach wieder ihre Ochsen an.

      Und auch die Mirl werkt nach einem kurzen Blick auf die Angekommenen wieder weiter, ohne ihrem Vater, der die Schneidmaschine bedient, auch nur ein Wort zu sagen.

      So kommt es, daß die vier Mannsbilder reichlich und gutding Zeit und Derweil haben, sich den Moserhof und die eine von den Erbinnen genau zu betrachten. Auch kommt bald eine kleine Unterhaltung in Gang zwischen ihnen.

      »Habts aa a Gschäft da?« fragt einer von den Reisersöhnen.

      »Ja.«

      »Woher seids denn ös?«

      Die beiden andern tun fremd. »Mir ghörn net zsamm. Mir ham grad oan Weg ghabt. Oana is von Lindach und der ander von Au.«

      Die beiden Reiserbuben wollen noch mehr wissen. »Seids leicht da zwegn an Viech?«

      Aber die andern zwei haben bloß ein Nein als Antwort.

      Und der eine, kein anderer als der Schneithubermichel von Au, stellt sogar eine Gegenfrage: »Zwegn was seids denn ös da? Eppa zwegn dera da hint?« Er zwinkert vielsagend mit den Augen nach der Nanndl hin.

      Doch die Reisersöhne sind auch nicht dumm. Sie wollen bloß um einen Heißen fragen – um ein Rößl, ein gutes.

      Aha. Nun ja. Er, der Michel, will bloß ein paar Zentner Samenweizen. Und sein Weggefährte, der Schweigerlenz von Lindach, will um ein schweres Stierkalb fragen. Denn die Moserkälber sind gar berühmt weit und breit! Nur so nebenbei meint er: »Der wird jetz hübsch überlaufa werdn, der Moserbauer. Zwegn dee Weibsbilder, moan i.«

      Jetzt sind es die anderen, die sich unwissend stellen. »Warum zwegn dee Weibsbilder? – Ja so – zwegn eahnan Heiratsguat. No ja – mei – der oa möcht die und der ander die ...«

      Die Unterhaltung gerät ins Stocken, denn die Nanndl spannt auf einen Pfiff ihres Vaters hin die Ochsen aus und weist sie in den Stall. Und die Mirl steigt vom Heuboden herab und geht ins Haus, indem sie die Angekommenen mit einem züchtigen »'ß Good beinand« begrüßt.

      Derweil tritt auch der Moserbauer aus der Tenne und sieht die Leut.

      Er geht bedächtig auf sie zu, hört sich ihren Gruß und ihre Wünsche an und sagt: »Hübsch Schnee ham mir wieder kriagt, ja. Is aber recht. Nachher tuat eahm der Frost net so viel – an Troad ...«

      »Hast an Samawoaz für mi?« fragt, ihn unterbrechend, der Michel von Au. Denn er ist der Ungestümste von allen Freiern.

      Doch der Moserbauer ist nicht auf den Kopf gefallen. Er weiß genau, was der ander will. »Wieviel Tagwerk möchst denn anbaun damit?« fragt er.

      »Fuchzehne«, sagt der Michel arglos.

      »Baust mehra Korn? Oder hast a Tagwerk Mischling aa im Sinn?«

      Je nun. Auf solche Fragen sagt jeder die Wahrheit. Und so erfährt der Moser, daß man beim Schneithuber so an die zwanzig Tagwerk Korn, fünf bis sechs Tagwerk Mischling und etwa zwanzig Tagwerk Haber anbaut. Erdäpfel gibt's auf zwölf Tagwerk Land.

      Und der Alte rechnet im Kopf: »Fuchzehne – fünfadreißg – vierzg – sechzg – siebazg. Und Wiesen ... aha. Wird er leicht so hundert Tagwerk stark sein.«

      Er mustert genau den Anzug vom Michel. Er wär' gar nicht übel; gutes Tuch – der Mantel schwer – die Stiefel vom Bauernschuster gemacht – keine Stadtware.

      »Alsdann, i will schaugn«, sagt er langsam, »ob i dir no a paar Zentner gebn kann. Geh eine in d' Stubn derweil und hock di a weng nieder.«

      »Ja, Herrgott! Das schaut ja schier aus, als täts was werden!« denkt schmunzelnd der Michel. Und die andern denken zähneknirschend dasselbe.

      Der Schweigerlenz aber kann sich nicht mehr beherrschen. Er vergißt ganz auf sein Stierkalb und auf die angestammte Bauernschlauheit.

      »Daß d' jetz du den Pfennigfuchser zu an Tochtermo nehma magst!« sagt er. »Da gäbs do wirkli no andere aa, die für a deinigs Dirndl passetn. Schaug mi o! Der oanzige Bua, hundertfuchzg Tagwerk und vierzg Stuck Vieh im Stall! Und schuldenfrei! Durft si a jede d' Finger bis zu dee Ellabogn abschlecka, bal s' mi kriagn kunnt!«

      Au weh, Lenz! Diesmal hast du zu weit geschossen! Der Moserbauer lacht bloß. Und schüttelt den Kopf. Das Antworten aber besorgen die beiden Reiserbuben.

      »Ja, da schaug her!« meint der eine. »A solchener ist mir aa no net vürkemma, der si selber anfeilt wie der billige Jakob sei Kraxenglump!«

      Und der andere fügt bei: »Und vom Fingerabschlecka is beim Moserbauern seine Töchter überhaupts koa Red, dees mirkst dir! Die Arbeit derfst scho du selber macha!«

      Solche Worte sind keine schöne Musik für den Lenz und auch kein Schlafpülverlein. Sie sind eher zu vergleichen mit den Stichen der Wespen oder Hornissen, und es ist nicht zu verwundern, daß der gute Lenz in die Höh' fährt und zuschlägt.

      »Wird di aber weni oder gar nixen ogeh!« schreit er. »Und den andern Springginkerl aa net! Gott sei Dank, daß mir net drauf ostehn auf die paar Kreuzer vom Moserbauern! Aber ös Hungerleider! Ös Fretter! Ös ...« Weiter kommt er nicht, denn die Reiserbuben haben ihn schon bei der Gurgel und bei den Haaren.

      Aber just in dem Augenblick erscheint der festtäglich aufgeputzte Windelbauer von Straß im Hof. »Ja, Himmelseiten! Is bei enk heunt scho Kirta?« fragt er verwundert; »jetz hab i gmoant, i geht auf Brautschau, derweil kimm i zum Raafa recht.«

      Und er wendet sich zum Moserbauern, der vergebens versucht, die drei Hitzköpfe zu beruhigen: »Zwegn was gehts denn her, Moser? Hams dein Zweschbenschnaps derwischt? Oder gehts zwegn dee Weiber her?«

      Der Moser winkt ab. »Ah was! Laß s' raaffa! Die hörn scho wieder auf, bals gnua habn. – Wo kimmst her und was möchst?«

      Der Windelbauer schiebt unternehmend den Hut ins Genick. »Was i möcht, fragst«, sagt er. »Paß auf, i sag dirs glei grad außa: a deinige Tochter möcht i.« Der Moser tut verlegen. »A so sagst! A meinige Tochter möchst? Ja mei, Windel, da werds epps habn. Die andern da, die drei – und der Schneithubermichl vo Au möchtn halt aa oane. Und ich hab grad zwee. Und a Stuck a fuchzehne san scho dagwen und habn gmoant, es muaß sein. Kannst ja amal einegeh in d' Stubn.«

      So was hört jeder gern, wenn's ihn selber angeht. Aber die drei, die sich derweil noch rechtschaffen abgerauft und abgestritten haben, haben auch gute Ohren. Und es paßt ihnen gar nicht, daß da schon wieder einer den Vorzug haben soll.

      Darum wenden sie sich nun endlich an den Moserbauern mit ihrem Anliegen: »Der Voda laßt dir sagn, obst net an saubern Heißen hättst? An Schimmel oder a Rapperl. Was er kosten soll, will er aa wissen, und du sollst amal umeschaugn zu eahm. Er hätt allerhand zum dischbetiern mit dir. Und d' Muata hat uns epps mitgebn für deine Dirndln.«

      Sie holen geschäftig ein Handkörblein aus dem Schlitten. »A paar Zuckersträuberl, daß's a süaß's Mäu kriagn, deine Dirndln.«

      Der Moser lacht sein verschmitztes Lachen. »Aha. Für d' Dirndln, sagts. – Und zwegn an Heißn, sagts. Aha. No ja. Müaßts halt amal eineschaugn. Spannts halt aus derweil. Wern mirs nachher scho sehng.«

      Also. Nun sind alle glücklich beieinander bis auf den Schweigerlenz.

      Dem aber fällt plötzlich das Stierkalb ein, und er tut so wichtig und lobt die Kälber des Moserstalles so sehr, daß der Alte wirklich nichts Besseres zu tun weiß, als auch ihn zu bitten, er mög' ins Haus gehen.

      So sind sie denn alle beisammen, die Freier. Und der Moserbauer pfeift seinen Töchtern. »A Bier am Tisch und a Brot für d'Leut!« befiehlt er.

      Die beiden erscheinen schüchtern und mit fromm gesenktem Blick. Und nachdem sie das Gewünschte auf den Tisch gebracht haben, verlassen sie sogleich wieder die Stube.

      Dafür erscheint jetzt die Moserbäuerin, eine dicke, hinkende Alte mit vorquellenden Augen und einem dichten Bartflaum um Mund und Kinn.

      »So,