Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Dominik
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831613
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      »So! Hier wird es niemand entdecken! Wenigstens nicht, wenn die Leute in der Gegend noch denselben Respekt vor der Odinshöhle haben wie früher.«

      »Sie haben ihn. Die Schäfer und Waldläufer hier glauben immer noch, daß allerhand Geister in der Höhle hausen.«

      Erik Truwor sagte es lachend.

      »Selbst am lichten Tage machen sie einen Bogen um die Höhle. So leicht wagt sich niemand hinein, so breit und offen ihr Eingang auch daliegt. Sie haben Respekt davor, und sollte er nachlassen, so haben wir das Mittel, ihn wieder aufzufrischen.«

      Er deutete dabei auf den Strahler an Silvesters Seite. Aus dem Dunkel der Höhle traten die drei wieder an den sonnigen Tag. Sie folgten dem Pfade flußabwärts und erreichten das alte Stammhaus der Truwors, das hier aus Birken und Föhren hervor auf den Torneaelf hinabschaute.

      »Britannia rules the waves, Britannia rules the winds.« Aus Hunderttausenden von Kehlen drang die alte Melodie mit neuem Text und brauste über die blauen Wasser des Solent. Die Flotte der leichten englischen Luftstreitkräfte war plötzlich am Himmel sichtbar geworden. Ihr Erscheinen bildete den Auftakt und Anfang der großen Wettbewerbe, die am 11. Juni von der Aeronautical Federation of G. B. und dem Imperial Aero Club über dem Meeresarm zwischen der Insel Wight und der englischen Küste veranstaltet wurden. In Geschwadern zu je hundert kamen die Flugzeuge angeschossen. Tauchten irgendwo in der Ferne aus dem Blau des Himmels oder des Ozeans auf. Bildeten zu hundert in der Luft ein lateinisches V wie die Zugvögel und hielten die Figur genau geschlossen, während sie allerlei Evolutionen vollführten.

      Geschwader auf Geschwader tauchte auf, bis es schließlich ihrer tausend waren. Bis hunderttausend Flugzeuge in einer dichten Wolke den Azur des Firmaments mit dem silbernen Schimmer blanken Leichtmetalles durchsetzten.

      Die Menge, welche schwarz die Ufer und Klippen des Solent umsäumte, sang spontan das alte Lied. Unbekümmert von aller politischen Spannung waren die Massen hierher gepilgert, um ein sportliches Schauspiel zu sehen. Aber der Anblick der unüberwindlichen englischen Luftflotte führte zu diesem elementaren Ausbruch patriotischen Gefühles. Geschickt hatten es die Regierenden verstanden, dem Empfinden der Menge Rechnung zu tragen und sich gleichzeitig von der Schlagfertigkeit und Alarmbereitschaft der Luftflotte zu überzeugen. Das Singen, das Schwenken von Tüchern und Hüten nahm kein Ende, solange noch ein Flugzeug zu sehen war. Dann … so plötzlich wie die Flotte auftauchte, war sie auch wieder verschwunden. Von Yarmouth bis zum Atlantik, von den Orkneys bis zu den Kanalinseln stand sie wieder über den Küsten wie ein geschlossener Hornissenschwarm. Bereit, jeden Gegner auf dem Wasser und in der Luft mit giftigem Stachel anzufallen und zu vernichten.

      Ein Teil des Uferfeldes war von der Menge frei gehalten worden. Hier lagen die Luftjachten, in denen die vornehmen Mitglieder der veranstaltenden Klubs zu dem Schauspiele gekommen waren. Dort schwer und breit, mit überreichem Zierat beladen, goldglänzend die Jacht des Radscha von Rankure. Wenige Meter davon entfernt die wundervollen Flugschiffe der Norfolks, Sommersets, der Cecils und vieler anderer. In der Mitte von allen diesen der gestreckte Leib einer Aluminiumjacht. Sie gehörte dem Vierten Lord der britischen Admiralität, Seiner Herrlichkeit Lord Horace Maitland auf Maitland Castle.

      Lord Horace Maitland hatte in seiner amtlichen Stellung die Verwaltung der Luftstreitkräfte unter sich. Er gehörte dem Präsidium des Imperial Aero Club an, und der große Empfangssalon seiner Jacht bildete den Treffort für alle diese Aristokraten der Geburt und des Geldes, deren Flugschiffe das Feld bedeckten.

      Der Salon der Jacht bot durch große Zellonspiegelscheiben nach drei Seiten hin freien Ausblick. Nur die vierte Wand war massiv. Zwei schmale Türen führten zu den Privat- und Wirtschaftsräumen des Flugschiffes. Den mittleren Teil der Wand nahm eine Gruppe von Palmen und Blattpflanzen ein. Ein gewaltiger Löwenkopf aus schwerer Bronze war etwa in Brusthöhe an der Wand befestigt und warf einen Strahl frischen Wassers in ein Muschelbecken zwischen den Palmen. Sessel und Tische waren dazwischen gruppiert.

      Hier saß die Herrin der Jacht, Lady Diana Maitland, im Kreise ihrer Besucherinnen. Wie die Herren ausnahmslos im Klubanzug erschienen waren, so trug auch Lady Diana den Sportdreß des Aeroklubs. Schlank und rank erschien ihre jugendliche Gestalt in dem fußfreien Rock und dem enganschließenden Jackett aus marineblauem Tuch. Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgten auch die Damen die Vorgänge in den Lüften, mit besonderem Interesse Lady Diana selbst. Immer wieder hob sie den Feldstecher empor, um sich keine Einzelheit entgehen zu lassen. Ihre dunklen Augen blitzten erregt. Eine leichte Röte lag auf ihren Wangen. Jeder Nerv in ihr vibrierte, als ob sie selbst an den Wettkämpfen dort oben teilnähme. Ein Beobachter hätte unschwer feststellen können, daß ihr Temperament und Wesen nicht englisch waren, daß nicht allein ihre Eigenschaft als Gattin des Luftministers sie besonders an diesen Vorführungen interessierte, sondern daß ihre andersgeartete Natur die Freude an den aufregenden Kampfspielen viel stärker zu erkennen gab, als es bei den Damen ihrer Umgebung der Fall war, deren schwerflüssiges englisches Blut auch hier die gewohnte kühle Reserve wahrte.

      Die letzten Flieger der englischen Wehrmacht waren am Horizont verschwunden. Alle Gäste wußten, daß man das eben gesehene Schauspiel den Anordnungen des Lords zu verdanken hatte, und sie hielten mit ihrer Anerkennung nicht zurück.

      »Brillant,« knurrte Kommodore Morison, »schade, daß die Amerikaner nicht dabei waren. Würden es sich danach überlegen, mit uns anzubinden.«

      »Die Amerikaner werden nicht kommen«, bemerkte Mr. Pykett, der australische Baumwollkönig, trocken.

      »Wetten, daß sie kommen?« fiel ihm der Viscount Robarts ins Wort. Viscount William Robarts, der nie eine Gelegenheit vorübergehen ließ, eine Wette zu riskieren.

      »Ich glaube doch nicht«, meinte Mr. Pykett.

      Der Viscount zog die Uhr. »Zehn Pfund darauf, daß das erste amerikanische Boot in fünf Minuten hier ist.«

      Lord Horace Maitland stand dicht dabei. Ein Zucken lief über die scharfgeschnittenen Züge seines glatt rasierten Gesichtes. Er kannte Amerika und die Amerikaner. Heute war er ein angehender Vierziger. Seit drei Jahren Inhaber des Lordtitels und der damit verbundenen Einkünfte. Aber die Lordschaft war ganz unverhofft durch eine Reihe von Todesfällen an ihn gekommen. Die vorangehenden zehn Jahre hatte er als einfacher Mr. Clinton in den Vereinigten Staaten gelebt. Nicht sehr begütert. Genötigt, im Strome des Lebens zu schwimmen und den Kampf ums Dasein zu führen. Damals, es waren jetzt fünf Jahre her, hatte er Diana, die eine berühmte Sängerin an der Chikagoer Metropolitan-Oper war, geehelicht, hatte noch zwei Jahre mit ihr in den Staaten gelebt, bis die Pairie an ihn fiel. Er brachte in die Stellung des englischen Aristokraten die Lebens- und Menschenkenntnis eines amerikanischen Kaufmannes mit. Was Wunder, daß er bald auch im politischen Leben eine Rolle spielte und verhältnismäßig jung das verantwortliche Amt eines Lords der Admiralität bekleidete.

      Weniger leicht war es seiner Gattin gemacht worden, in der englischen Gesellschaft festen Fuß zu fassen. Schon bei ihren ersten Schritten fühlte sie instinktiv eine von Mißtrauen nicht freie Zurückhaltung heraus, die der gewesenen Sängerin galt. Der Ton der Gesellschaft war wenigstens von seiten des weiblichen Teils auf vorsichtige Duldung eingestellt. Aber Lady Diana Maitland, die polnische Magnatentochter, war keinen Augenblick gewillt, sich nur dulden zu lassen. Ein stiller, zäher Kampf begann. Schritt für Schritt eroberte sich Lady Diana die Stellung, die ihr nach dem Range ihres Gatten und ihrer Geburt zukam. Und wenn sie heute als eine der ersten Damen des englischen Highlife dastand, so verdankte sie es in erster Linie den eigenen geistigen und körperlichen Vorzügen. Ihre Ehe galt nicht nur als mustergültig, sondern als glücklich, wenn ihr Nachkommenschaft auch bisher versagt war.

      Viscount Robarts wiederholte sein Angebot.

      »Zehn Pfund darauf, daß das erste amerikanische Boot um viertel elf hier ist.«

      Mr. Pykett nahm die Wette an.

      »Hundert Pfund dagegen, daß um viertel elf kein amerikanisches Boot hier ist. Fünfzig Pfund dagegen, daß bis Mittag überhaupt keins kommt.«

      Die Gedanken Lord Maitlands jagten einander. Mr. Pykett gehörte dem australischen Parlament an. Er mußte genau