Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Kraft
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075836182
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einem Male das Wachsen ganz aufhören lassen kann.«

      »So so, hm,« brummte Karlemann vor sich hin. »Wieder etwas gelernt. Ja, der Mensch lernt doch nie aus, so alt er auch wird. Also da ist das alles Unsinn mit dem Schnaps eingeben?«

      »Hören Sie, Sie geben dem Elefanten doch nicht etwa wirklich Schnaps ein?! Daß er sich schon an den Genuß gewöhnt hat?«

      »Ich sagte Ihnen doch schon, daß es nur ein Kräftigungsmittel ist.«

      »Was ist es denn?«

      »Ich weiß es selber nicht. Es schmeckt etwas bitter.«

      »Na, woher haben Sie es denn?«

      »Von den Aschantis. Ich soll eben dem jungen Elefanten immer davon eingeben.«

      Der Leser weiß, daß mich der Junge belog, oder mir doch etwas verheimlichte.

      O, wie sollte ich diesen Knirps noch kennen lernen, wie der es faustdick hinter den Ohren hatte! Wie konnte ich denn diesen ausgetragenen Jungen belehren? Dem war ich trotz meiner Länge doch nicht im entferntesten gewachsen!

      WAS FÜR EINE UNGEHEUERLICHE BEHAUPTUNG KARLEMANN AUFSTELLT.

       Inhaltsverzeichnis

      Was ich sonst noch zu sehen bekam, die Fleischerei, die Bäckerei, die Magazine und anderes, will ich überspringen.

      Karlemann hatte mich wieder auf das Plateau geführt. Trotz der Mittagsglut gingen wir auf demselben immer hin und her, ganz zwecklos. Mein kleiner Begleiter war tief in Gedanken versunken. Ich merkte, daß er mir etwas eröffnen wollte und keinen Anfang fand.

      »Wie sieht es denn jetzt mit den Nürnberger Spielsachen aus?« wollte ich ihm zu Hilfe kommen.

      Er fuhr aus seinen Träumereien empor.

      »Damit ist nichts mehr zu machen. Alles ist gleich überschwemmt worden. Jetzt kostet das Stück fünf Cent, und die Nigger wollen das nicht mehr bezahlen. Es geht ja alles gleich kaputt. Ja, was ich sagen wollte – ja, ich habe immer an Sie gedacht.«

      »Das freut mich. Oder hatten Sie ein besonderes Interesse für mich?«

      »Hm. Wie man’s nimmt. Wie geht’s Ihnen denn?«

      »Danke.«

      »Ich meine Ihr Schiff. Nichts passiert? Keine Havarie gehabt?«

      »Gerade dem Schiffe geht’s ganz gut.«

      »Ist die Dame noch an Bord – Ihre Frau oder was sie sonst is – ist die noch drauf?«

      Ich verbiß mein Lächeln.

      »Ja, die befindet sich noch an Bord.«

      »Das ist Ihre Liebste, nicht wahr?«

      Ich hielt es für das einfachste, dies zuzugeben.

      »Die hat Geld, was?«

      »Hatte sie.«

      »Ich denke, sie hat erst in Kapstadt dreißigtausend Pfund bekommen, und so viel soll sie aller Vierteljahre erhalten?«

      Nach einer kleinen Ueberlegung hielt ich es für das beste, Karlemann gleich in alles einzuweihen, wenigstens was unsere pekuniären Verhältnisse anbetraf. Ich sagte, wie die Lady von Leytenstone ihr sämtliches Geld verloren habe, welchen Verlust ich in Kapstadt gehabt, wie uns der Schiffsarzt bestohlen, daß wir nun nichts weiter besäßen als das Schiff, allerdings schuldenfrei, aber kaum imstande, dasselbe zu halten.

      Ganz ruhig hatte Karlemann mich angehört. Hierbei bemerke ich, daß ich vollkommen vergaß, an meiner Seite einen zwölfjährigen Jungen zu haben. Eher dachte ich, wenn ich einmal auf ihn herabblickte, an einen Zwerg. Ich hatte einst die Bekanntschaft eines solchen gemacht, schon älter, mit einem Schnurrbart, und das war trotz seiner Kleinheit ein ganzer Mann gewesen, mit dem man sich unterhalten konnte.

      »Das klingt ja fast unglaublich,« meinte Karlemann dann, als ich geschlossen.

      »Sie werden doch nicht etwa glauben, daß ich Ihnen etwas vorschwindele?«

      »Nein, davon ist keine Rede. Hm. Daß Sie immer etwas Heimliches taten, wenn Sie die ganze Mannschaft zur Uebung in die Boote schickten, das merkte ich ja auch. Haben Sie denn aber den Arzt in alles eingeweiht?«

      Natürlich nicht, und auf welche Weise er zu den geographischen Ortsbestimmungen gekommen, war mir noch immer ein Rätsel.

      »Sehen Sie, mir hat dieser Doktor Selo noch niemals gefallen,« sagte dann Karlemann. »Er trug einen Klemmer, und das sagte mir schon genug.«

      »Na,« mußte ich denn doch lachen, »weil er einen Klemmer trug, brauchte er doch noch kein Spitzbube zu sein.«

      »Nicht? Ich habe noch keinen ehrlichen Menschen gesehen, der einen Klemmer trägt.«

      »Na, da behaupten Sie doch etwas zu viel.«

      »Ganz und gar nicht. Unser Lehrer trug einen Klemmer, und wenn er uns zur Freiviertelstunde hinausschickte, und es hatte jemand sein Frühstück unter der Bank liegen lassen, dann wußte er ganz bestimmt, daß der Lehrer es gemaust hatte, und der Eisenjude, der meinen Vater um hundert Taler beschwindelte, trug ebenfalls einen Klemmer, und der … «

      Karlemann führte noch drei andere Beispiele an, daß jeder Mensch, der einen Klemmer trägt, ein Spitzbube ist. Da allerdings kam der zwölfjährige Junge zum Vorschein. Doch man konnte ja auch annehmen, daß er nur Scherz mache.

      »Also da haben Sie nun gar nichts mehr?«

      »Nicht einmal mehr Kohlen – nicht einmal mehr Proviant und Trinkwasser.«

      »Und deswegen kommen Sie hierher?«

      »Wieso deswegen?«

      »Na, um mich anzupumpen.«

      Wie er das herausbrachte – man konnte es ihm wirklich nicht übelnehmen.

      »Auf mein Ehrenwort, ich komme ganz zufällig hierher, wußte überhaupt gar nicht, daß Sie sich hier befinden – keine Ahnung hatte ich davon.«

      »Gut, ich glaube Ihnen. Und was gedenken Sie nun zu tun?«

      Ja, da wußte ich nicht, was ich ihm antworten sollte. Daß ich, solange sich die Lady an Bord befand, auch keine Fracht mehr bekam, hatte ich ihm schon erklärt, und es schien mir, als ob Karlemann sofort den Grund und alles begriffen hätte, obgleich dies doch gar nicht so leicht war, weil er keine Fragen stellte.

      »Das einzige ist, wenn wir auf dem Schiffe selbst bleiben wollen, daß ich es zu verchartern suche.«

      »Na, da gibt’s doch noch andere Auswege.«

      »Welche denn?« rief ich, nicht wenig überrascht.

      »Die Hauptsache ist doch, daß man Ihnen das Schiff nicht wegnehmen kann, weil Sie keine Schulden drauf haben.«

      »Was nützt das Schiff, wenn man darauf verhungert und verdurstet?«

      »Das wäre dann Ihre eigene Schuld. Sie brauchen doch nicht zu hungern und zu dursten.«

      »Bitte, geben Sie mit ein Rezept dafür.«

      »Mein Gott, das ganze Meer wimmelt doch von Fischen, Sie brauchen Sie doch nur zu fangen, und Trinkwasser bekommen Sie auch umsonst, und an solchen einsamen Küsten finden Sie auch immer genug Treibholz, um die Fische zu kochen oder zu braten, und was Sie nicht aufessen können, wird getrocknet oder eingesalzen, fertig ist die Geschichte. Wie kann man denn nur auf dem Meere Not leiden?«

      Karlemann hatte in einem Tone gesprochen, als hätte er wirklich etwas für ihn ganz Unfaßbares gehört – so wie ein Zigeuner, der in einer wildreichen Gegend, und gäbe es darin auch nur genug Igel, verhungern sollte – ich aber, der doch auch schon einige Zeit zur See fuhr und Erfahrung hatte, dachte hierüber etwas anders.

      »Mit