Gesammelte Werke. Джек Лондон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026884484
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dreißig Meter. Ein Bleikiel von unbekanntem, aber bedeutendem Gewicht macht sie sehr stabil, und sie trägt eine ungeheure Segelfläche.

      Vom Deck bis zum Großmasttopp mißt sie rund dreiunddreißig, während der Fockmast mit seiner Bramstenge zwei oder drei Meter kürzer ist. Ich berichte diese Einzelheiten, um einen Begriff von der Größe dieser kleinen schwimmenden Welt mit ihren zweiundzwanzig Seelen zu geben. Es ist eine Miniaturwelt, ein Splitterchen, ein Punkt, und immer wieder wundere ich mich, daß Menschen sich mit einem so gebrechlichen kleinen Ding aufs Meer hinauswagen.

      Wolf Larsen gilt als verwegener Seemann. Ich hörte Henderson und Standish, einen kalifornischen Jäger, darüber reden. Vor zwei Jahren hatte er in einem Orkan in der Beringsee die Masten der Ghost kappen lassen, worauf die jetzigen eingesetzt wurden, die in jeder Beziehung stärker und schwerer sind. Damals soll er gesagt haben, er wolle lieber kentern, als die neuen Hölzer verlieren.

      Jedermann an Bord, mit Ausnahme Johansens, dem seine Beförderung zu Kopfe gestiegen ist, scheint eine Entschuldigung dafür zu haben, daß er sich an Bord der Ghost befindet. Fast die Hälfte der Leute im Vorschiff sind vorher auf Hochseeklippern gefahren, und sie entschuldigen sich damit, nichts von dem Schiff und seinem Kapitän gewußt zu haben. Von den Jägern wird gemunkelt, daß sie, so ausgezeichnete Schützen sie seien, wegen ihrer Streitsucht und verbrecherischen Neigungen keine Heuer auf einem anständigen Fahrzeug hätten finden können.

      Ich habe die Bekanntschaft eines andern Mannes von der Besatzung gemacht - Louis heißt er, ein Ire aus Neuschottland, ein freundlicher, gutmütiger und sehr verträglicher Bursche, der stets zu einer Unterhaltung bereit ist, sobald er nur einen Zuhörer finden kann.

      Am Nachmittag, wenn der Koch unten sein Mittagsschläfchen hält und ich meine ewigen Kartoffeln schäle, kommt Louis zu einem langen Plausch in die Kombüse. Er entschuldigt seine Anwesenheit an Bord damit, daß er betrunken war, als er sich anheuern ließ. Immer wieder versichert er mir, daß er es nicht im Traum getan hätte, wenn er nüchtern gewesen wäre.

      Er scheint seit einem Dutzend Jahren regelmäßig mit auf die Robbenjagd zu gehen und gilt als bester oder zweitbester Bootssteuermann in beiden Flotten.

      „Ach, mein Junge", er schüttelte unheilverkündend den Kopf, „du hast dir gerade den schlimmsten Schoner ausgesucht, und dabei warst du nicht einmal besoffen wie ich. Auf jedem Schiff ist die Robbenjagd ein Fest für die Matrosen. Der Steuermann war der erste, aber denk an mich: Es wird noch mehr Tote geben, ehe die Fahrt zu Ende ist. Es bleibt zwischen uns: Dieser Wolf Larsen ist der Teufel selbst, und seit er die Ghost bekommen hat, ist sie ein Höllenschiff. Ich weiß noch gut, wie er vor zwei Jahren in Hakodate einen Anfall kriegte und vier von seinen Leuten niederschoß. Ich war ja keine dreihundert Meter davon auf der Emma. Und im selben Jahre erschlug er einen Mann mit der bloßen Faust. Ja, schlug ihn tot, zerquetschte ihm den Kopf wie eine Eierschale. Als ob ich das nicht wüßte! Ein Tier ist dieser Wolf Larsen - die große Bestie in der Offenbarung Johannis! Er wird ein Ende mit Schrecken nehmen! Aber ich habe nichts gesagt, denk daran. Nicht einen Ton hab ich geflüstert, denn der alte dicke Louis möchte gern die Reise überleben, und wenn der letzte von euch zu den Fischen geht. Wolf Larsen", setzte er einen Augenblick später hinzu. „Beachte das Wort, hörst du: - Wolf - ein Wolf ist er. Er hat nicht ein schwarzes Herz wie manche Menschen. Er hat überhaupt kein Herz. Ein richtiger Wolf ist er. Er trägt seinen Namen mit Recht!"

      „Aber wenn er so berüchtigt ist", fragte ich, „wie ist es dann möglich, daß er immer noch Leute bekommt?"

      „Wie ist es möglich, daß man überhaupt Leute bekommt, um irgend etwas auf Gottes Welt zu tun?" fragte Louis mit keltischem Feuer. „Würde ich an Bord sein, wenn ich nicht viehisch besoffen gewesen wäre, als ich unterschrieb? Manche, wie die Jäger, können nicht mehr auf besseren Booten unterkommen, und manche, wie die armen Teufel vorn, wußten es nicht besser. Aber sie werden schon darauf kommen und werden den Tag verfluchen, an dem sie geboren sind. Ich könnte weinen über die armen Menschen, hätte ich nicht genug an den armen alten Louis und die Unannehmlichkeiten zu denken, die seiner noch warten. Aber ich habe keinen Ton gesagt, denk daran, keinen Ton! Die Jäger sind schlechte Kerle", brach er wieder los, denn wenn er einmal im Reden war, konnte er so bald nicht aufhören. „Aber wart's nur ab! Wenn sie betrunken sind und aus reinem Vergnügen zu streiten anfangen - er wird mit ihnen fertig. Er wird sie schon Gottesfurcht lehren! Sieh mal meinen Jäger, Horner., Mord-Horner' nennen sie ihn, und er sieht so ruhig und umgänglich aus und spricht so sanft wie ein Mädchen, daß man glaubt, die Butter könne ihm nicht im Munde schmelzen. Und hat er nicht letztes Jahr seinen Bootssteuermann getötet? Unglücksfall, sagte man, aber ich traf den Bootspuller in Yokohama, und der hat mir die Wahrheit erzählt. Und Smoke, der schwarze kleine Kerl - steckten ihn die Russen nicht drei Jahre in die sibirischen Salzminen, weil er auf Copper Island gewildert hatte - ein Privileg der Russen? Mit Händen und Füßen war er an seine Kameraden gefesselt. Und kamen sie nicht doch ins Raufen? Und kam der andere nicht stückweise im Eimer oder zur Mine heraus: heute ein Bein, morgen ein Arm, am nächsten Tage der Kopf und so weiter?"

      „Aber das ist doch nicht möglich!" schrie ich, von Entsetzen überwältigt.

      „Nicht möglich?" fuhr er blitzschnell fort. „Ich habe nichts gesagt. Ich bin taub und stumm, und wenn du deine Mutter liebhast, bist du's auch. Nie hab ich den Mund aufgemacht, um etwas anderes als Gutes und Schönes über ihn und die andern zu sagen. Gott verdamm seine Seele! Möge er zehntausend Jahre im Fegefeuer schmoren und dann in die allertiefste Hölle kommen."

      Johnson, der Mann, der mir die Haut abgerieben hatte, als ich an Bord kam, schien mir von allen Leuten, vorn und achtern, der am wenigsten zweifelhafte. Es war tatsächlich gar nichts Zweifelhaftes an ihm. Seine Offenheit und Männlichkeit waren auf den ersten Blick überzeugend, und dazu kam eine Bescheidenheit, die man leicht für Schüchternheit halten konnte.

      Aber schüchtern war er nicht. Er hatte vielmehr den Mut der Überzeugung, die Sicherheit seiner Männlichkeit. Das war es, was ihn gleich zu Beginn unserer Bekanntschaft gegen die falsche Aussprache seines Namens hatte protestieren lassen.

      Louis sprach über ihn und prophezeite: „Das ist ein Prachtkerl, dieser Johnson", sagte er. „Unser bester Seemann und mein Puller. Aber er und Wolf Larsen werden aneinandergeraten, so sicher wie zwei mal zwei vier ist. Das weiß ich. Ich kann den Sturm schon aufziehen sehen. Der Wolf ist stark, und es ist die Art des Wolfes, Stärke bei andern zu hassen. Und Stärke findet er bei Johnson - kein Kriechen, kein Jawohl, Herr, ergebensten Dank, Herr' für ein Schimpfwort oder einen Faustschlag. Ja, es kommt, es kommt! Und Gott weiß, wo ich einen andern Puller hernehmen soll! Was tut der Narr, als der Alte ihn Yonson nennt?, Ich heiße Johnson, Herr', und buchstabiert ihm den Namen vor. Du hättest das Gesicht des Alten sehen sollen! Ich dachte schon, er würde auf der Stelle über ihn herfallen. Er tat es nicht, aber er wird es tun, und er wird diesem Dickschädel das Licht ausblasen, oder ich kenne meine Leute nicht."

      Thomas Mugridge wird unerträglich. Bei jeder Anrede muß ich „Herr" zu ihm sagen. Bei seinem Verhalten dürfte eine Rolle spielen, daß Wolf Larsen eine Vorliebe für ihn gefaßt hat. Es ist wohl unerhört, daß ein Kapitän auf vertrautem Fuße mit seinem Koch steht, aber Wolf Larsen tut es. Zweioder dreimal hat er schon den Kopf zur Kombüse hereingesteckt und Mugridge gutmütig geneckt, und heute nachmittag standen sie eine volle Viertelstunde auf dem Achterdeck und unterhielten sich. Als der Koch wieder in die Kombüse trat, glänzte sein Gesicht, als wäre es mit Fett eingeschmiert, und er sang zu seiner Arbeit so falsch, daß es herzzerreißend war.

      Er war tatsächlich der ekelhafteste, widerwärtigste Mensch, den ich je getroffen habe. Seine Kocherei war eine unbeschreibliche Schweinerei, und da er alles kochte, was an Bord gegessen wurde, mußte ich mir mit allergrößter Vorsicht das am wenigsten Schmutzige aus dem Fraß heraussuchen.

      Ich war nicht gewohnt zu arbeiten, und meine Hände schmerzten sehr. Die Nägel wurden schwarz und die Haut so schmutzig, daß selbst eine Scheuerbürste sie nicht mehr reinigen konnte. Immer neue Blasen schmerzten, und dazu hatte ich eine große Brandwunde am Unterarm, die ich mir zugezogen hatte, als ich einmal beim Rollen des Schiffes das Gleichgewicht verlor und gegen den Herd geschleudert wurde. Mein Knie hatte sich noch nicht gebessert. Es war immer noch