Stellen Sie sich vor, Sie zucken mit den Schultern und antworten: »Nichts. Ich denke, das werden wir schon herausfinden, wenn wir dort sind.« Das ist undenkbar, oder? Es ist unvorstellbar, dass zu Ihrer Ausbildung nicht auch eine gründliche Beschäftigung mit Ihrem Bestimmungsort und eine intensive Vorbereitung auf ihn gehört. Doch in den theologischen Fakultäten, Bibelschulen und Kirchen der Welt wird wenig über unseren letzten Bestimmungsort gelehrt.
Viele Christen, die regelmäßig zur Kirche gehen, können sich nicht erinnern, eine einzige Predigt über den Himmel gehört zu haben. Manche Pfarrer denken vielleicht, dass es nicht wichtig ist, den Himmel zur Sprache zu bringen, weil sie während ihres Studiums keine Pflichtveranstaltung zu diesem Thema hatten. In gleicher Weise nimmt die Gemeinde an, dass in der Bibel nicht viel über den Himmel steht, wenn ihr Pfarrer nie darüber predigt.
Der Himmel ist sozusagen von unseren Radarschirmen verschwunden. Wie können wir unser Herz auf den Himmel ausrichten, wenn wir nur eine ärmliche Theologie des Himmels haben? Warum sprechen wir so wenig über den Himmel? Und warum ist das Wenige, das wir zu sagen haben, so verschwommen, kraft- und saftlos?
Woher kommen unsere falschen Vorstellungen?
Ich glaube, es gibt eine Erklärung dafür, dass so viele Kinder Gottes eine solch verschwommene, negative und farblose Auffassung vom Himmel haben: Es ist das Werk Satans.
Jesus sagt vom Teufel: »Wenn er lügt, entspricht das seinem Wesen, denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge« (Johannes 8,44). In Offenbarung 13,6 lesen wir, das satanische Tier stieß »Lästerungen gegen Gott aus und verhöhnte seinen Namen und sein Zelt und alle, die im Himmel wohnen«. Unser Feind verhöhnt drei Dinge: Gott selbst, Gottes Volk und Gottes Wohnort – den Himmel.
Nach seiner Vertreibung aus dem Himmel (Jesaja 14,12-15) packte den Teufel ein Zorn, nicht nur auf Gott, sondern auch auf die Menschen und den Himmel selbst, den Ort, zu dem er nicht mehr gehörte. Der Satan muss uns nur davon überzeugen, dass der Himmel ein langweiliger, raum- und zeitloser Ort ist. Warum sollten wir anderen die »gute Botschaft« mitteilen, dass man die Ewigkeit an einem langweiligen, geisterhaften Ort verbringen kann, auf den nicht einmal wir uns freuen?
Der Satan hasst den neuen Himmel und die neue Erde. Er kann nicht verhindern, dass Christus ihn besiegt, aber er kann uns überreden, dass der Sieg von Christus nur ein Teilsieg war und dass Gott seinen ursprünglichen Plan für die Menschen und die Erde aufgegeben hat.
Da wir hier in einer dunklen Welt leben, müssen wir uns daran erinnern, was die Bibel über den Himmel sagt. Eines Tages wird die Blindheit, die uns von der wirklichen Welt trennt, von uns genommen werden. Dann werden wir die abstumpfende Verblendung erkennen, unter der wir gelebt haben und die dazu führte, dass uns der Himmel so fern und unwirklich schien. Mögen wir durch Gottes Gnade klarer denn je die befreiende Wahrheit über Christus, den König, und den Himmel, sein Reich, erkennen.
KAPITEL 2
Übersteigt der Himmel unsere Vorstellungskraft?
Wenn man sagt, dass man sich den Himmel »vorstellt«, so bedeutet das nicht, dass der Himmel etwas frei Erfundenes ist, etwas, das absichtlich unter Nichtbeachtung der harten Fakten des Alltagslebens ersonnen wurde. Sondern es handelt sich dabei um die Bestätigung der bedeutenden Rolle der gottgeschenkten Fähigkeit des Menschen, in seinem Inneren geistige Bilder von der göttlichen Realität zu erzeugen und sich in sie hineinzudenken – Bilder, die durch die Bibel und die spätere Tradition des Nachdenkens und Weiterentwickelns durch die Zeiten weitergegeben wurden. Wir sind fähig, uns in die geistigen Bilder, die wir schaffen, hineinzuversetzen und deshalb im Voraus die Freude darüber zu empfinden, dass wir einmal in die größere Wirklichkeit, der sie entsprechen, eintreten werden.
Alister McGrath
Als Marco Polo vom Hof des Kublai Khan nach Italien zurückkehrte, beschrieb er eine Welt, die seine Zuhörer nie gesehen hatten – eine Welt, die man ohne Vorstellungskraft nicht verstehen konnte. China war keineswegs ein Land, das nur in der Einbildung existierte, aber es unterschied sich erheblich von Italien. Die Bezugspunkte Italiens boten eine Grundlage für das Verständnis von China, und von diesem Ausgangspunkt aus konnte man sich die Unterschiede zusammenreimen.1
Die Verfasser der Bibel schildern den Himmel auf verschiedene Weise, unter anderem als Garten, als Stadt und als Königreich. Weil uns Gärten, Städte und Königreiche vertraut sind, dienen sie uns als Brücke für das Verständnis des Himmels. Viele Menschen machen jedoch den Fehler anzunehmen, dass es sich hierbei nur um Vergleiche ohne tatsächlichen Bezug zur Wirklichkeit des Himmels handelt (in diesem Fall wären sie schlechte Vergleiche). Einige von ihnen können viel eher einfach die Beschreibung von Tatsachen sein. Allzu oft wurde uns gesagt, dass der Himmel ein raum- und zeitloser Bereich ist. Deshalb nehmen wir es nicht ernst, wenn die Bibel uns den Himmel als vertrauten, gegenständlichen und greifbaren Ort beschreibt.
Als Menschen, die von Gott sowohl als körperliche als auch geistige Wesen geschaffen wurden, sind wir nicht dazu bestimmt, in einem immateriellen Bereich zu leben. Wir sind nicht, wie Plato annahm, nur geistige Wesen, die vorübergehend in einem Körper eingeschlossen sind. Adam wurde erst ein »lebendiges Wesen« – das hebräische Wort dafür heißt näfäsch –, als er Körper und Geist war (1. Mose 2,7). Wir sind in gleicher Weise körperliche und geistige Wesen. Deshalb ist unsere körperliche Auferstehung unbedingt erforderlich, damit wir eine ewige, gerechtfertigte menschliche Natur erhalten und für immer von Sünde, Fluch und Tod befreit sind.
Die Bedeutung unserer Fantasie
Wir können uns nichts wünschen oder erhoffen, das wir uns nicht vorstellen können. Deshalb, glaube ich, hat uns Gott in der Bibel kurze Einblicke in den Himmel geschenkt – um unsere Vorstellungskraft, unsere Fantasie, zu beflügeln und in unserem Herzen eine Sehnsucht nach dem Himmel zu wecken. Und deshalb wird Satan immer unserer Fantasie entgegenarbeiten – oder sie in die falsche Richtung, nämlich zu körperlosen Begriffen, hinlenken, die der Bibel widersprechen.
Menschen, die meine Romane in denen der Himmel beschrieben wird gelesen haben, sagen mir oft: »Diese Bilder vom Himmel sind beeindruckend. Aber sind sie auch biblisch?« Ich antworte mit bestem Wissen und Gewissen: »Ja.« Die Bibel gibt uns eine beträchtliche Menge Informationen über die künftige Welt, sodass wir sie uns ausmalen können, aber nicht so viele, dass wir auf den Gedanken kommen, wir wüssten schon alles. Wenn Gott nicht gewollt hätte, dass wir uns vorstellen, wie der Himmel sein wird, hätte er uns nicht so viel über den Himmel gesagt.
Meiner Meinung nach sollten wir unsere Fantasie nicht verachten, sondern sie von der Bibel anregen lassen. Als junger Christ, ja sogar als junger Pfarrer, hatte ich genau die Klischeevorstellungen vom Himmel, die ich heute ablehne. Erst nach Jahren ernsthaften Bibelstudiums, Nachdenkens und genauer Forschungsarbeit über das Thema bin ich zu meiner heutigen Auffassung vom Himmel gelangt.
Fast jede Vorstellung vom Himmel, die ich in diesem Buch erläutere, wurde durch biblische Texte angeregt und untermauert. Obwohl einige meiner Deutungen und Spekulationen zweifellos falsch sind, sind sie nicht unbegründet. Mit Recht oder Unrecht habe ich die meisten von ihnen aus meinem Verständnis der direkt oder indirekt ausgesprochenen Lehren der Bibel gewonnen. Gespräche über den Himmel sind meistens entweder übermäßig fantasiereich oder völlig fantasielos. Bibeltreue Christen tendieren mehr zum Letzteren, doch beide Einstellungen werden der Sache nicht gerecht und sind gefährlich. Was wir brauchen, ist eine von der Bibel beflügelte Fantasie.
Wir sollten Gott bitten, uns zu helfen, die Scheuklappen unserer vorgefassten Meinungen über den Himmel abzulegen, damit wir die Bibel verstehen können. Ich habe über 150 Bücher über den Himmel gesammelt – viele davon sind schon sehr alt und inzwischen vergriffen – und ich habe sie fast alle gelesen. Dabei habe ich entdeckt, dass Bücher über den Himmel normalerweise betonen, dass wir nicht wissen können, wie der Himmel sein wird, dass es dort aber herrlicher ist, als wir uns vorstellen können. Sobald wir jedoch sagen, dass wir uns den Himmel nicht vorstellen können, dämpfen wir die