Aber Elberfelde hatte gerade eine Glückssträhne und blockte ab.
„Schätzchen, ich sagte doch warten lassen! Ich hole ihn mir schon zur rechten Zeit.“
Verschnupft verließ sie das Zimmer.
„Herr Falkenstein, gedulden Sie sich bitte einen Moment. Der Herr Elberfelde ist gleich bei Ihnen.“
Ernst Theodor zu Falkenstein wollte sich aber nicht gedulden und verlagerte sein Gewicht von einer Pobacke auf die andere. Unruhig saß er so zehn Minuten. Dann erschien Elberfelde und reichte ihm die Hand.
„Hallo, Herr Falkenstein. Entschuldigen Sie die Warterei. Aber ein wichtiges Telefonat mit dem Richter braucht eben seine Zeit. Hat sich aber gelohnt und er wird meinen Mandanten freisprechen. Man hat eben seine Beziehungen.“
Falkenstein ließ es sich nicht anmerken, dass er ihn für einen Aufschneider hielt und ihm kein Wort glaubte.
Sie gingen in Elberfeldes Büro.
Falkenstein sah den Anwalt durchdringend an und sah sich in seiner Annahme bestätigt. Er erkannte in ihm einen windigen Zeitgenossen, mit dem er normalerweise keine zwei Worte gewechselt hätte. Für seine Sache aber war er vielleicht genau der Richtige.
„Nehmen Sie Platz. Um was geht es und wie kann ich Ihnen helfen?“
„Nun, wie soll ich sagen, es handelt sich um eine delikate Angelegenheit.“
Der Anwalt grinste und nickte verständnisvoll.
„Soso. Wie alt ist denn das junge Ding?“
„Was? Wie? Nein. Nein! Nicht so eine Angelegenheit. Ich suche einen Mann, der sich mit Mord, also wie soll ich sagen, der sich mit ‚jemanden umbringen’ auskennt.“
Nun war es heraus. Dem Anwalt fiel der Unterkiefer herunter und er schloss den Mund erst wieder nach einer Weile.
Er fragte sich gerade, wie man sich doch so in älteren Menschen täuschen konnte. Hatte er Falkenstein doch für einen seriösen, alten und etwas hausbackenen und konservativen Menschen gehalten.
Sein Glaube an die Menschheit geriet ins Wanken.
„Umbringen? Ermorden? Und da kommen Sie zu mir?“
„Ja, Sie sind mir empfohlen worden.“
„Von wem?“
„Das tut nichts zur Sache. Kennen Sie nun jemanden oder nicht?“
„Guter Mann! Selbst wenn ich einen kennen würde, täte ich wohl schlecht daran, es Ihnen zu sagen.“
„Auch nicht für zehntausend Euro?“
„Zehntau …?“
Der Anwalt war glockenhellwach.
„Nun … zehntausend Euro sind eine Menge Geld. Das würden Sie nur für die Information bezahlen?“
„Ja.“
Falkenstein griff in die Innentasche seiner Jacke und holte einen Umschlag mit Geldscheinen heraus.
Er legte ihn auf den Schreibtisch.
„Schauen Sie nach.“
Der Anwalt stand auf und kratzte sich am Kopf.
„Ich will sehen, was sich da machen lässt. Aber versprechen kann ich nichts.“
„Nun, ich brauche schon eine zuverlässige Antwort von Ihnen. Kann ich mit einer Adresse rechnen?“
Der Anwalt presste die Lippen aufeinander und nickte.
Dies war sicher keine Falle der Kripo. Das war offensichtlich!
„Ich vermute, es handelt sich um Ihre Frau.“
„Nein! Sie vermuten falsch. Meine Frau ist schon vor Jahren verstorben. Ich selbst bin die Zielperson.“
Der Anwalt musste sich wieder setzen. Dann nickte er erneut.
„Ok. Geben Sie mir Ihre Telefonnummer und die Adresse. Haben Sie eine bestimmte Vorstellung von Ihrem … Ableben?“
„Nein. Am liebsten wäre es mir, wenn ich den Zeitpunkt und die Umstände nicht erfahre. Es darf aber nicht mehr allzu lange dauern.“
„Ich will sehen, was ich für Sie tun kann. Es wird sich eine Person bei Ihnen melden. Den Preis und die näheren Umstände müssen Sie dann verhandeln.“
„Ich will nicht verhandeln. Was ist für eine solche Tat angemessen?“
„Guter Mann! Woher soll ich das wissen?“
Er zögerte, als er den enttäuschten Blick Falkensteins sah.
„Ich denke da gibt es Leute, die schon für dreißigtausend Euro ihre Dienste anbieten. Fahren Sie in der Osten Europas, da werden Sie für eine Packung Zigaretten umgebracht.“
Falkenstein wurde etwas lauter.
„Ich will aber nicht in den Osten fahren. Also wie viel?“
„Naja. Ich sagte schon, vielleicht dreißig- oder fünfzigtausend.“
„Danke. So soll es sein.“
Damit stand Falkenstein auf und verließ das Büro, ohne sich zu verabschieden.
Der Anwalt schüttelte den Kopf und flüsterte vor sich hin.
„Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, will er sich selbst umbringen lassen. Für fünfzigtausend Euro. Warum erschießt er sich nicht selbst? Kostet nur eine Patrone für einen Euro!“
5. Au-pair im Wechsel
Die Kommissarin telefonierte nochmal mit dem Pfarrer und erhielt von ihm die Adresse der Eltern des toten Mädchens. Sie berichtete der Staatsanwältin gleichzeitig die Sachlage mit den Drogen im Magen der Toten.
„Gut, Frau Brecht. Dann können Sie die Leiche freigeben. Die Eltern wollen sicher die Beerdigung zu Ende bringen. Aber lassen Sie sich ruhig Zeit.“
„Ja mach ich. Ich fahre jetzt mal zu denen hin.“
„Warum? Haben Sie noch Fragen?“
„Es kommt mir etwas an der Sache komisch vor. Ich weiß noch nicht genau was, aber es ist ein Bauchgefühl, das mich noch nie irren ließ.“
„Na gut. Machen Sie, was Sie nicht lassen können.“
Damit war die Sache für die Staatsanwältin erledigt. Sie legte den Fall ‚Drogenkuriertote’ zu den Akten. Es gab Wichtigeres, als sich um ein paar Gramm Kokain zu kümmern. Alles andere war für sie lediglich ein Unfall mit Fahrerflucht.
Cleo Brecht hingegen vermutete dahinter weit mehr. ‚Das kann kein Zufall sein’, sagte sie sich. Und dachte auf der Fahrt zu den Eltern des Mädchens angestrengt nach.
Als sie hereingebeten wurde und auf dem Sofa Platz nahm, war die erste Frage der Mutter, wann sie ihr Kind beerdigen könne.
„Wir haben sie freigegeben. Morgen kann die Beerdigung stattfinden.“
„Haben Sie sie denn … geöffnet?“
„Ja das mussten wir. Sie ist obduziert worden.“
Der Vater hatte die ganze Zeit geschwiegen und meldete sich jetzt plötzlich zu Wort.
„Was haben Sie denn Wichtiges erfahren? Hat unsere Tochter etwa einen Goldbarren verschluckt?“
Die Beamtin blieb ruhig.
„Gold nicht, aber sie hat Drogen im Magen gehabt. Und nicht wenig von dem Zeug. Es waren achthundert Gramm mit einem Marktwert von über sechzigtausend Euro.“
Die Eltern schauten sich an und verstanden die Welt nicht mehr. Dann ergriff der Vater wieder