Der Teufelssumpf. Жорж Санд. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Жорж Санд
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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man die alte Graue nannte, wie sie selber die junge Graue hieß, und wieherte ihr einen Abschiedsgruß zu. Die alte Graue trat mit klirrender Fessel an den Zaun heran und versuchte am Saum der Wiese einherzugaloppiren, um der jungen zu folgen; da sich aber diese in scharfem Trab entfernte, fing auch sie zu wiehern an und blieb nachdenklich stehen, mit vorgestrecktem Hals und weitaufgerissenen Nüstern, ohne mehr an das Gras zu denken, das sie noch ungekaut im Maul hatte.

      Das arme Thier erkennt eben sein Fleisch und Blut, sagte Germain, in der Absicht, die kleine Marie von ihrem Kummer abzulenken. Dabei fällt mir ein, daß ich meinem Peterle beim Weggehen keinen Kuß gegeben habe. Das böse Kind war gar nicht da! Gestern Abend hat er mir das Versprechen abnöthigen wollen, ihn mitzunehmen, und hat eine volle Stunde in seinem Bett geweint. Und diesen Morgen noch hat er mich zu überreden versucht. O der kann dir bitten und schmeicheln! Als der junge Herr jedoch merkte, daß durchaus nichts auszurichten war, wurde er zornig; er lief querfeldein, und ich bekam ihn den ganzen Tag über nicht mehr zu sehen.

      Ich schon, sagte die kleine Marie, indem sie ihre Thränen gewaltsam hinunterwürgte. Er lief mit den Kindern von Soulas in der Richtung nach dem Holzschlag, und ich habe gleich gedacht, daß er schon lange von Haus weg sei, denn er aß Schlehen und Brombeeren, um seinen Hunger zu stillen. Da gab ich ihm mein Vesperbrod, und er sagte zu mir: Schön Dank, meine herzige Marie! wenn du wieder zu uns kommst, dann werde ich dir auch meinen Kühen geben, Es ist ein gar artiges Bübchen. Germain!

      Ja, das will ich meinen, antwortete dieser; ich weiß auch nicht, was ich nicht Alles für ihn thäte! Hätte die Großmutter nicht mehr Einsicht gehabt, als ich, so hätt' ich's nicht über mich bringen können, ihn zu Hause zu lassen, als ich ihn so bitterlich weinen sah, daß ihm's fast das Herzchen abdrücken wollte.

      Aber warum habt Ihr ihn denn nicht mitgenommen. Germain? Ihr hättet nicht viel Mühe mit ihm gehabt; er ist ja so vernünftig, wenn man ihm nur den Willen thut!

      Da, wo ich hingehe, wäre er wohl lästig geworden; so meinte wenigstens der Vater Maurice . . . Ich jedoch dächte, daß es im Gegentheil gut gewesen wäre, zu sehen, wie man den Kleinen empfängt, und daß man einem so artigen Kinde doch gewiß herzlich gut sein müßte . . . Aber meine Leute sagen, es sei nicht gerathen, ihr gleich auf den ersten Blick die Beschwerlichkeiten vor Augen zu stellen . . . Doch ich spreche da mit dir über Dinge, die du ja nicht begreifen kannst.

      O doch, Germain; ich weiß schon, daß Ihr über Feld geht, um zu freien; mir hat's die Mutter erzählt, und hat mir zugleich eingeschärft, es keinem Menschen zu sagen, weder im Dorf, nach auf dem Ulmenhof, und Ihr könnt auch ganz ruhig sein: von mir erfährt's Niemand.

      Es soll's auch vor erst Niemand erfahren, denn es; ist nach nicht ganz gewiß; vielleicht mag mich die Frau gar nicht.

      Das wollen wir nicht hoffen, Germain. Und weßhalb sollte sie Euch denn nicht mögen?

      Wer weiß? Ich habe drei Kinder, und das ist eine schwierige Sache für ein Weib, das ihre Mutter nicht ist.

      Das schon, aber Eure Kinder sind nicht so wie die andern alle.

      Wirklich?

      Erstens sind sie schön wie der Tag und dann so wohl erzogen, daß man nichts Lieberes sehen kann.

      Na, der Sylvain, der ist doch zuweilen ziemlich widerhaarig,

      Ah, der ist nach so klein! In dem Alter hat jedes Kind seine Unarten; und dafür ist er wieder so gescheidt!

      Ja, gescheidt ist er, und verwegen! Der fürchtet dir weder Kühe noch Stiere, und wenn man ihm nur freie Hand ließe, so würde er schon wie mein Aeltester an den Pferden hinaufklettern.

      Den Aeltesten hätt' ich an Eurer Stelle mitgenommen. Mit so einem schönen Kind an der Hand hätt's Euch ja nicht fehlen können.

      Das heißt, wenn die Frau eine Lieb hat zu Kindern; hat sie aber die Neigung nicht . . .

      Giebt es denn Weiber, die zu Kindern gar keine Liebe haben?

      Nicht viele, denk' ich; aber einige wohl und das eben macht mir Sorge.

      Kennt Ihr denn die Frau gar nicht?

      So wenig wie du, und ich fürchte, daß ich sie auch nach einer Unterredung kaum besser kennen werde, Mißtrauisch bin ich zwar nicht, und nehme auch gern ein gutes Wort für baare Münze, doch das ist mir schon mehr als ein Mal schlecht bekommen, denn Worte und Thaten sind Zweierlei.

      Der Frau wird alles Mögliche nachgerühmt.

      Von wem? Vom Vater Maurice!

      Ja, von Eurem Schwäher.

      Das wäre recht schön und gut, wenn wenigstens er sie kennte.

      Nun, Ihr werdet ja mit ihr zusammenkommen, und wenn Ihr ein offenes Auge habt auf Alles, so läßt sich hoffen, daß Euch Euer Auge nicht täuschen wird.

      Du. Marie, da fällt mir was ein! du könntest mir den Gefallen thun und erst ein wenig bei ihr vorsprechen, anstatt deinen Weg in Einem Athem fortsetzen: du bist findig, hattest von jeher einen hellen Kopf, und dir entgeht auch das Kleinste nicht. Und wenn du dann etwas wahrnehmen solltest, das dich stutzig macht, giebst du mir einen leisen Wink.

      O nein. Germain, das werd' ich bleiben lassen! Dafür trau' ich mir doch viel zu wenig zu, und übrigens gesetzt den Fall, es könnte Euch ein unbedachtsam hingeworfenes Wort diese Heirath verleiden, so würden mir's Eure Schwiegereltern nie verzeihen, und mir ist das Herz so schon schwer genug, ohne daß ich erst meiner Mutter, der armen lieben Frau, neuen Kummer auflade.

      Während die Beiden also sprachen, that die Graue mit gespitzten Ohren einen Seitensprung, wandte sich um und trat dann auf den Strauch zu, bei dem sie vor einem Gegenstand, den sie nun zu erkennen schien, gescheut hatte. Germain warf einen Blick auf den Strauch und entdeckte im Graben unter den dichten und noch grünenden Aesten eines Eichenstrunks etwas, das er zuerst für ein Lamm hielt.

      's ist ein verlaufenes Thier, sagte er, oder ein Todtes, denn es rührt sich nicht.

      Vielleicht sucht Jemand nach ihm; ich will gleich nachsehen! – Ein Thier ist es nicht, rief die kleine Marie: ein eingeschlafenes Kind ist's – Euer Peterle.

      Das ist eine schöne Geschichte! sagte Germain und sprang vom Pferd: schläft der kleine Schelm mir nichts dir nichts ein, so weit von Haus und noch dazu in einem Graben, wo ihn eine Schlange stechen könnte!

      Er hob das Kind in seine Arme; es schlug die Augen auf, lächelte ihn an und sprach, indem es sich an seinen Hals hängte: Papa, nimm mich mit!

      Da haben wir's! immer die alte Leier! Was hat man da angestellt, nichtsnutziger Peter?

      Auf meinen lieben Papa hab' ich gewartet, sagte das Kind; ich habe immer den Weg entlang geschaut und so lang geschaut, bis ich eingeschlafen bin.

      Und wenn ich nun vorbeigeritten wäre, ohne dich zu sehen, wärst du die ganze Nacht hier draußen geblieben, und der Wolf hätte dich gefressen.

      Ah! ich wußte recht wohl, daß du mich sehen würdest! antwortete der Kleine mit unerschütterlichem Vertrauen.

      Nun gut, mein lieber Peter; jetzt gieb mir einen Kuß, sag mir schön gute Nacht, und geh rasch wieder nach Haus, sanft wird ohne dich zu Abend gegessen.

      So willst du mich denn nicht mitnehmen, rief das Kind, und fing an sich die Augen zu reiben, zum Zeichen, daß Thränen im Anzug waren.

      Du weißt ja, daß es Großvater und Großmutter nicht haben wollen, sagte Germain, das Ansehen der beiden Alten zu Hülfe nehmend, wie Einer, der auf sein eigenes nicht recht fest baut.

      Aber das Kind war für alles Zureden taub. Unter reichlich hervorbrechenden Thränen blieb es bei der Behauptung, daß der Vater es gerade eben so gut mitnehmen könne, wie die kleine Marie. Man hielt ihm vor, daß der Weg durch finstere Wälder führe, wo es viel böse Raubthiere gebe, welche die kleinen Buben verspeis'ten, ferner daß die Graue keine drei Personen tragen wolle, daß sie es beim Weggehen ausdrücklich erklärt habe, und endlich, daß dort, wo man hinreise, für so einen Fratz weder ein Bett noch ein Abendbrod aufzutreiben sei. Diese hochweisen Vorstellungen schienen jedoch dem Peterle durchaus nicht stichhaltig; er warf sich nieder und wälzte sich im Grase, indem er einmal über das andere schreiend