Zwanzig Jahre nachher. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
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antwortete ihm ein Bürger hätte einen von den Garden des Herrn Cardinals escortirten Wagen mit etwa zwanzig von seinen Freunden angegriffen; aber es wäre eine Verstärkung hinzu gekommen und man hätte die Bürger in die Flucht geschlagen. Der Anführer der Rotte hätte sich in das Haus zunächst dem Gasthofe geflüchtet, und man durchsuchte nun dieses Haus.

      In seiner Jugend wäre d’Artagnan dahin gelaufen, wo er Uniformen gesehen hätte, und würde den Soldaten gegen die Bürger Beistand geleistet haben. Aber er war von allen diesen Hitzköpfigkeiten zurückgekommen. Ueberdies hatte er in seiner Tasche die hundert Pistolen des Cardinals und wollte sich nicht in eine Zusammenrottung wagen.

      Er trat in das Gasthaus, ohne andere Fragen zu machen.

      Sonst wollte d’Artagnan stets Alles wissen, jetzt wußte er stets genug.

      Er fand die schöne Madeleine, welche ihn nicht erwartete, denn sie glaubte, wie es ihr d’Artagnan gesagt hatte, er würde die Nacht im Louvre zubringen. Sie zeigte sich daher sehr erfreut über diese unvorhergesehene Rückkehr, die ihr diesmal um so willkommener war, als sie große Angst über das hatte, was in der Straße vorging, und als sie keinen Schweizer mehr besaß, der sie beschützt haben würde.

      Sie wollte also ein Gespräch mit ihm anknüpfen und ihm erzählen, was vorgefallen war. Aber d’Artagnan dachte nach und hatte folglich keine Lust zu plaudern. Sie zeigte ihm das dampfende Abendbrod, aber d’Artagnan hieß sie das Abendbrod in sein Zimmer bringen und eine Flasche alten Burgunder beifügen.

      Die schöne Madeleine war zum militärischen Gehorsam abgerichtet, das heißt, sie war gewohnt, auf ein Zeichen zu gehorchen. Diesmal hatte d’Artagnan zu sprechen sich herabgelassen, und man befolgte daher seine Befehle mit verdoppelter Geschwindigkeit.

      D’Artagnan nahm seinen Schlüssel und seinen Leuchter und stieg in sein Zimmer hinauf. Um der Vermiethung nicht zu schaden, hatte er sich mit einem Zimmer im vierten Stocke begnügt. Die Achtung, welche wir für die Wahrheit hegen, nöthigt uns sogar zu bemerken, daß das Zimmer unmittelbar über der Dachrinne und unter dem Dache lag.

      Das war sein Achilleszelt. D’Artagnan schloß sich in dieses Zimmer ein, wenn er die schöne Madeleine durch seine Abwesenheit bestrafen wollte.

      Es war seine erste Sorge, in einem alten Secretär, bei dem nur das Schloß allein neu war, seinen Sack zu verschließen, den er nicht zu untersuchen nöthig hatte, um sich von der Summe. die er enthielt, Rechenschaft zu geben. Als einen Augenblick nachher sein Abendbrod aufgetragen und die Flasche Wein herbeigebracht war, entließ er den Aufwärter, schloß die Thüre und setzte sich zu Tische.

      Es geschah nicht, um zu überlegen, wie man denken könnte, sondern d’Artagnan meinte, man mache die Dinge nur gut wenn man sie der Reihe nach mache. Er hatte Hunger, und Verzehrte sein Abendbrod; nach dem Abendbrod legte er sich nieder. D’Artagnan gehörte auch nicht zu den Leuten, welche der Ansicht sind, die Nacht bringe guten Rath: Nachts schlief er. Aber, ganz frisch fand er dagegen am Morgen die die besten Eingebungen. Seit langer Zeit hatte er nicht mehr Gelegenheit gehabt, am Morgen zu denken, aber er hatte stets in der Nacht geschlafen.

      Bei Tagesanbruch erwachte er, sprang mit militärischer Entschlossenheit aus dem Bette und ging nachdenkend in seinem Zimmer umher.

      »Im Jahre 43,« sagte er, »ungefähr sechs Monate vor dem Tode des seligen Cardinals, habe ich einen Brief von Athos erhalten. Wo dies? Laß sehen … Ah! es war bei der Belagerung von Besancon, ich erinnere mich … ich war im Laufgraben. Was schrieb er mir? Er wohne auf einem kleinen Landgute, ja, so ist es, auf einem kleinen Landgute; aber wo? So weit war ich gekommen, als ein Windstoß den Brief fortnahm. Früher hätte ich ihn gesucht, obgleich ihn der Wind an einen sehr bloßgestellten Ort getragen hatte. Aber die Jugend ist ein großer Fehler … wenn man nicht mehr jung ist. Ich ließ meinen Brief die Adresse von Athos zu den Spaniern bringen, welche nichts damit thun konnten und mir ihn zurückschicken sollten. Ich kann also nicht an Athos denken. Weiter … Porthos.

      »Ich habe einen Brief von ihm erhalten. Er lud mich zu einer großen Jagd für den Monat September 1646 ein. Da ich zu dieser Zeit wegen des Todes meines Vaters in Bearn war, so wurde mir der Brief unglückseliger Weise nachgeschickt. Ich war abgereist, als er ankam. Aber er verfolgte mich und erreichte Montmedy einige Tage, nachdem ich diese Stadt verlassen hatte. Endlich traf er mich im Monat April. Da er mir aber erst im April 1647 zukam, und die Einladung für den Monat September 46 war, so konnte ich keinen Gebrauch davon machen. Wir wollen diesen Brief einmal holen; er muß bei meinen Eigenthumstiteln liegen.«

      D’Artagnan öffnete eine kleine alte Truhe, welche in einem Winkel stand, und voll von Pergamenten bezüglich auf das Gut von d’Artagnan war, dessen Grundstücke seine Familie seit 200 Jahren verloren hatte. Er stieß einen Freudenschrei aus, denn er erkannte die breite Handschrift von Porthos und darunter einige Spinnenfüße, von der trockenen Hand seiner würdigen Gemahlin gekritzelt.

      D’Artagnan ergötzte sich nicht an dem Durchlesen dieses Briefes, er wußte, was er enthielt, und eilte deshalb zur Adresse. Die Adresse war Schloß du Vallon.

      Porthos hatte jede andere Auskunft vergessen. In seinem Stolze glaubte er, Jedermann kenne das Schloß, dem er seinen Namen gegeben hatte.

      »Zum Teufel mit dem eitlen Burschen,« sprach d’Artagnan. »Immer derselbe! Es stünde mir übrigens gut an, bei ihm anzufangen, insofern er kein Geld nöthig haben dürfte, er, der 800,000 Livres von Herrn Coquenard geerbt hat. Das ist gerade dass was mir fehlt. Athos wird durch das Trinken ein Narr geworden sein. Aramis muß sich in seine Adachtsübungen versenkt haben.«

      D’Artagnan warf noch einen Blick auf den Brief von Porthos. Er hatte eine Nachschrift, und diese Nachschrift enthielt folgende Worte:

      »Ich schreibe mit demselben Courier an unsern würdigen Aramis in sein Kloster.«

      Ja, in sein Kloster; aber in welchem Kloster ist er? Es gibt 200 in Paris und 3000 in Frankreich. Und als er sich in’s Kloster begab, hat er vielleicht zum dritten Male seinen Namen gewechselt. Ah! wenn ich in der Theologie bewandert wäre und mich nur des Gegenstands seiner Thesen erinnerte, über die er in Crevecoeux mit dem Pfarrer von Montdidier und dem Superior der Jesuiten so gut disputirte, so würde ich wissen, welcher Doctrine er sich angeschlossen hat, und ich entnähme daraus, welchem Heiligen er sich widmen konnte. Wie, wenn ich zu dem Cardinal ginge, und mir von ihm einen Geleitbrief in alle möglichen Klöster, sogar in die Nonnenklöster erbäte? Das wäre ein Gedanke, und vielleicht würde ich ihn wiederfinden, wie Achilles. Ja, aber das hieße gleich von vorne herein meine Ohnmacht zugestehen, und beim ersten Schlage wäre ich in dem Geiste des Cardinals verloren. Die Großen sind nur dankbar, wenn man das Unmögliche für sie gethan hat. Ware es möglich gewesen, sagen sie zu uns, so hätte ich es selbst gethan, und die Großen haben Recht. Aber nur Geduld, wir wollen sehen. Ich habe von ihm, dem lieben Freunde, auch einen Brief bekommen. Er bat mich um einen kleinen Dienst, den ich ihm auch leistete. Aber wohin habe ich diesen Brief gelegt?«

      D’Artagnan dachte einen Augenblick nach und ging dann an den Ständer, an welchem seine alten Kleider hingen. Er suchte sein Wamms vom Jahre 1648, und, da dieser d’Artagnan ein ordnungsliebender Mann war, so fand er es an seinem Nagel. Er steckte die Hand in die Tasche und zog ein Papier heraus. Es war gerade der Brief von Aramis.

      »Herr d’Artagnan,« schrieb ihm dieser, »Ihr wißt, daß ich Streit mit einem gewissen Edelmann gehabt habe, der mit mir diesen Abend auf der Place Royale zusammentreffen will. Da ich zu der Kirche gehöre und die Sache mir schaden könnte, wenn ich sie einem Andern mitteilte, als einem so sichern Freunde, wie Ihr seid, so schreibe ich Euch, damit Ihr mir als Secundant dienen möget.

      »Ihr kommt durch die Rue Neuve-Sainte-Catherine herein; unter dem zweiten Scheinwerfer rechts findet Ihr Euern Gegner. Unter dem dritten werde ich mit dem meinigen sein. Ganz der Eurige,

Aramis.«

      Hier war nicht einmal ein Gott befohlen beigefügt. D’Artagnan suchte seine Erinnerungen in sich rege zu machen. Er war nach dem bestimmten Orte der Zusammenkunft gegangen, hatte den bezeichneten Gegner gefunden, dessen Namen ihm nie bekannt wurde, und demselben einen schönen Degenstich in den Arm beigebracht. Dann war er auf Aramis zugeschritten, der ihm entgegenkam, denn er hatte seine Sache bereits abgemacht.«

      »Es