Zwanzig Jahre nachher. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
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begabt hat. Die Umstände sind von ernster Bedeutung und man muß energisch handeln.«

      »Abermals!« sprach die Königin, »ich glaubte, mit Herrn von Beaufort wären wir quitt.«

      »Ihr habt nur den Strom gesehen, der Alles niederreißen wollte, und das stehende Wasser nicht wahrgenommen. Es gibt jedoch in Frankreich ein Sprichwort über das stehende Wasser.«

      »Vollendet,« sagte die Königin.

      »Nun wohl,« fuhr Mazarin fort; »ich dulde alle Tage Unverschämtheiten, die sich Eure Prinzen und Eure betitelten Knechte gegen mich erlauben, lauter Automaten, die nicht sehen, daß ich ihren Faden in der Hand halte, und die unter meinem geduldigen Ernste das Lachen des gereizten Mannen nicht errathen, der sich selbst zugeschworen hat, einen Tage der stärkste zu sein. Wir haben allerdings Herrn von Beaufort verhaften lassen, aber das war der am mindesten Gefährliche von Allen. Noch ist der Herr Prinz vorhanden.«

      »Der Sieger von Rocroir? Ihr denkt nicht daran!«

      »Ja, Madame, und zwar sehr oft, aber Pacienza, wie wir Italiener sagen. Dann nach Herrn von Condé ist der Herr Herzog von Orleans da.«

      »Was sagt Ihr? der erste Prinz von Geblüht, der Oheim des Königs!«

      »Nicht der erste Prinz von Geblüht, nicht der Oheim des Königs, sondern der feige Meuterer, der unter der vorigen Regierung, angetrieben von seinem launenhaften, phantastischen Charakter, zernagt von erbärmlichem Aerger, verzehrt von einem platten Ehrgeize, eifersüchtig auf Alles was ihn an ritterlichem Sinn und Muth übertraf, aufgebracht darüber, daß er wegen seiner inneren Hohlheit nichts war, sich zum Echo aller schlechten Gerüchte, zur Seele aller Cabalen machte, that als ob er allen den braven Leuten entgegenkäme, welche die Albernheit hatten, an das Wort einen Mannes von königlichem Blute zu glauben, und sie verleugnete, wenn sie das Schaffot bestiegen! Nicht der erste Prinz von Geblüt, nicht der Oheim des Königs, ich wiederhole es, sondern der Mörder von Chalais, Montmorency und von Cing-Mars, welcher gegenwärtig dasselbe Spiel zu spielen versucht und sich einbildet, er werde die Partie gewinnen, weil er den Gegner verhindert hat, statt sich gegenüber einen Menschen zu haben, der droht, einen Mann sieht, welcher lächelt. Aber er täuscht sich, er wird verloren haben, und es liegt nicht in meinem Interesse, bei der Königin diesen Gährungsstoff der Uneinigkeit zu dulden, mit welchem der verstorbene Herr Cardinal die Galle des Königs zwanzig Jahre lang in Aufruhr erhalten hat.«

      Anna erröthete und verbarg ihren Kopf in ihren Händen.

      »Ich will Eure Majestät nicht demüthigen,« fuhr Mazarin mit etwas ruhigerem Tone, aber zugleich mit seltsamer Festigkeit fort. »Man soll die Königin ehren und ihren Minister achten, denn in Aller Augen bin ich nur dieses. Eure Majestät weiß, daß ich nicht, wie viele Leute behaupten, ein aus Italien gekommener Straßenläufer bin; alle Welt soll dieß wissen, wie Eure Majestät.«

      »Man soll ich denn thun?« fragte Anna von Oesterreich, gebeugt unter dieser gebietenden Stimme.

      »Ihr sollt in Eurem Gedächtniß den Namen der treuen, ergebenen Menschen suchen, welche trotz Herrn von Richelieu über das Meer gefahren sind, Spuren ihres Blutes die ganze Straße entlang zurücklassend, um Eurer Majestät einen gewissen Schmuck zu bringen, den sie Herrn von Buckingham gegeben hatte.«

      Anna von Oesterreich erhob sich majestätisch und zornig, als ob eine Feder sie aufgeschnellt hatte, und schaute den Cardinal mit dem Stolze und der Würde an, wodurch sie in den Tagen ihrer Jugend so mächtig gewesen war.

      »Ihr beleidigt mich, Herr,« sagte sie.

      »Ich will,« fuhr Mazarin fort, den Gedanken vollendend, den die Bewegung der Königin durchschnitten hatte, »ich will, daß Ihr für Euern Gatten thut, was Ihr einst für Euern Liebhaber gethan habt.«

      »Abermals diese Verleumdung?« rief die Königin, »ich hielt sie für todt und erstickt, denn Ihr hattet sie mir bis jetzt erspart. Jetzt sprecht Ihr mir aber ebenfalls davon. Desto besser, denn die Frage wird nun unter nun abgemacht werden, und Allee ist abgemacht, versteht Ihr mich?«

      »Aber, Madame,« sprach Mazarin erstaunt über diese Rückkehr der Kraft, »ich verlange gar nicht, daß Ihr mir Alles sagen sollt.«

      »Und ich will Euch Alles sagen,« entgegnete Anna von Oesterreich. »Hört also: Es gab wirklich zu jener Zeit vier ergebene Herzen; vier ritterliche Seelen, vier treue Degen, die mir mehr als das Leben, die mir die Ehre retteten.«

      »Oh! Ihr gesteht!« rief Mazarin.

      »Ist nur die Ehre der Schuldigen auf das Spiel gesetzt, mein Herr, und kann man nicht einen Menschen, eine Frau besonders, dem Scheine nach entehren? Ja, der Schein war gegen mich und ich sollte entehrt werden, und dennoch, ich schwöre es Euch, war ich nicht schuldig, Ich schwört es …«

      Die Königin suchte nach etwas Heiligem, worauf sie schwören könnte, zog aus einem unter der Tapete verborgenen Schranke ein kleines, mit Silber incrustirtes, Kästchen von Rosenholz hervor, stellte es auf den Altar und fuhr fort:

      »Ich schwöre auf diese heilige Reliquie, ich liebte Herrn von Buckingham, aber Herr von Buckingham war nicht mein Liebhaber.«

      »Und was für eine Reliquie ist es, auf die Ihr diesen Eid leistet?« sprach Mazarin lächelnd; »denn ich muß gestehen, als ein Römer bin ich ungläubig; es ist ein Unterschied unter den Reliquien.«

      Die Königin machte einen kleinen goldenen Schlüssel von ihrem Halse los und übergab ihn dem Cardinal.

      »Oeffnet, mein Herr,« sprach sie, »und seht selbst.«

      Mazarin nahm erstaunt den Schlüssel und öffnete das Kästchen, worin er nur ein vom Rost zerfressenes Messer und zwei Briefe fand, von denen der eine mit Blut befleckt war.

      »Was ist das?« fragte Mazarin.

      »Was das ist, mein Herr?« sprach Anna von Oesterreich mit ihrer königlichen Geberde und über dem geöffneten Kistchen einen Arm ausstreckend, welcher trotz der Jahre vollkommen schön geblieben war . »Ich will es Euch sagen: diese zwei Briefe sind die einzigen, die ich ihm je geschrieben habe; dieses Messer ist dasjenige, mit welchem ihn Felton ermordet hat. Leset die Briefe, mein Herr, und Ihr werdet sehen, ob ich gelogen habe.«

      Trotz der ihm von der Königin ertheilten Erlaubniß nahm Mazarin, in einem natürlichen Gefühle, statt die Briefe zu lesen, das Messer, welches Buckingham sterbend aus seiner Wunde gerissen und durch La Porte der Königin geschickt hatte. Die Klinge war ganz zerfressen, denn das Blut hatte sich in Rost verwandelt; nachdem er es einen Augenblick angeschaut, während die Königin so weiß wurde, als das Tuch des Altars, worauf sie sich stützte, legte er es mit unwillkürlichem Schaudern wieder in das Kistchen.

      »Es ist gut, Madame,« sagte er, »ich baue auf Euern Eid.«

      »Nein, nein, leset,« rief die Königin, die Stirne faltend, »leset, ich will es, damit meinem Entschlusse gemäß, Alles diesmal abgemacht sei und wir nicht wieder auf diesen Gegenstand zurückkommen. Glaubt Ihr,« fügte sie mit furchtbarem Lächeln bei, »ich sei geneigt, dieses Kistchen bei jeder von Eltern zukünftigen Anklagen wieder zu öffnen?«

      »Durch diese Energie beherrscht, gehorchte Mazarin beinahe maschinenmäßig und las die zwei Briefe. Der eine war derjenige, durch welchen die Königin von Buckingham ihre Nestelstifte zurückverlangte; es war das Schreiben, das d’Artagnan nach England gebracht hatte, wo es zu rechter Zeit ankam; der andere Brief war der von La Porte dem Herzog zugestellte, worin ihn die Königin benachrichtigte, man wolle ihn ermorden, dieser aber war zu spät gekommen.

      »Es ist gut, Madame,« sprach Mazarin, »hierauf läßt sich nichts erwidern.«

      »Ja, mein Herr,« sprach die Königin, das Kistchen wieder verschließend und ihre Hand darauf legend; »wenn sich etwas darauf erwidern läßt, so ist es, daß ich stets undankbar gegen diejenigen gewesen bin, welche mich gerettet haben und Alles thaten, um ihn zu retten; daß ich, dem braven D’Artagnan, von dem Ihr so eben spracht, nichts gegeben habe, als meine Hand zu küssen und diesen Diamant.«

      Die Königin streckte ihre schöne Hand gegen den Cardinal aus und zeigte ihm einen herrlichen