John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Sie?«

      »Um zwölf Uhr.«

      »Ich auch, und merken Sie sich ein- für allemal, daß Sie an meinem Tische essen. – Nicht wahr, Sie machen zuweilen eine Partie L’Hombre?«

      »Ja wohl; wenn Herr Robinson Zeit hat, gehe ich zu ihm, oder er kommt zu mir, und wir machen nach vollbrachtem Tagewerk ein Spielchen.«

      »Nun, an den Tagen, wo er nicht kommt, werden Sie an mir einen Partner finden, der sich nicht leicht schlagen läßt. Und wenn er kommt, bringen Sie ihn mit, wenn es ihm angenehm ist; wir spielen dann Whist.«

      »Ew. Herrlichkeit erweisen mir viel Ehre.«

      »Und Sie, lieber Sanders, werden mir Vergnügen machen. Es bleibt also bei der Abrede.«

      Sanders empfahl sich mit einer tiefen Verbeugung. Sir Edward nahm wieder Tom’s Arm und setzte seine Wanderung fort.

      In einiger Entfernung von der Wohnung des Verwalters fand er das Häuschen des Wildhüters, der zugleich die Aufsicht über die Fischerei hatte.

      Der Wildhüter hatte Frau und Kinder, es war eine glückliche Familie. Das Glück hatte sich, wie man sieht, in diese Einsamkeit zurückgezogen, und diese kleine Welt, welche vor der Ankunft des Gutsherrn manche unangenehme Veränderung gefürchtet hatte, ward durch seine Gegenwart bald beruhigt. Sir Edward war in der ganzen englischen Marine durch seine Strenge und seinen Muth bekannt, aber außer Dienst war er der beste, gutherzigste Mann von der Welt.

      Er kam etwas ermüdet wieder in’s Schloß, denn es war der längste Spaziergang, den er mit seinem Stelzfuß gemacht; aber er war so vergnügt, wie es in seiner gedrückten Stimmung möglich war.

      Sein Lebenszweck war verändert; aber er war noch immer Herr und Gebieter seiner Umgebungen, er war nur aus dem Befehlshaber ein Patriarch geworden, und mit der ihm eignen Raschheit des Entschlusses nahm er sich vor, seine Zeit so regelmäßig einzutheilen, wie er es an Bord seiner Fregatte gewohnt gewesen war. – So blieb er bei seinen alten liebgewordenen Gewohnheiten.

      Tom wurde von dieser Zeiteintheilung in Kenntniß gesetzt. George, der Kammmerdiener, gewöhnte sich leicht daran, denn er hatte die strenge Mannszucht des »Boreas« noch nicht vergessen. Der Koch erhielt die nöthigen Befehle, und schon am folgenden Tage war Alles geordnet wie am Bord der »Juno«. Statt der Trommel sollte die Glocke alle Hausgenossen bei Tagesanbruch wecken; eine halbe Stunde nachher sollte, wie aus den Kriegsschiffen, ein Imbiß genommen und dann gekehrt und geputzt werden. Die Thürschlösser, Camine, Feuerschaufeln, Zangen und kupfernen Geschirre erforderten, um das Schloß im comfortablen Zustande zu erhalten, eine eben so strenge Disciplin, wie am Bord der »Juno« geherrscht hatte. Daher wollte der Capitän, von seiner ganzen Dienerschaft gefolgt, das ganze Schloß mustern, und alle dienenden Personen wußten, daß sie im Falle der Fahrlässigkeit die auf den Kriegsschiffen üblichen Strafen zu gewärtigen hatten.

      Um zwölf Uhr sollten alle Arbeiten durch das Mittagessen unterbrochen werden. Während der Capitän, wie vormals auf dem Hinterdeck, im Park spazieren ging, wurden Reparaturen an Möbeln, Fenstern und Wäsche vorgenommen. Um fünf Uhr wurde zum Abendessen geläutet, und um acht Uhr begab sich die Hälfte der Dienerschaft zur Ruhe, um der anderen »auf Wache« bleibenden Hälfte die weiteren Arbeiten zu überlassen.

      Dieses Leben war freilich so zu sagen nur die Parodie des Seemannlebens, an welches Sir Edward gewöhnt war; es war die Einförmigkeit ohne die Wechselfälle, welche den Reiz und die Poesie desselben ausmachen. Das Schwanken des Schiffes fehlte dem Capitän, wie dem einschlummernden Kinde das Wiegen in den Armen der Mutter fehlt. Er hatte keinen Sturm mehr zu bekämpfen, und die Erinnerung an jene gewaltigen Kämpfe, in denen der einzelne Mensch die Sache einer Nation vertheidigt, wo der Ruhm der Lohn des Siegers, die Schmach die Strafe des Besiegten ist, machte in seinen Augen jede andere Beschäftigung kleinlich und unbedeutend; die Vergangenheit verschlang die Gegenwart.

      Sir Edward, der von jeher das Beispiel der Charakterstärke gegeben hatte, ließ nicht merken, was in ihm vorging. Nur Tom, der ebenfalls an die Vergangenheit zurückdachte, bemerkte mit Besorgniß die immer zunehmende Schwermuth seines Herrn.

      Dieser innerliche, sorgfältig verborgene Seelenschmerz starker Gemüther ist der gefährlichste; statt sich durch Thränen Luft zu machen, verbirgt er sich in der Brust, und erst wenn die Brust zerspringt, sieht man die Verwüstungen, welche er angerichtet. Eines Abends war der Capitän krank, und am andern Morgen, als er auferstehen wollte, fiel er in Ohnmacht.

      III

      Im Schlosse herrschte große Bestürzung. Der Verwalter und der Pfarrer, welche noch Tags zuvor ihre Partie Whist mit Sir Edward gemacht hatten, konnten sich diese plötzliche Unpäßlichkeit nicht erklären ; aber Tom gab ihnen die nöthigen Erklärungen über die Ursache und Bedeutung der Krankheit. Es wurde also beschlossen, den Arzt zu Rathe zu ziehen und um Sir Edward nicht merken zu lassen, wie besorgt man um ihn war, sollte der Doktor am folgenden Tage wie zufällig zum Essen kommen.

      So verging der Tag in gewohnter Weise. Mit Hilfe seiner großen Willenskraft hatte der Capitän seine Schwäche überwunden; aber er aß sehr wenig, setzte sich auf seinem Spaziergange sehr oft nieder, schlief beim Lesen ein und machte beim Whist einen Fehler um den andern.

      Am folgenden Tage kam der Arzt.

      Der Besuch bot dem Capitän anfangs eine willkommene Zerstreuung und entriß ihn seiner Erschlaffung; aber bald stellte sich die Abspannung und Gedankenlosigkeit wieder ein.

      Der Arzt erkannte die Merkmale des Spleen, jener bedenklichen Gemüthskrankheit, gegen welche die Heilkunst nichts vermag. Er verordnete indeß eine Diät, welche in magenstärkenden Getränken und gebratenem Fleische bestand; dabei sollte der Kranke sich möglichst viele Zerstreuungen verschaffen.

      Der erste Theil der ärztlichen Verordnungen war leicht zu befolgen; man findet ja überall Kräutersaft, Bordeaux und Beefsteak; aber an Zerstreuung fehlte es in Williamhouse. Tom hatte bereits alle Hebel in Bewegung gesetzt; man war auf Lectüre, Promenade und Whist beschränkt, und es ließ sich höchstens in der Zeit und Reihenfolge dieser Unterhaltungen eine Veränderung vornehmen; sonst wußte der brave Seemann nichts zu erfinden, was seinen Commandanten der immer mehr überhand nehmenden Erstarrung hätte entreißen können.

      Er schlug eine Reise nach London vor; aber Sir Edward erklärte, daß er sich zu schwach fühle eine so weite Reise zu unternehmen, und da es ihm einmal nicht vergönnt sei in einer Hängematte am Bord seiner Fregatte zu sterben, so wolle er doch lieber im Bette als im Wagen den Geist aufgeben.

      Ein bedenkliches Symptom fand Tom darin, daß Sir Edward anfing die Gesellschaft seiner Freunde zu meiden. Tom selbst schien ihm jetzt zur Last zu sein. Der Capitän ging wohl noch im Parke spazieren, aber allein; und Abends machte er nicht mehr wie sonst seine Partie, sondern zog sich in sein Zimmer zurück und verbot Jedermann, sogar seinem getreuen Tom, ihm zu folgen. Er aß nicht mehr, als zur Erhaltung des Lebens nothwendig war, die Lectüre hatte keinen Reiz mehr für ihn; Kräutersaft wollte er gar nicht mehr nehmen, und seitdem er seinem Kammerdiener, der ihm in der besten Absicht einige Gewalt anthat, eine Tasse ins Gesicht geworfen hatte, getraute sich Niemand mehr von bitterer Medicin zu sprechen. Tom reichte ihm Thee mit etwas Rum.

      Diese Auflehnungen gegen die ärztlichen Vorschriften verschlimmerten das Uebel indeß mit jedem Tage. Sir Edward war nur noch der Schatten von dem, was er früher gewesen; er war menschenscheu und düster; jedes Wort, das ihm mit Mühe entlockt wurde, war von deutlichen Zeichen der Ungeduld begleitet.

      Im Park hatte er eine entlegene Allee gewählt, an deren Ende eine aus verschlungenen Zweigen gebildete Laube oder vielmehr Grotte war. Dort saß er oft Stunden lang, ohne daß ihn Jemand zu stören wagte. Vergebens zeigten sich Tom und Sanders zuweilen absichtlich in der Nähe; er schien sie nicht zu sehen, er wollte nicht mit ihnen sprechen.

      Das Schlimmste dabei war, daß diese Menschenscheu mit jedem Tage größer wurde und daß der Capitän sich immer mehr von den Schloßbewohnern zurückzog. Ueberdies waren die Nebelmonate vor der Thür und man mußte, wenn nicht Wunder geschah, das Aergste fürchten. Dieses Wunder wirkte Gott durch einen seiner Engel.

      Eines Tages, als Sir Edward grübelnd in seiner dunkeln Laube faß, hörte er in der Allee das