Briquet hatte sich nicht getäuscht, er wurde reichlich für seine Bemühungen und für seine Kühnheit belohnt, als er diesen Punkt erreicht hatte.
Sein Blick umfaßte wirklich einen großen Saal, der durch eine eiserne Lampe mit vier Schnäbeln beleuchtet und mit Rüstungen aller Art gefüllt war, worunter er, gut suchend, sicherlich seine Armschienen und sein Bruststück hätte entdecken können.
Was an Piken, Stoßdegen, Hellebarden und Musketen, theils aufgehäuft, theils in Bündeln zusammengestellt, vorhanden war, hätte genügt, um vier starke Regimenter zu bewaffnen.
Briquet schenkte indessen weniger Aufmerksamkeit der herrlichen Anordnung dieser Waffen, als der Versammlung, welche beauftragt war, davon Gebrauch zu machen oder sie zu vertheilen. Seine glühenden Augen durchdrangen das dicke und mit einer fetten Lage von Rauch und Staub überzogene Glas, um die Gesichter von Bekannten unter den Visieren oder Capucen zu erkennen.
»Oh! Oh!« sagte er, »das ist Meister Crucé, unser Empörer… Hier sehe ich unsern kleinen Brigard, den Gewürzkrämer an der Ecke der Rue des Lombards; dort steht Meister Leclerc, der sich Bussy nennen läßt, es jedoch sicherlich nicht gewagt hätte, zur Zeit, wo der wahre Bussy noch lebte, eine solche Ruchlosigkeit zu begehen. Ich muß einmal diesen Meister in den Waffen von ehedem fragen, ob er den geheimen Stoß kenne, an dem einer von meinen Bekannten, ein gewisser David, in Lyon, gestorben ist. Pest, das Bürgerthum ist großartig vertreten, aber der Adel… Ah! Herr von Mayneville, Gott verzeihe mir! er drückt Nicolas Poulain die Hand: das ist rührend, man schließt Brüderschaft. Ah! Ah! Herr von Mayneville ist also ein Redner. Er nimmt die erforderliche Stellung, um eine Rede zu halten. Seine Geberde ist angenehm und er verdreht die Augen sehr überzeugend.»
Herr von Mayneville hatte in der That eine Rede begonnen.
Robert Briquet schüttelte den Kopf, während Herr von Mayneville sprach, nicht als hätte er ein Wort von der Rede verstehen können, sondern er legte seine Geberden und die der Versammlung aus.
»Er scheint mir seine Zuhörer nicht ganz zu überzeugen; Crucé schneidet ihm eine Grimasse; Lachapelle-Marteau wendet ihm den Rücken zu und Bussy-Leclerc zuckt die Achseln. Auf, auf, Herr von Mayneville, sprecht, schwitzt, schnauft, seid beredt, alle Teufel… Oh! Das gefällt mir… das Auditorium belebt sich… Oh! Oh, sie nähern sich einander, sie drücken sich die Hand; man wirft die Hüte in die Luft, Teufel!«
Briquet sah, doch er konnte, wie gesagt, nicht hören; aber wir, die wir im Geiste den Verhandlungen der stürmischen Versammlung beiwohnen, wir wollen dem Leser sagen, was vorging.
Zuerst beklagten sich Crucé, Marteau und Bussy bei, Herrn von Mayneville über die Unthätigkeit des Herzogs von Guise.
Marteau nahm in seiner Eigenschaft als Anwalt das Wort.
»Herr von Mayneville,« sagte er, »Ihr kommt im Auftrag des Herrn Herzogs Heinrich von Guise? Wir danken. Und mir empfangen Euch als Botschafter, aber die Gegenwart des Herzogs selbst ist für uns unerläßlich. Nach dem Tode seines glorreichen Vaters hat er, in einem Alter von achtzehn Jahren, alle gute Franzosen dem Plane einer Union beitreten lassen und uns Alle unter diesem Banner eingereiht. Unserem Schwure gemäß haben wir unsere Personen bloßgestellt und unser Vermögen geopfert für den Sieg dieser heiligen Sache. Und nun schreitet er trotz unserer Opfer nicht vorwärts, entscheidet sich nicht. Nehmt Euch in Acht, Herr von Mayneville, die Pariser werden müde werden; ist aber Paris einmal müde, was wird man in Frankreich machen? Herr von Guise sollte dies bedenken.«
Diese Rede erhielt die Beistimmung aller Liguisten, und Nicolas Poulain zeichnete sich besonders durch seinen eifrigen Beifall aus.
Herr von Mayneville antwortete einfach:
»Meine Herren, wenn sich nichts entscheidet, so ist es der Fall, weil nichts reif ist. Ich bitte Euch, prüft die Lage der Dinge: der Herzog und sein Bruder, der Cardinal, sind zur Beobachtung in Nancy. Der Eine bringt ein Heer auf die Beine, bestimmt, die Hugenotten in Flandern im Zaume zu halten, welche der Herr Herzog von Anjou auf uns werfen will, um uns zu beschäftigen; der Andere entsendet Eilboten auf Eilboten an die ganze Christlichkeit Frankreichs und an den Papst, um die Union adoptiren zu lassen. Der Herzog von Guise weiß, was Ihr nicht wißt, meine Herren: daß das alte schlecht gebrochene Bündniß zwischen dem Herzog von Anjou und dem Bearner demnächst wieder geschlossen werden wird. Es handelt sich darum, Spanien auf der Seite von Navarra zu besetzen und es zu verhindern, uns Waffen und Geld zu schicken. Der Herr Herzog von Guise will aber, ehe er irgend Etwas thut und besonders ehe er nach Paris kommt, im Stande sein, die Ketzerei und die Usurpation zu bekämpfen. Doch in Ermangelung von Herrn von Guise haben wir Herrn von Mayenne, der sich vervielfacht als General und als Rath und den ich jeden Moment erwarte.«
»Das heißt,« unterbrach ihn Bussy, und dies war der Augenblick, wo er die Achseln zuckte, »das heißt, Eure Prinzen sind überall, wo wir nicht sind, und nie, wo wir sie nöthig haben. Was macht zum Beispiel Frau von Montpensier?«
»Mein Herr, Frau von Montpensier ist diesen Morgen in Paris eingetroffen.«
»Und Niemand hat sie gesehen?«
»Doch, mein Herr?«
»Wer?«
»Salcède.«
»Oh! Oh!« rief die ganze Versammlung.
»Sie hat sich also unsichtbar gemacht?« sagte Crucé.
»Nicht ganz, aber ich hoffe ungreifbar.«
»Und woher weiß man, daß sie hier ist?« fragte Nicolas Poulain. »Ich denke nicht, daß Salcède es Euch gesagt hat.«
»Ich weiß, daß sie hier ist«« antwortete Mayneville, »weil ich sie bis zur Porte Saint-Antoine begleitet habe.«
»Ich habe sagen hören, die Thore seien geschlossen worden,« unterbrach ihn Marteau, der gierig nach einer Gelegenheit haschte, um wieder eine Rede anzubringen.
»Ja, mein Herr,« erwiederte Mayneville mit seiner ewigen Höflichkeit, aus der ihn kein Angriff herausbringen konnte.
»Wie hat sie sich dann dieselben öffnen lassen?«
»Auf ihre Weise.«
»Ah! sie hat die Macht, sich die Thore von Paris öffnen zu lassen,« sagten die Liguisten, eifersüchtig und argwöhnisch, wie es die Kleinen immer sind, wenn sie sich mit den Großen verbünden.
»Meine Herren»,« sprach Mayneville, »es ging diesen Morgen an dem Thor von Paris etwas vor, was Ihr nicht zu kennen oder wenigstens nur unbestimmt zu wissen scheint. Man hatte Befehl gegeben, nur diejenigen durch die Barriere zu lassen, welche sich durch eine Einlaßkarte ausweisen würden. Von wem mußte diese Karte unterzeichnet sein? Ich weiß es nicht. Vor uns kamen zur Porte Saint-Antoine fünf oder sechs Männer, von denen vier ziemlich schlecht gekleidet waren und aussahen; sie waren mit den nothwendigen Karten versehen und zogen uns vor der Nase vorüber. Einige erschienen mit der unverschämten Aufgeblasenheit von Leuten, die sich in einem eroberten Lande glauben. Wer sind diese Menschen? was für Karten sind das? antwortet uns. Ihr Herren von Paris, Ihr, deren Aufgabe es ist, Alles zu wissen, was die Angelegenheiten Eurer Stadt betrifft.«
So machte sich Mayneville vom Angeklagten zum Ankläger, was die große Kunst des Redners ist.
»Karten… unverschämte Leute… ausnahmsweise Zulassungen bei den Thoren von Paris… oh! Oh! Was soll das bedeuten?« fragte Nicolas Poulain ganz träumerisch.
»Wenn Ihr diese Dinge nicht wißt, Ihr, die Ihr hier lebt, wie sollten wir sie wissen, die in Lothringen leben und unsere ganze Zeit damit hinbringen, Daß wir auf den Straßen umherlaufen, um die zwei Enden des Kreises, den man die Union nennt, zu vereinigen.
»Und wie kamen diese Leute?«
»Die Einen zu Fuß, die Andern zu Pferde, die Einen allein, die Andern mit Lackeien.«
»Sind es Leute des Königs?«
»Drei oder vier