Die wenig glückliche Klasse von Leuten, die man gewöhnlich Literaten nennt, befindet sich ziemlich genau in der Lage, in welcher Rechtsgelehrte und Ärzte sich wahrscheinlich unter der obigen Voraussetzung befinden würden. In allen europäischen Ländern sind die meisten von ihnen für den Kirchendienst erzogen worden, aber durch verschiedene Gründe verhindert, in den geistlichen Stand zu treten. Sie haben also ihre Bildung in der Regel auf öffentliche Kosten erhalten, und ihre Menge ist überall so groß, dass dadurch der Preis ihrer Arbeit auf eine höchst klägliche Belohnung zusammenzuschrumpfen pflegt.
Vor der Erfindung der Buchdruckerkunst bestand die einzige Arbeit, durch die ein Literat mit seinem Talente etwas erwerben konnte, darin, dass er öffentlicher oder Privatlehrer wurde, d. h. anderen Leuten die wissenswerten und nützlichen Kenntnisse mitteilte, die er sich erworben hatte. Und dies ist sicherlich noch ein ehrenwerteres, nützlicheres und in der Regel auch einträglicheres Geschäft als die Schriftstellerei für einen Buchhändler, wozu die Buchdruckerkunst Veranlassung gegeben hat. Es sind wenigstens ebenso viel Zeit, Studium, Geist, Kenntnisse und Fleiß dazu erforderlich, ein ausgezeichneter Lehrer der Wissenschaften als ein hervorragender Arzt oder Rechtsgelehrter zu werden. Doch steht der übliche Lohn eines tüchtigen Lehrers in keinem Verhältnis zu dem eines Rechtsgelehrten oder Arztes, weil das Geschäft des einen mit dürftigen Leuten, die auf öffentliche Kosten ausgebildet wurden, überfüllt ist, während in die beiden anderen Geschäfte sich nur wenige eindrängen, die nicht auf eigene Kosten studiert haben. So gering aber auch der übliche Lohn öffentlicher und Privatlehrer erscheint, so würde er doch ohne Zweifel noch geringer sein, wenn nicht die Konkurrenz der noch dürftigeren Gelehrten abginge, die fürs Brot schreiben. Vor der Erfindung der Buchdruckerkunst scheinen Schüler und Bettler so ziemlich gleichbedeutende Ausdrücke gewesen zu sein. Die Rektoren der Universitäten stellten vor dieser Zeit ihren Studenten oft Erlaubnisscheine zum Betteln aus.
Im Altertum, wo keine Stiftungen der erwähnten Art dürftige Leute zu gelehrten Berufsarten ausbilden ließen, war anscheinend die Bezahlung tüchtiger Lehrer viel beträchtlicher. Isokrates wirft in seiner sogenannten Rede gegen die Sophisten den Lehrern seiner Zeit einen Widerspruch vor. »Sie machen«, sagt er, »ihren Schülern die glänzendsten Versprechungen und wollen sie lehren, weise, glücklich und gerecht zu sein, verlangen aber für einen so wichtigen Dienst nur einen lumpigen Lohn von vier oder fünf Minen. Wer Weisheit lehrt« – fährt er fort – »sollte doch selbst weise sein; wenn aber einer einen solchen Handel für solch einen Preis abschließt, so beweist er augenscheinlichste Torheit.« An dieser Stelle wird er gewiss den Lohn nicht größer gemacht haben als er wirklich war. Vier Minen sind aber so viel, wie dreizehn Pfund, sechs Schilling und acht Pence; fünf Minen sind sechzehn Pfund, dreizehn Schilling und vier Pence. Es wurde also damals den hervorragendsten Lehrern in Athen eine Summe gezahlt, die wenig hinter dem größeren Betrage zurückgeblieben sein wird. Isokrates selbst verlangte zehn Minen, oder dreiunddreißig Pfund, sechs Schilling und acht Pence von jedem seiner Schüler. Bei seinen Vorträgen in Athen soll er hundert Zuhörer gehabt haben. Ich verstehe dies von der Anzahl, denen er gleichzeitig Vorträge hielt, oder die, wie wir das nennen, einen Kursus bei ihm hörten, und diese Anzahl wird in einer so großen Stadt bei einem so berühmten Lehrer, der noch dazu eine Wissenschaft, die Rhetorik, vortrug, die damals eine Modewissenschaft war, durchaus nicht ungewöhnlich groß erscheinen. Er muss mithin in jedem Kursus tausend Minen oder £ 3333, 6 sh. 8 d. eingenommen haben. Auch von Plutarch wird an einer Stelle angegeben, dass tausend Minen sein Didaktron oder gewöhnliches Honorar gewesen sei. Viele andere berühmte Lehrer jener Zeit scheinen ein großes Vermögen erworben zu haben. Gorgias schenkte dem Tempel von Delphi seine eigene Statue aus gediegenem Golde. Wir brauchen allerdings nicht anzunehmen, dass sie lebensgroß gewesen sei. Der Fuß, auf dem er, sowie Hippias und Protagoras, zwei andere ausgezeichnete Lehrer jener Zeit, lebten, war nach Plato glänzend bis zur Prahlerei. Plato selbst soll großen Aufwand gemacht haben. Nachdem Aristoteles Erzieher des Alexander gewesen und sowohl von diesem als von seinem Vater Philipp, wie alle Zeugnisse bekunden, aufs Glänzendste belohnt worden war, hielt er es doch noch der Mühe für wert, nach Athen zurückzukehren, um seine Vorträge wieder aufzunehmen. Lehrer der Wissenschaften waren zu jener Zeit anscheinend weniger häufig als ein oder zwei Menschenalter später, wo der Wettbewerb wahrscheinlich sowohl den Preis ihrer Arbeit als auch die Bewunderung für ihre Person etwas ermäßigt hatte. Doch scheinen die hervorragendsten unter ihnen noch immer einen Grad von Achtung genossen zu haben, wie ihn heutigen Tages kein Mann gleichen Standes irgendwo erreicht. Die Athener betrauten den Akademiker Karneades und den Stoiker Diogenes mit einer feierlichen Gesandtschaft nach Rom, und wenn ihre Stadt damals auch schon von ihrer früheren Größe herabgesunken war, so war sie doch immer noch eine unabhängige und ansehnliche Republik. Überdies war Karneades ein Babylonier von Geburt, und da niemals ein Volk eifersüchtiger als die Athener darüber wachte, keine Fremden zu öffentlichen Würden zuzulassen, so muss ihre Achtung für ihn sehr groß gewesen sein.
Im Ganzen ist übrigens dieser Umschwung für das Publikum vielleicht eher vorteilhaft als schädlich. Der Stand eines öffentlichen Lehrers ist dadurch etwas herabgesetzt worden; aber die Wohlfeilheit der gelehrten Erziehung ist sicherlich ein Vorteil, der diesen kleinen Übelstand weit überwiegt. Auch würde davon das Publikum noch viel größeren Gewinn haben, wenn die Einrichtungen der gelehrten Schulen und Universitäten vernünftiger wären als sie es jetzt durchweg in Europa sind.
Drittens, die europäische Wirtschaftspolitik bringt durch Hemmung der freien Bewegung der Arbeit und des Kapitals sowohl von Geschäft zu Geschäft als von Ort zu Ort, in manchen Fällen eine sehr schädliche Ungleichheit in der Gesamtheit der Vorteile und Nachteile ihrer Anlagen hervor.
Das Lehrlingsgesetz hemmt die freie Arbeitsbewegung von einem Geschäft zum anderen sogar an ein und demselben Orte. Die ausschließenden Zunftprivilegien hemmen sie von einem Orte zum anderen sogar in ein und demselben Geschäfte.
Es kommt häufig vor, dass, während den Arbeitern in dem einen Gewerbe hoher Lohn gegeben wird, sie in einem anderen mit der nackten Existenz vorlieb nehmen müssen. Das eine gedeiht und hat einen steten Begehr nach frischen Arbeitskräften; das andere hingegen verfällt und der Überfluss an Arbeitskräften nimmt stets zu. Zwei solche Gewerbe können bald in einer und derselben Stadt, bald in einer und derselben Gegend sein, ohne dass sie imstande wären, einander nur die geringste Hilfe zu leisten. In dem einen Falle, ist das Lehrlingsgesetz hinderlich und in dem anderen sowohl dieses als die ausschließende Zunft. Gleichwohl sind in vielen Gewerben die Operationen einander so ähnlich, dass die Arbeiter leicht aus dem einen in das andere übertreten könnten, wenn jene abgeschmackten Gesetze es nicht verhinderten. Das Weben glatter Leinenzeuge und glatter Seidenzeuge ist z. B. fast ganz dasselbe. Das Weben glatter Wollenwaren ist etwas anderes, aber der Unterschied ist so unbedeutend, dass ein Seiden- oder Leinweber in wenigen Tagen ein ganz guter Tuchweber werden könnte. Geriete nun eines dieser drei Hauptgewerbe in Verfall, so könnten die Arbeiter leicht in einem der beiden anderen, deren Lage glücklicher ist, Zuflucht finden, und ihr Lohn würde weder in dem blühenden Gewerbe zu hoch, noch in dem verfallenden zu niedrig werden. Die Leinweberei steht zwar in England laut einem besonderen Statut jedermann offen; da sie aber in den meisten Gegenden des Landes wenig betrieben wird, so kann sie den Arbeitern anderer verfallender Gewerbe keine allgemeine Zuflucht bieten, und diese haben überall, wo das Lehrlingsgesetz in Geltung ist, keine andere Wahl als entweder dem Kirchspiel zur Last zu fallen, oder sich als Tagelöhner zu verdingen, wozu sie sich vermöge ihrer bisherigen Gewohnheiten weit weniger schicken als zu irgendeinem anderen Gewerbszweige, der mit dem ihrigen einige Ähnlichkeit hat. Darum ziehen sie es denn auch in der Regel vor, dem Kirchspiel zur Last zu fallen.
Alles, was die freie Bewegung der Arbeit von einem Geschäfte zum andern hemmt, hemmt auch die des Kapitals, da die Größe des Kapitals, das in einem Geschäftszweige angelegt werden kann, sehr von der Menge der Arbeit abhängt, die in ihm aufgewendet wird. Doch legen Zunftgesetze dem freien Umlauf des Kapitals von einem Orte zum anderen weniger Hindernisse in den Weg als der Arbeit. Für einen reichen Kaufmann ist es überall leichter, in einer korporierten Stadt ein Handelsprivilegium zu erlangen als für einen armen Handwerker die Erlaubnis, in