La San Felice. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Ich verstehe mich ein wenig auf Wunden, und diese da geht bis auf den Grund.«

      Er forderte Cirillo durch eine Geberde auf, sich ihm zu nähern. Cirillo neigte sein Ohr zu dem Munde des Verwundeten.

      »Nicht als ob ich an Ihrer Kunst zweifelte,« sagte dieser, »aber Sie würden, glaube ich, wohl thun, wenn Sie nach einem Priester schickten.«

      »Entkleidet diesen Mann mit der größten Vorsicht, sagte Cirillo, dann wendete er sich zu dem Besitzer des Hauses, welcher mit seiner Frau und seinen beiden Kindern den Verwundeten neugierig betrachtete. »Schickt einen von euren beiden Knaben nach der Kirche Santa Maria di Porto Salvo und laßt nach Don Michelangelo Ciccone fragen.«

      »Ah, den kennen wir! Lauf, Tore, lauf! Du hast gehört, was der Herr Doctor gesagt hat.«

      »Ich gehe, sagte der Knabe.

      Und er verließ eiligst das Haus.

      »Zehn Schritte von hier ist eine Apotheke, rief Cirillo ihm nach; »wecke im Vorübergehen den Apotheker und sage ihm, daß der Doctor Cirillo ihm sogleich ein Recept schicken werde. Er möge immer seine Thür öffnen und warten.«

      »Aber zum Teufel, was für ein Interesse haben Sie denn daran, daß ich am Leben bleibe?« fragte der Verwundete den Arzt.

      »Ich, mein Freund?– entgegnete Cirillo, »ich habe weiter kein Interesse, als das der Humanität.«

      »Was für ein sonderbares Wort,« sagte der Sbirre mit schmerzlich krampfhaftem Lächeln; »es ist das erste Mal, daß ich es höre. Ah, Madonna del Carmine!«

      »Was gibt es?« fragte Cirillo.

      »Man thut mir wehe beim Herunterziehender Kleider.«

      Cirillo nahm sein Besteck aus der Tasche, zog ein Bistouri heraus und trennte die Beinkleider, die Weste und das Hemd des Sbirren so auf, daß seine ganze linke Seite entblößt ward.

      »Das laß ich mir gefallen!«, sagte der Verwundete. »Das ist ein Kammerdiener, der sein Geschäft versteht. Wenn Sie eben so gut wieder zusammenzunähen als aufzuschneiden verstehen, so sind Sie ein geschickter Mann, Doctor.«

      Dann setzte er auf die zwischen den falschen Rippen gähnende Wunde zeigend hinzu:

      »Sehen Sie, hier ist es.«

      »Ich sehe es wohl,« sagte der Doctor.

      »Eine schlimme Stelle, nicht wahr?«

      »Waschen Sie diese Wunde jetzt mit frischem Wasser und so behutsam als möglich, sagte der Arzt zu der Wirthin des Hauses. »Haben Sie recht weiche Tücher?«

      »Ich glaube kaum,« sagte die Frau.

      »Nun, dann nehmen Sie mein Taschentuch. Mittlerweile wird man zu dem Apotheker gehen und dieses Recept hier machen lassen.«

      Er schrieb nun mit seinem Bleistift das Recept zu einem beruhigenden Tranke, der aus Brunnenwasser, essigsaurem Ammoniak und Citronensyrup zusammengesetzt war.

      »Aber wer wird das denn bezahlen?« fragte die Frau, indem sie die Wunde mit dem Tuche des Doctors wusch.

      »Nu, wer sonst als ich?« entgegnete Cirillo.

      Zugleich wickelte er ein Geldstück in das Recept und sagte zu dem zweiten Knaben:

      »Lauf schnell! Was Du auf dieses Geldstück herausbekommst, ist dein.«

      »Doctor,« sagte der Sbirre, »wenn ich wieder auf komme, so werde ich Mönch und wende mein ganzes Leben dazu an, für Sie zu beten.«

      Der Doctor hatte mittlerweile eine silberne Sonde aus seinem Besteck gezogen und näherte sich nun dem Verwundeten.

      »Na, lieber Freund, sagte er zu ihm, »jetzt gilt es Mann zu sein.«

      »Sie wollen wohl meine Wunde sondieren?«

      »Ich muß, damit ich weiß, woran ich mich zu halten habe.«

      »Darf ich dabei fluchen?«

      »Ja, aber bedenkt wohl, daß man Euch hört und daß man Euch sieht. Wenn Ihr zu laut schreit, so wird man jagen, Ihr seit ein Feigling, und wenn Ihr zu viel flucht, so wird man sagen, Ihr seit ein Lästerer.«

      »Sie sprachen von einem niederschlagenden Trank, Doctor. Es wäre mir nicht unlieb, wenn ich vor der Operation einen Löffel davon zu mir nehmen könnte.«

      In diesem Augenblick trat der Knabe ganz außer Athem wieder ein und hielt eine kleine Flasche in der Hand.

      »Mutter,« sagte er, »es sind sechs Grani für mich geblieben.«

      Cirillo nahm ihm die Flasche aus der Hand.

      »Einen Löffel, sagte er.

      Man gab ihm einen. Er goß so viel als derselbe faßte von dem Trank hinein und reichte ihn dem Verwundeten.

      »Ha!« sagte dieser nach einem Augenblick, »das thut mir wohl.«

      »Deswegen gebe ich es Euch.«

      Dann setzte Cirillo in ernstem Tone hinzu:

      »Na, seid Ihr nun bereit?«

      »Ja, Doctor,« sagte der Verwundete, »ich werde mich bemühen, Ihnen Ehre zu machen.«

      Der Doctor senkte langsam, aber mit fester Hand die Sonde in die Wunde.

      So wie das Instrument in derselben verschwand, verzerrte das Gesicht des Patienten sich immer mehr, aber er ließ keinen Klageton hören. Der Schmerz und der Muth waren, so sichtbar, daß in dem Augenblick, wo der Doctor seine Sonde wieder herauszog, die Soldaten, welche diesem unheimlichen und ergreifenden Schauspiel beiwohnten, ein beifälliges Gemurmel hören ließen.

      »Nun, war es so recht, Doctor?« fragte der Sbirre, ganz stolz auf sich selbst.

      »Es war mehr, als ich von dem Muthe eines Menschen erwartet hätte, mein Freund,« antwortete Cirillo, indem er sich mit dem Aermel seines Rockes den Schweiß von der Stirn trocknete.

      »Geben Sie mir noch einmal zu trinken, oder es wird mir übel,« sagte der Verwundete mit erlöschender Stimme.

      Cirillo reichte ihm einen zweiten Löffel von dem stärkenden Trank.

      Die Wunde war nicht blos schwer, sondern, wie der Verwundete selbst vermuthet, tödtlich. Die Spitze des Säbels war zwischen der Fehlrippe hindurchgedrungen, hatte die Aorta durchschnitten und das Zwerchfell durchstoßen. Alle Hilfe der Kunst mußte sich darauf beschränken, daß sie durch Zusammenschnüren der Wunde den Blutverlust minderte und auf diese Weise das Leben noch um einige Augenblicke verlängerte.

      »Gebt mir Leinwand, sagte Cirillo, indem er sich umschaute.

      »Leinwand?«, sagte der Wirth des Hauses.

      »Wir haben keine.«

      Cirillo öffnete einen Schrank, nahm ein Hemd heraus und riß es in kleine Stückchen.

      »Was machen Sie denn da?« rief der Hauswirth. »Sie zerreißen mir ja mein Hemd!«

      Cirillo nahm zwei Piaster aus der Tasche und gab sie ihm.

      »O um diesen Preis,« sagte der Mann, »können Sie alle zerreißen.«

      »Aber Doctor,« sagte der Verwundete, »wenn Sie viel solche Patienten haben wie ich, so können Sie unmöglich reich werden.«

      Aus einem Theile des Hemdes machte Cirillo ein Bäuschchen, aus dem andern eine Binde.

      »Fühlt Ihr Euch jetzt besser?«, fragte er den Verwundeten.

      – Dieser schöpfte tief und zögernd Athem.

      »Ja,« sagte er dann.

      »Nun,« mischte der Officier sich ein, »dann könnt Ihr wohl meine Fragen beantworten?«

      »Ihre Fragen, wozu?«

      »Ich muß mein Protokoll aufnehmen.«

      »Ah,« sagte der Verwundete, »Ihr Protokoll! Dies will ich Ihnen in vier Worten dictiren. Doctor, noch einen Löffel von Ihrem Stoff.

      Der Sbirre trank noch einen Löffel von dem schmerzstillenden Tranke und