Da nach dem Amtsantritt Adolf Hitlers die Volkswirtschaft unter dem Begriff Wehrwirtschaft erste Verbesserungen in der Versorgung der Bevölkerung nach der im Oktober 1929 ausbrechende Weltwirtschaftskrise erkennbar wurde, bekamen die Nazis in der Bevölkerung immer mehr Anerkennung. Mit einer deutlichen Zustimmung von 89,93% der über 45 Millionen teilnehmenden Wähler, wurde der in Österreich am 20. April 1889 geborene Adolf Hitler Führer und Reichskanzler des Deutschen Reiches. Hitler verzichtete auf die Amtsbezeichnung „Reichspräsident“, weil diese unzertrennlich mit dem Namen Hindenburgs verbunden sei, und führte fortan die Bezeichnung Führer und Reichskanzler.
Meine Eltern waren liberale Menschen und hatten mit der Politik der Nazis nichts am Hut. Man kümmerte sich um die Firma und Familie. 1935 kam dann, als drittes Kind unserer, Familie der erste Sohn, unser Walter, zur Welt. Der von den Nationalisten versprochene Wiederaufschwung wurde spürbar. Arbeitsprogramme brachten den Menschen wieder Lohn und Brot. So konnte dann auch meine Familie eine Wohnung in der Straße Neue Krugallee in Treptow gegenüber dem Plänterwald in unmittelbarer Nähe zur Spree beziehen. Das schicke traute Heim und die schöne Umgebung waren der erste Schritt zum Wohlstand.
Als dann die Olympischen Winterspiele, die in der Zeit vom 06. bis zum 16. Februar 1936 in Garmisch-Partenkirchen im Deutschen Reich ausgetragen wurden, beendet waren, widmeten sich die NS-Machthaber nun verstärkt um die Ausdehnung der territorialen Basis des Reiches nach rassistischen und machtpolitischen Gesichtspunkten. Infolge des Versailler Vertrages wurde das Saarland nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Deutschen Reich für 15 Jahre ausgegliedert. Bis es am 13. Januar 1935 nach der im Vertrag vorgesehenen Saarabstimmung aufgrund einer 90,67% Zustimmung der saarländischen Bevölkerung wieder ins Deutsche Reich eingegliedert wurde. Getragen von diesem Wahlergebnis ließ Hitler am 16. März 1935 die allgemeine Wehrpflicht wieder einführen. Bereits am 08. März 1935 hatte der Führer bekanntgegeben, dass Deutschland eine neue Luftwaffe besitze und eine Woche später verkündete er, Deutschland werde sich nicht mehr an die militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages halten, der eine Truppenstärke von 100.000 Mann vorsah. Man wollte nun ein Heer von 36 Divisionen mit 550.000 Soldaten aufbauen. Der Völkerbund protestierte. Er trat Hitler aber nicht entschlossen genug entgegen. Danach wurde entsprechend der NS-Propaganda die Rheinlandbefreiung geplant. Am 07. März 1936 begann die Stationierung von Truppenteilen der Wehrmacht im nach den Versailler Verträgen entmilitarisierten Rheinland. Die Besetzung führte zu keinen nennenswerten Folgen für Deutschland. Die Siegermächte des Ersten Weltkrieges ließen sich durch die deutsche Friedensbeteuerungen ruhigstellen. Durch die Passivität von Frankreich und Großbritannien wurde hier eine der letzten Gelegenheiten verpasst, die Eroberungspläne des Diktators allein durch entschiedenes Auftreten rechtzeitig zu durchkreuzen. So gelang es auch den Nationalsozialisten, trotz weltweiter Proteste, das Internationale Olympische Komitee davon zu überzeugen, dass die bereits im Jahre 1930 an Deutschland vergebenen Olympischen Sommerspiele stattfinden konnten. Nachdem die USA ihre Teilnahme erklärte, schlossen sich auch die meisten anderen Nationen dieser Haltung an. Nur die Sowjetunion sagte ihre Teilnahme ab. Diese Spiele wurden von den Nationalisten zu einer Propagandaveranstaltung in eigener Sache umfunktioniert. Sie gaukelten der Weltöffentlichkeit friedliche Absichten und die Garantie vor, dass die Olympischen Regeln eingehalten würden. Im Medaillenspiegel lag das Deutsche Reich mit 33 Gold-, 26 Silber- und 30 Bronzemedaillen vor den USA am Ende der Spiele an erster Stelle. In Berlin und anderswo im Deutschen Reich schwappte eine Welle von, wir Deutschen sind wieder wer, durch das Land. Die Nazis hatten ihr Ziel der Anerkennung bei der Bevölkerung erreicht. Die Vorbereitungen des aggressiven Expansionskurses und die Umsetzung der Nürnberger Rassengesetze durch das Hitler Regime liefen nun auf Hochtouren. Obwohl in den Verträgen von Versailles und Saint Germain nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, ein Zusammenschluss von Österreich und Deutschland durch die Siegermächte untersagt war, marschierten Wehrmachtstruppen ohne Widerstand am 12. März 1938 in Österreich ein. Ein verzweifelter Hilfeappell des österreichischen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg an die europäischen Mächte blieb ungehört. In einer keinesfalls nach freien und demokratischen Grundsätzen vollzogenen Volksabstimmung am 10. April 1938 votierten offiziell 99,73 Prozent der Österreicher und 99,01 Prozent der Deutschen für den Anschluss der Ostmark, wie Österreich nun hieß. Hitler setzte seinen Eroberungskurs fort. Deutschland besetzte 1938 und 1939 das Sudetenland, die Tschechoslowakei und das Memelland. Die Appeasement-Politik der Westmächte konnte Hitler nicht mehr stoppen. Der Wahnsinn der Nazizeit eskalierte mit dem Überfall auf das benachbarte Polen am 01. September 1939. Hitler begann den Zweiten Weltkrieg. Ende 1939 hatte die Wehrmacht 4,7 Millionen Männer einberufen um Lebensraum für sein Volk zu erobern und ein „ Großgermanisches Reich“ zu errichten.
Kritiker und Widerstandskämpfer wurden von den Terrororganen Gestapo und SS gejagt. Im Berliner Alltag machte sich der Krieg langsam dadurch bemerkbar, dass immer mehr Männer zum Militär eingezogen wurden. Das sich der Überfall auf Polen zu einem mörderischen Weltkrieg ausweiten würde, habe man zu der Zeit in der Bevölkerung noch nicht einschätzen können.
Man kümmerte sich im Berliner Alltag um seinen Beruf oder besuchte die Schule. In unserer Familie wurde 1939 der zweite Sohn, mit Namen Knut, geboren. Fanatische Nazis drangen immer mehr in die Gesellschaft ein. So trat auch ein Geschäftsfreund meines Vaters 1933 begeistert in die NSDAP ein. Sein Betrieb, die weltweit größte Baumschule am Baumschulenweg, profitierte von diesen Kontakten und erhielt Aufträge zur Begrünung von Autobahnen, beim Bau des Olympiastadions in Berlin und des Flughafens in Tempelhof. Wer nicht in der NSDAP war, gehörte nicht mehr zur herrschenden Klasse und hatte mit Unannehmlichkeiten im täglichen Leben zu rechnen. So wurde auch mein Vater 1940 massiv bearbeitet, endlich in die Partei einzutreten, zumal er für den Erweiterungsbau des Tempelhofer Flughafens vom Staat auch einen ziemlich großen Auftrag bekam. Er konnte aber allen Anwerbungsversuchen stand halten. Häufig nutzte er seine vergnügungssüchtige Rixdorfer Mentalität. Er ging mit den Leuten in die nächste Kneipe, um über einen Parteieintritt zu reden. Dabei soff er die Nazis unter den Tisch. Volltrunken hatten die Freunde Adolf Hitlers dann mit sich selber zu tun und der Parteieintritt wurde eins ums andere Mal vertagt und so wurde, zum Glück und ohne Nachteile für unsere Familie, die Parteizugehörigkeit nie vollzogen.
Im Alltag spürte man ein Klima von Angst, besonders den Hass und die Diskriminierung gegen die deutschen Juden. Ihre systematische Verfolgung mündete, nach den Pogromen in der Reichskristallnacht im November 1938, im Holocaust. Wer sich gegen den Staat stellte, wurde verraten.
Dieses Los ereilte auch den Baumschulenbesitzer Späth, der mit einer Jüdin verheiratet war. Obwohl Mitglied der NSDAP, wurde er 1943 verhaftet und wegen „Umgangs mit Juden und versteckter Hetz- und Wühlarbeit gegen Deutschland“ enteignet und zu einem Jahr Haft verurteilt. Er wurde dann in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert und am 15.02.1945 ermordet. Mein Vater sprach nie darüber, aber mein Onkel Karl erzählte mir nach dem Krieg voller Stolz, dass sich mein Vater mit seinen bescheidenen Möglichkeiten unter Todesgefahr, um Verfolgte gekümmert haben soll.
In Berlin lebten 1933 etwa 170.000 Juden. Anfang 1940 waren es noch 80.000. Nach Beginn der Deportationen dezimierte sich diese Zahl dann immer mehr. Im März 1943 wurden noch 27.250 Juden gezählt und im Juni 1943 waren es nur noch 6.800. Nur ein paar Tausend Juden überlebten die Nazi-Diktatur als „U-Boote“ in Berlin. Diese Untergetauchten hätten jedoch nicht überleben können, wenn es nicht