Die Steinmauer von Stonehome lag vor ihnen und Sebastian sah Emeline und Coras Pferd darüber springen, die Hufe streiften die Spitze.
„Haltet an!“, rief Sebastian Asha zu, ehe sie alle darüber sprangen. Sein Pferd sprang und Sebastian spürte, wie es Steine von der Mauer fegte, dann musste er um die Kontrolle ringen, als es auf den Boden kam und in dem Graben dahinter nach Halt suchte.
Irgendwie schaffte es das Pferd sein Gleichgewicht wieder zu erlangen und dann waren sie draußen im Moor hinter dem Dorf.
“Langsam jetzt”, rief Emeline vor Sebastian. Es dauerte einen Moment oder zwei, bis sie in Sichtweite kam. „Cora, halte Violet ruhig.“
Sie hörten auf zu rennen und schlichen stattdessen und das Schlimmste war, dass Sebastian nicht einmal sehen konnte, warum. Er wusste, dass es dort Soldaten geben musste, die den Weg bewachten oder vielleicht noch nach ihnen suchten, aber er wusste nicht, wo sie waren. Alles, was er tun konnte, war sein Schwert bereit zu halten und zu hoffen, dass keiner der Schatten die sie im Nebel sahen, zu ihnen sah.
Wie lange würden sie noch so weiterlaufen? Stunden vielleicht? Es war unmöglich zu sagen, wenn der Nebel sogar die Sonne ausblendete und die Spannung, die Sebastian fühlte, streckte sich jeden Moment in etwas, was sich wie eine Ewigkeit anfühlte. Sie ritten mit ihren Pferden durch das Gebiet, was einmal das Herz der Linien der neuen Armee sein musste, hinaus ins Moor immer einen Schritt weiter.
„Er bekämpft es“, sagte Asha hinter Sebastian. „Seine Vögel versuchen … den Nebel … beiseitezuschieben.“
Sie hörte sich wie jemand an, der versuchte, eine Tür gegen eine Armee geschlossen zu halten.
„Du musst weitermachen“, sagte Sebastian. „Kann ich irgendetwas tun, um zu helfen?“
Asha lachte. „Nein, du kannst nichts tun. Aber ich werde es weiterhalten … für sie.“
Sie sagte nichts weiter, während Sebastian hinter ihr ritt. Sie hielt ihn einfach nur mit einer Hand an der Hüfte fest und das glühende Herz ausgestreckt in der anderen. Als ihr Griff an seiner Taille schwächer wurde, nahm Sebastian sie am Arm, hielt sie an Ort und Stelle, während ihr Pferd durch das Moor trabte.
Nach einer weiteren Stunde, als sie um ein Stück Torf herumritten, das zu weich war, um ihr Gewicht zu halten, stürzte Asha vom Sattel. Sebastian hielt an und ging zu ihr, während Emeline und Cora vor ihnen ebenfalls abstiegen und mit Violet zu ihm kamen. Sebastian kniete neben Asha, bot ihr einen Schluck Wasser aus seiner Wasserflasche. Sie reagierte kaum.
„Wir sind noch nicht … da“, murmelte sie.
„Du hast mehr als genug getan“, sagte Sebastian. „Wir sind sicher dank dir.“
„Violet … ist …“
Sie schweifte ab und Sebastian sah den Moment, als das Steinherz von Stonehome matt wurde. Er fühlte ihre Halsschlagader, aber es gab keinen Puls mehr, während um sie herum der Nebel immer dünner wurde, als die Macht von Asha wich.
“Sie ist tot”, sagte Sebastian und war nicht in der Lage Mitleid für jemanden zu empfinden, der so viel Wut und Hass in sich hatte, wie Asha, aber er konnte Dankbarkeit und Respekt für alles empfinden, was sie getan hatte.
„Das kann nicht sein“, sagte Emeline. „Asha würde nicht so viel von sich selbst in einen Stein stecken, dass es sie tötet. Sie würde nicht alles für uns aufgeben. Für niemanden.“
Sebastian schaute zu seiner Tochter und wusste, dass das nicht stimmte. Asha hatte alles gegeben, um sicherzugehen, dass Violet in Sicherheit sein würde. Sie hatte sich selbst zu einer leeren Hülle gebrannt, um die Magie die sie brauchten, um seine Tochter zu schützen aufrecht zu erhalten und all das für etwas, was sie in einer Vision gesehen hatte. Sebastian wusste nicht, ob das bewundernswert oder einfach nur schrecklich war.
“Sie hat Menschen wie uns gehasst”, sagte Cora, “aber sie hat ihr Leben für uns gegeben.”
„Ich hoffe einfach, dass das ausreicht“, sagte Sebastian, als der Nebel sich lichtete. Sie waren jetzt weit genug von Stonehome entfernt, sodass er keine Anzeichen mehr von den Männern des Krähenmeisters sah, aber er wusste, wie wenig das bedeutete, wenn jeder Vogel am Himmel ihm berichten konnte.
„Ich kann das sicherstellen“, sagte Emeline und griff nach dem Stein. „Wenn Asha das kann, dann kann ich –“
Sebastian sah Coras Hand sich über ihr Handgelenk legen. „Mach das nicht. Nicht wenn dich das tötet.“
Sebastian konnte nur zustimmen. “Wenn ich gewusst hätte, das Asha weitermacht, bis es sie tötet, hätte ich sie auch aufgehalten. So wie es ist, ist es zu gefährlich.“
Er riskierte es nicht, den Stein mit den bloßen Fingern anzufassen. Stattdessen nahm er einen Beutel von seinem Gürtel und schob ihn hinein und schloss ihn von der Welt aus. Er war viel zu mächtig, um ihn für den Krähenmeister zu hinterlassen.
“Sollen wir sie begraben?”, fragte Cora mit einer leicht zittrigen Stimme und hielt Violet eng an sich gedrückt, als wenn sie das Baby vor dem Anblick der Leiche beschützen wollte.
„Es ist keine Zeit dafür“, erwiderte Sebastian und hasste, dass er das sagen musste. Er wollte Asha nicht den Krähen überlassen. Er schaute zum Torfmoor hinüber. “Emeline hilf mir mal.”
Er hörte Emeline seufzen. “Das scheint kein respektvolles Ende zu sein.”
„Es ist besser, als wenn die Krähen ihre Macht fressen“, erwiderte Sebastian. „Und ich denke, im Moment wollte sie dass wir den schnellsten Weg nehmen. Zu flüchten ist der beste Weg, um sie zu ehren.“
Emeline nickte bei all dem. „Wahrscheinlich hast du recht.“
Beide hoben Ashas Körper hoch und legten ihn auf das weiche Torfmoor und schauten zu, wie ihr totes Gewicht sie herunterzog. Sebastian wartete, bis sie ganz aus dem Blickfeld verschwunden war und dachte an die Zeiten, in denen sie geholfen hatte, Ashton zu retten und wie viel er ihr schuldete, weil sie jetzt seine Tochter gerettet hatte.
„Wir müssen gehen“, sagte Emeline schließlich. „Ich halte uns immerhin vor der Magie versteckt aber das wird nicht gegen die Krähen oder die Soldaten helfen. Wir müssen uns beeilen.“
Sebastian nickte. „Auf nach Monthys.“
“Nach Monthys”, stimmte Emeline zu.
Sebastian war sich nicht sicher, was sie dort finden würden, sobald sie dort ankämen. Er hoffte einfach nur, dass es etwas, irgendwas war, dass sie den Krähenmeister überleben lassen ließen.
KAPITEL SIEBEN
Sophia wusste nicht, was sie tun sollte oder was sie sagen sollte. Sie hatte so lange nach ihren Eltern gesucht und hatte sie in kurzer Zeit gefunden und für immer verloren. Sie konnte Kate und Lucas sehen, die vor Schreck erstarrt waren, keiner von ihnen bewegte sich oder gab irgendein Anzeichen, dass sie eine Ahnung hatten, was sie tun sollten.
Die Trauer kam langsam, als wenn es so lange gedauert hätte, zu begreifen, was hier passiert war.
„Ich kann nicht …“, sagte Kate neben ihr. „Ich weiß nicht, was wir tun sollen.“
„Ich weiß“, sagte Sophia und hielt sie fest.
Lucas kam zu ihnen und zum ersten Mal, seit sie ihn kennengelernt hatte, sah Sophia Tränen über seine Wangen rollen.
“Wenn ich mich nicht auf die Suche gemacht hätte, wäre nichts von dem passiert“, sagte er. „Das Gift wäre nicht hier hereingekommen.“
„Aber dann hätten wir sie nie getroffen