„Ich weiß", sagte Riley tröstend. „Ich verstehe."
Bill brach in sich zusammen und schüttelte den Kopf.
„Vielleicht bin ich noch nicht bereit dafür", sagte er. „Vielleicht sollten wir für heute aufhören.“
Riley klopfte ihm auf die Schulter.
„Nein", sagte sie. „Ich denke, es ist besser, wenn du es jetzt durchziehst."
Bill nahm ein paar lange, langsame Atemzüge. Er wusste, dass Riley Recht hatte.
Also nahmen Riley und er ihre Positionen wieder auf, und Bill sprach erneut ins Mikrofon ...
„Geiselnahme. Los geht’s.“
Die Ausgangssituation war wieder die Gleiche, mit zwei Feinden, die gefährlich nahe bei der Geisel lauerten.
Während Bill durch seine Visier blickte, atmete er langsam ein und aus.
Es ist nur ein Spiel, sagte er zu sich. Es ist nur ein Spiel.
Endlich kam der Moment, auf den er wartete. Die beiden Feinde hatten sich kaum merklich von der Geisel entfernt. Es war immer noch ein gefährlicher Schuss, aber Bill und Riley mussten es wagen.
„Feuer frei!“, sagte er.
Diesmal schoss er sofort, und den Bruchteil einer Sekunde später hörte er das Geräusch von Rileys Schuss.
Beiden feindlichen Subjekte fielen nach vorne und hörten auf, sich zu bewegen.
Bill senkte seine Waffe.
Riley klopfte ihm auf die Schulter.
„Du hast es geschafft, Bill", sagte sie lächelnd. „Das macht mir Spaß. Was sonst können wir mit diesen Bots noch anfangen?"
Bill sagte: „Es gibt ein Programm, bei dem wir auf sie zugehen können, während wir schießen."
„Lass es uns ausprobieren."
Bill sprach wieder in sein Mikrofon.
"Nahkampf."
Alle acht Feinde begannen sich zu bewegen, und Bill und Riley rückten Schritt für Schritt auf sie zu und feuerten Schuss um Schuss. Ein paar Roboter fielen, und die anderen huschten herum und wurden immer schwerer zu treffen.
Als Bill weiter schoss, wurde ihm klar, dass in dieser Simulation etwas Entscheidendes fehlte.
Sie schießen nicht zurück, dachte er.
Seine Erleichterung über die Rettung der Geisel fühlte sich seltsam hohl an. Schließlich hatten Riley und er nur das Leben eines Roboters gerettet.
Es änderte nichts an der Realität dessen, was letzten Monat passiert war.
Lucy hatte es sicher nicht wieder zum Leben erweckt.
Seine Schuld verfolgte ihn immer noch. Ob er jemals in der Lage wäre, sie abzuschütteln?
Und ob er wohl jemals wieder seine Arbeit würde ausüben können?
KAPITEL DREI
Im Anschluss an ihre Schießübung machte sich Riley immer noch Sorgen um Bill. Es stimmte, nach seinem Zusammenbruch hatte er sich schnell erholt. Und, als sie aus nächster Nähe zu schießen begonnen hatten, schien er sich richtig zu amüsieren
Als er Quantico verließ, um in seine Wohnung zurückzukehren, erschien er ihr sogar fröhlich. Dennoch war er nicht mehr der alte Bill, der so viele Jahre lang ihr Partner gewesen, und dabei längst ihr bester Freund geworden war.
Sie wusste, worüber er sich am meisten Sorgen machte.
Bill hatte Angst, dass er nie wieder zur Arbeit kommen könnte.
Sie wünschte, sie könnte ihn mit freundlichen, einfachen Worten beruhigen—etwas wie....
„Du machst einfach eine schwere Zeit durch. Das passiert uns allen. Du wirst früher drüber hinweg sein, als du denkst."
Aber dahingesagte Zusicherungen waren nicht das, was Bill jetzt brauchte. Und in Wahrheit wusste Riley auch nicht, ob es stimmte.
Sie hatte selbst eine Phase erlebt, in der sie unter PTBS litt und wusste, wie schwer der Weg zur Genesung sein konnte.
Sie würde Bill einfach helfen müssen, diesen schrecklichen Prozess durchzustehen.
Obwohl Riley zurück in ihr Büro ging, gab es für sie bei der BAU heute eigentlich wenig zu tun. Sie hatte derzeit keinen Auftrag, und diese geruhsamen Tage kamen ihr nach der Intensität des letzten Falles in Iowa sehr gelegen. Sie erledigte die Kleinigkeiten, die ihre Aufmerksamkeit erforderten, und ging.
Als Riley nach Hause fuhr, fühlte sie sich bei dem Gedanken an ein Abendessen im Kreise ihrer Familie regelrecht beschwingt. Besonders zufrieden war sie darüber, dass sie Blaine Hildreth und seine Tochter für heute Abend eingeladen hatte.
Riley war erfreut, dass Blaine Teil ihres Lebens war. Er war ein hübscher, charmanter Mann. Und wie sie war er erst seit kurzem geschieden.
Wie sich herausgestellt hatte, war er auch bemerkenswert mutig.
Es war Blaine, der auf Shane Hatcher geschossen und ihn schwer verletzt hatte, als Hatcher Rileys Familie bedroht hatte.
Riley würde ihm dafür auf ewig dankbar sein.
Bislang hatte sie bloß eine Nacht mit Blaine verbracht, da waren sie bei ihm zu Hause gewesen. Sie achteten sehr auf Diskretion, und seine Tochter Crystal hatte die Frühlingsferien bei ihren Cousins verbracht. Riley lächelte über die Erinnerung an ihr leidenschaftliches Liebesspiel.
Ob der heutige Abend genauso enden würde?
*
Rileys Haushälterin Gabriela hatte eine köstliche Mahlzeit aus Chiles Rellenos nach einem Familienrezept, das sie aus Guatemala mitgebracht hatte, zubereitet. Alle genossen die dampfenden, üppig gefüllten Paprikaschoten.
Riley war sehr zufrieden mit dem so guten Essen und der wunderbaren Gesellschaft, die sie genoß.
„Nicht zu picante?“, fragte Gabriela.
Natürlich war das Essen auch für US-amerikanische Geschmacksnerven nicht zu scharf und würzig, und Riley war sicher, dass Gabriela das wusste. Gabriela hielt sich, was ihre original mittelamerikanischen Rezepte betraf, stets zurück. Ganz offensichtlich bevorzugte sie den ,leichten Weg, Komplimente zu bekommen.
„Nein, es ist perfekt", sagte Rileys fünfzehnjährige Tochter April.
„Das beste Essen aller Zeiten", sagte Jilly, das dreizehnjährige Mädchen, das Riley gerade adoptierte.
„Einfach unglaublich", sagte Aprils beste Freundin Crystal.
Crystals Vater, Blaine Hildreth, sprach nicht sofort. Aber Riley konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass auch er von dem Gericht hingerissen war. Sie wusste auch, dass Blaines Wertschätzung professioneller Natur war. Blaine besaß hier in Fredericksburg ein gehobenes Restaurant, dass sich dabei jedoch einer lässigen Atmosphere erfreute.
„Wie machen Sie das nur, Gabriela?“, fragte er nach ein paar Bissen.
„Es un secreto", sagte Gabriela mit einem schelmischen Grinsen.
„Ein Geheimnis, ja?“, fragte Blaine. „Welche Sorte Käse haben Sie denn benutzt? Ich kann es nicht einordnen. Es ist weder Monterey Jack noch Chihuahua. Manchego vielleicht?"
Gabriela schüttelte den Kopf.
„Ich werde es Ihnen nie verraten", sagte sie lächelnd.
Während Blaine und Gabriela weiter über das Rezept scherzten, teils auf Englisch, teils