Wahlausschuß
Die Majorität, verstärkt durch die Ueberläufer von der Minorität, schritt nun zur Ernennung eines Wahlausschusses. Es wurden funfzehn Mitglieder erwählt, und es zeigte sich bald, daß zwölf davon nicht geneigt waren, die Regelmäßigkeit des Verfahrens streng zu untersuchen, durch welches ein Whig in das Parlamentshaus geschickt worden war. Der Herzog von Hamilton selbst soll über die grobe Parteilichkeit seiner eignen Anhänger entrüstet gewesen sein und sich, allerdings mit geringem Erfolge, bemüht haben, ihre Heftigkeit zu zügeln.33
Das Schloß von Edinburg zur Uebergabe aufgefordert
Ehe die Stände mit der Berathung der Angelegenheit begannen, um deren willen sie zusammengetreten waren, hielten sie es für nöthig, auf ihre Sicherheit bedacht zu sein. Sie konnten nicht ganz unbesorgt sein, so lange das Dach, unter dem sie saßen, von den Batterien des Schlosses beherrscht wurde. Es wurde demnach eine Deputation an Gordon abgesandt, um ihn im Namen der Convention aufzufordern, die Festung binnen vierundzwanzig Stunden zu räumen, und ihm zu sagen, daß, wenn er sich füge, seiner Vergangenheit nicht zu seinem Nachtheil gedacht werden solle. Er bat um eine Nacht Bedenkzeit. Während dieser Nacht wurde sein schwankender Sinn durch Dundee’s und Balcarras’ eindringliche Vorstellungen befestigt. Am andren Morgen schickte er eine in ehrerbietigen, aber ausweichenden Ausdrücken abgefaßte Antwort. Er erklärte darin, er sei weit entfernt, Böses gegen die Stadt Edinburg im Sinne zu haben. Am allerwenigsten könne es ihm einfallen, eine hohe Versammlung zu belästigen, die er mit der größten Ehrfurcht betrachte. Er sei gern bereit, Bürgschaft für sein friedliches Verhalten bis zum Betrage von zwanzigtausend Pfund Sterling zu erlegen. Aber er stehe mit der jetzt in England eingesetzten Regierung in Verbindung, er erwarte stündlich Depeschen von dieser Regierung und bis zum Eingang derselben halte er sich nicht für berechtigt, sein Commando niederzulegen. Diese Entschuldigungen wurden nicht angenommen. Es wurden Herolde und Trompeter abgeschickt, um das Schloß in aller Form zur Uebergabe aufzufordern und Diejenigen, welche fortfahren sollten, diese Festung der Autorität der Stände zum Trotz besetzt zu halten, des Hochverraths für schuldig zu erklären. Zu gleicher Zeit wurden Wachen ausgestellt, um jede Verbindung zwischen der Garnison und der Stadt abzuschneiden.34
Dundee von den Covenanters bedroht
Unter diesen Vorspielen waren zwei Tage verstrichen und man erwartete, daß am Morgen des dritten der große Kampf beginnen werde. Die Bevölkerung von Edinburg war unterdessen in großer Aufregung. Man war dahinter gekommen, daß Dundee auf dem Schlosse Besuche gemacht hatte, und man glaubte, daß seine Ermahnungen die Garnison bewegen hätten, Widerstand zu leisten. Man wußte, daß seine alten Soldaten sich um ihn schaarten, und es stand wohl zu befürchten, daß er einen verzweifelten Versuch unternehmen werde. Er dagegen hatte erfahren, daß die westlichen Covenanters, welche die Keller der Stadt füllten, ihm Rache geschworen hatten, und in der That, wenn wir erwägen, daß sie von beispiellos wildem und unversöhnlichem Character waren, daß man sie gelehrt hatte, das Erschlagen eines Verfolgers als eine Pflicht zu betrachten, daß keine in der heiligen Schrift vorkommenden Beispiele ihnen häufiger zur Bewunderung vorgehalten wurden als Ehud, wie er Eglon ersticht, und Samuel, wie er Agag in Stücken haut, daß sie keine That aus der Geschichte ihres Vaterlandes von ihren Lieblingslehrern wärmer hatten loben hören als die Ermordung des Cardinals Beatoun und des Erzbischofs Sharpe, so dürfen wir uns wohl wundern, daß ein Mann, der das Blut der Heiligen wie Wasser vergossen hatte, nur einen einzigen Tag ohne Lebensgefahr durch High Street gehen konnte. Der Feind, den Dundee am meisten Grund zu fürchten hatte, war ein junger Mann von ausgezeichnetem Muth und Talent, Namens Wilhelm Cleland. Cleland hatte, als er wenig über sechzehn Jahr alt war, bei der Insurrection, welche an der Bothwellbrücke niedergeworfen wurde, die Waffen getragen. Seitdem hatte er sich durch seine Menschlichkeit und Mäßigung das Mißfallen einiger boshaften Fanatiker zugezogen. Bei der großen Masse der Presbyterianer aber stand sein Name in hohem Ansehen, denn mit der strengen Moralität und dem glühenden Eifer eines Puritaners verband er einige Vorzüge, deren sich wenige Puritaner rühmen konnten. Er besaß feine Manieren und eine achtungswerthe literarische und wissenschaftliche Bildung. Er war Linguist, Mathematiker und Dichter. Seine Hymnen, Oden, Balladen und Satiren à la Hudibras hatten allerdings wenig innern Werth; aber wenn man bedenkt, daß er fast noch ein Knabe war, als er die meisten derselben schrieb, so muß man zugeben, daß sie bedeutende natürliche Anlagen bekunden. Er war jetzt in Edinburg, sein Einfluß unter den daselbst versammelten westländischen Whigs war sehr groß, er haßte Dundee mit tödtlicher Erbitterung und man glaubte, daß er mit einem Gewaltschritt umgehe.35
Am 15. März wurde Dundee benachrichtigt, daß einige Covenanters sich gegenseitig verpflichtet hatten, ihn und Sir Georg Mackenzie, den seine lange Zeit dem Dienste der Tyrannei gewidmete Beredtsamkeit und Gelehrsamkeit den Presbyterianern verhaßter gemacht hatte als irgend einen andren Mann von der Robe, um’s Leben zu bringen. Dundee bat Hamilton um Schutz, und Hamilton rieth ihm, die Sache in der nächsten Sitzung der Convention vorzulegen.36
Schreiben von Jakob an die Convention
Vor dieser Sitzung kam ein gewisser Crane aus Frankreich mit einem Schreiben des flüchtigen Königs an die Stände. Der Brief war versiegelt und der Ueberbringer war sonderbarerweise mit keiner Abschrift versehen, um sie den Häuptern der jakobitischen Partei mitzutheilen; auch hatte er weder einen schriftlichen noch mündlichen Auftrag für einen der beiden Agenten Jakob’s. Balcarras und Dundee sahen mit großem Verdrusse, daß man ihnen so wenig Vertrauen schenkte, und quälten sich mit ängstlichen Zweifeln über den Inhalt des Schriftstückes, von dem so viel abhing. Sie waren jedoch geneigt das Beste zu hoffen. König Jakob konnte in seiner gegenwärtigen Lage nicht so schlecht berathen sein, daß er in directem Widerspruche mit den Rathschlägen und Bitten seiner Freunde hätte handeln können. Bei der Eröffnung seines Schreibens würde man sicherlich finden, daß er gnädige Zusicherungen enthielt, welche die Royalisten mit neuem Muthe beseelen und die gemäßigten Whigs gewinnen mußten. Seine Anhänger beschlossen daher, daß es vorgelegt werden solle.
Als die Convention sich am Samstag, den 16. Mai, des Morgens wieder versammelte, wurde beantragt, daß Maßregeln für die persönliche Sicherheit der Mitglieder getroffen werden sollten. Es wurde behauptet, daß man Dundee nach dem Leben getrachtet, daß zwei Männer von verdächtigem Aussehen in der Nähe des Hauses, das er bewohnte, umhergestreift seien und daß man sie habe sagen hören, sie wollten den Hund so behandeln, wie er sie behandelt habe. Mackenzie versicherte, daß auch er in Gefahr sei, und verlangte in seiner gewohnten bilderreichen und kräftigen Sprache Schutz von den Ständen. Aber die Sache wurde von der Majorität sehr leicht genommen und die Convention ging zu anderen Gegenständen der Tagesordnung über.37
Hierauf wurde Crane als Einlaß ins Parlamentshaus begehrend angemeldet. Er wurde eingeladen und das Schriftstück, dessen Ueberbringer er war, auf den Tisch niedergelegt. Hamilton bemerkte, daß sich in den Händen des Earl