Dundee und Balcarras gingen zusammen nach Whitehall und hatten die Ehre, Jakob auf seinem letzten Spaziergange in der Mailbahn zu begleiten. Er sagte ihnen, daß er seine Angelegenheiten in Schottland ihren Händen anzuvertrauen gedenke. „Sie, Mylord Balcarras, müssen die Civilgeschäfte übernehmen, und Sie, Mylord Dundee, sollen eine Vollmacht zur Uebernahme des militärischen Commandos von mir erhalten.“ Die beiden Lords versprachen sich seines Vertrauens würdig zu zeigen und wiesen jeden Gedanken an eine Aussöhnung mit dem Prinzen von Oranien entschieden zurück.24
Am folgenden Tage verließ Jakob Whitehall für immer und der Prinz von Oranien kam im St. Jamespalast an. Sowohl Dundee als Balcarras befanden sich unter der Menge, welche zur Begrüßung des Befreiers herbeiströmte und sie wurden nicht unfreundlich aufgenommen. Beide waren ihm wohlbekannt. Dundee hatte auf den Continent unter ihm gedient,25 und Balcarras’ erste Gemahlin war eine Dame aus dem Hause Oranien gewesen und hatte an ihrem Hochzeitstage ein Paar prächtiger Smaragdohrringe getragen, welche ihr Vetter, der Prinz, ihr zum Geschenk gemacht.26
Die schottischen Whigs, welche damals in großer Anzahl zu Westminster versammelt waren, drangen ernstlich in Wilhelm, dem Namen nach vier oder fünf Männer zu proscribiren, welche in den schlimmen Seiten bei den Maßnahmen des Geheimrath zu Edinburg eine bedeutende Rolle gespielt hatten. Dundee und Balcarras wurden speciell erwähnt. Aber der Prinz hatte beschlossen, soweit seine Macht reichte, den Schleier einer allgemeinen Amnestie über alles Vergangene zu werfen, und weigerte sich entschieden, irgend eine Erklärung zu erlassen, die selbst den strafbarsten der Diener seines Oheims hätte zur Verzweiflung bringen können.
Balcarras begab sich zu wiederholten Malen in den St. Jamespalast, hatte mehrere Audienzen bei Wilhelm, sprach seine tiefste Ehrerbietung gegen Seine Hoheit aus und gestand zu, daß König Jakob große Fehler begangen habe, wollte aber nicht versprechen, sich bei einem Absetzungsvotum zu betheiligen. Wilhelm äußerte kein Mißfallen darüber, sagte aber beim Abschiede: „Nehmen Sie Bedacht darauf, Mylord, daß Sie Sich innerhalb des Gesetzes halten, denn wenn Sie es übertreten, haben Sie zu erwarten, daß Sie demselben überlassen werden.“27
Dundee scheint weniger aufrichtig gewesen zu sein. Er bediente sich der Vermittelung Burnet’s, trat in Unterhandlung mit dem Hofe, erklärte seine Bereitwilligkeit, sich der neuen Ordnung der Dinge zu unterwerfen, erlangte von Wilhelm ein Protectionsversprechen und versprach dafür, sich ruhig zu verhalten. Man schenkte seinen Versicherungen so vollen Glauben, daß man ihm gestattete, unter der Eskorte eines Reitertrupps nach Schottland zu reisen. Ohne eine solche Eskorte würde der Blutmensch, dessen Name an dem Herde jeder presbyterianischen Familie nicht ohne einen Schauder genannt wurde, unter den damaligen Umständen eine gefährliche Reise durch Berwickshire und die Lothians gehabt haben.28
Der Februar ging zu Ende, als Dundee und Balcarras in Edinburg ankamen. Sie hatten einige Hoffnung, die Häupter einer Majorität in der Convention zu werden, und sie bemühten sich daher kräftig, ihre Partei zu consolidiren und zu beleben. Sie versicherten den strengen Royalisten, welche Bedenken trugen, in einer von einem Usurpator einberufenen Versammlung zu sitzen, der rechtmäßige König wünsche ganz besonders, daß kein Freund der erblichen Monarchie fehle. Mehr als ein Schwankender wurde dadurch fest erhalten, daß man ihm im Vertrauen versicherte, eine baldige Restauration sei unvermeidlich. Gordon hatte schon beschlossen, das Schloß zu übergeben, und angefangen, sein Mobiliar fortzuschaffen; aber Dundee und Balcarras überredeten ihn, noch einige Zeit auszuharren. Sie theilten ihm mit, daß sie aus Saint-Germains volle Ermächtigung erhalten hätten, die Convention nach Stirling zu verlegen und daß, wenn es in Edinburg schlecht gehen sollte, von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht werden würde.29
Zusammentritt der Convention
Endlich erschien der 14. März, der zum Zusammentritt der Stände bestimmte Tag, und das Parlamentshaus war gedrängt voll. Neun Prälaten waren auf ihren Plätzen. Als Argyle eintrat, protestirte ein einziger Lord gegen die Zulassung eines Mannes, der durch ein in alter Form ausgesprochenes und noch nicht umgestoßenes rechtskräftiges Erkenntniß der Ehren der Pairie entkleidet worden sei. Dieser Einwurf wurde jedoch durch die allgemeine Ansicht der Versammlung entkräftet. Als Melville erschien, erhob sich keine Stimme gegen seine Zulassung. Der Bischof von Edinburg fungirte als Kaplan und nahm in sein Gebet die Bitte auf, Gott möge dem König Jakob beistehen und ihn wieder auf den Thron setzen.30 Es zeigte sich bald, daß die allgemeine Gesinnung der Convention mit diesem Gebet durchaus nicht in Einklang stand. Die erste zu erledigende Angelegenheit war die Wahl eines Präsidenten. Der Herzog von Hamilton wurde von den Whigs, der Marquis von Athol von den Jakobiten unterstützt. Aber keiner der beiden Candidaten besaß das volle Vertrauen seiner Parteianhänger, und verdiente es auch nicht. Hamilton war ein Staatsrath Jakob’s gewesen, hatte an vielen nicht zu rechtfertigenden Maßregeln Theil gehabt und hatte den frechsten Angriffen auf die Gesetze und die Religion Schottland’s einen nur sehr vorsichtigen und lauen Widerstand entgegengesetzt. Erst als Whitehall von holländischen Garden bewacht wurde, wagte er es sich offen auszusprechen. Er hatte sich nun der siegreichen Partei angeschlossen und den Whigs versichert, daß er nur deshalb zum Schein ihr Feind gewesen sei, um, ohne Verdacht zu erwecken, als ihr Freund handeln zu können. Athol war noch weniger zu trauen. Er besaß geringe Fähigkeiten und einen falschen, kleinmüthigen und grausamen Character. Unter der letzten Regierung hatte er sich durch die Grausamkeiten, die er in Argyleshire verübt, eine schmachvolle Berühmtheit erworben. Er hatte mit dem Wechsel des Glücks die Farbe gewechselt und hatte dem Prinzen von Oranien in serviler Weise den Hof gemacht, war aber kalt aufgenommen worden und war nun aus bloßem Aerger darüber zu der Partei zurückgekehrt, die er verlassen.31 Keiner der beiden rivalisirenden Edelleute hatte sich bemüßigt gefunden, die Würden und Besitzungen seines Hauses auf den Ausgang des Kampfes zwischen den beiden rivalisirenden Königen zu setzen. Hamilton’s ältester Sohn hatte sich für Jakob, Athol’s ältester Sohn für Wilhelm erklärt, so daß für alle Fälle beide Adelskronen und beide Güter gesichert waren.
Aber in Schottland waren die herrschenden Begriffe von politischer Moral lax und das aristokratische Gefühl stark; die Whigs waren daher geneigt zu vergeben, daß Hamilton noch unlängst im Staatsrathe Jakob’s gesessen hatte, und eben so waren die Jakobiten bereit zu vergessen, daß Athol kürzlich Wilhelm den Hof gemacht. In Hinsicht der politischen Inconsequenz waren diese beiden vornehmen Lords allerdings weit entfernt vereinzelt dazustehen; an Ansehen und Macht aber hatten sie kaum ihres Gleichen in der Versammlung. Sie waren von höchst vornehmer Herkunft und besaßen einen ungeheuren Einfluß; der eine von ihnen konnte das westliche Niederland zu den Waffen rufen, der andre eine Armee nordischer Bergschotten ins Feld stellen. Um diese beiden Oberhäupter schaarten sich daher die feindlichen Factionen.
Hamilton zum Präsidenten erwählt
Die Stimmen wurden gezählt, und es ergab sich, daß Hamilton eine Majorität von vierzigen hatte. In Folge dessen gingen etwa Zwanzig von der geschlagenen Partei sofort zu den Siegern über.32 In Westminster würde ein solcher Abfall sonderbar erschienen sein; in Edinburg aber scheint er wenig überrascht zu haben. Es ist ein bemerkenswerther Umstand, daß das nämliche Land in dem nämlichen Jahrhundert die wunderbarsten Beispiele von beiden Extremen der menschlichen Natur hervorbrachte. Keine Klasse von Menschen, deren die Geschichte erwähnt, hat je an einem Principe mit unbeugsamerer Hartnäckigkeit festgehalten, als man sie bei den schottischen Puritanern fand. Geld- und Gefängnißstrafen, Brandmarkungseisen, spanische Stiefel, Daumenschrauben und Galgen vermochten dem starren Covenanter kein ausweichendes Wort zu erpressen, welchem ein mit