Wohlriechende Dünste umgaben ihn, während er in der wollüstigsten Hingebung auf einem Kissen ruhete. Der Badeknecht erschien nach dortigem Gebrauch, und fing seine Glieder gleichsam an, zu kneten. Nachdem sie durch dies Drücken und Streichen erweicht waren, zog jener einen wollnen Handschuh an, und reinigte die Haut völlig. Die Fußsohlen rieb er mit Bimsstein ab. Hierauf führte er Ring in ein Cabinet, goß ihm parfümirten Seifenschaum über das Haar, wickelte ihn dann in gewärmte Tücher, und führte ihn durch einen Seitengang, in welchem die Hitze nach und nach abnahm, in das erste Zimmer.
Hier fühlte er sich wie zu einem neuen Leben erwacht. Alle Sinnen schienen ihm feiner, alle Empfindungen süßer geworden.
Floren brachten junge Mädchen während der Zeit in das Weiberbad, einen sehr niedlich ausgezierten Saal, in dessen Mitte ein ziemlich großes Marmorbassin befindlich war, rund mit köstlichen Blumen und Spezereigesträuchen umstanden, deren Töpfe so in den Boden verborgen waren, daß es schien, hier wäre alles gewachsen. Kristallhelles Wasser rieselte in dem Bassin, und der Sand des Grundes schien übersilbert, wie Caligula die Gerste übergolden ließ, welche sein Leibpferd bekam. Nachdem Flore entkleidet, und mit Essenzen parfümirt war, erschienen die türkischen Weiber, alle jung, schlank und reizend, denn die älteren ziehen sich meistens von solchen Parthien zurück.
Alles stieg nun in das Bassin hinab, und kostete die Fülle der Erfrischung. Wie viel enthüllte Schönheiten! Welche Freiheit! Wie glücklich müßte sich der Mann fühlen, dem es vergönnt wäre, in das Heiligthum zu dringen! Aber nach Florens Behauptung ging es nicht ganz unschuldig zu, und sie, obwohl einst in dem berühmten Pallaste wohnhaft, den der Herzog von Orleans erbauen ließ, fand doch manche Szene anstößig.
Nachher ging es zur Tafel. Ring wurde in einen Saal des Gartenhauses gebracht, der nach Norden zu offen war, um die abkühlende Luft von daher zu genießen. Er war mit prächtigen Stoffen tapezirt. Längs den Mauern waren kleine Nischen angebracht, in denen porzellanene und silberne Gefäße standen. Auf dem Boden lagen Teppiche von Brokat. Am anderen Ende des Saales sahe man ein Kabinet, das auf mehreren Seiten offen war, in welchem zwei große Springbrunnen Kühle verbreiteten.
Der Tisch war mit Brokatstücken von mehreren Farben bedeckt. Am Ende desselben prangte ein silberner Schenkstuhl mit schönen kristallenen Flaschen und Silbergeschirr angefüllt. Sorbet fand sich hier für die Muselmänner, und Cyper und andre hitzige Weine für die Christen.
Flüssige und trockne Confituren machten das erste Gericht, als Ingwer, Muskatnüsse, Orangen in Geleen, Marzipan. In viereckigen Schüsseln von lakirtem und vergoldetem Holze, wurden diese Leckereien aufgetragen, die immer ein Dutzend kleiner Tellerchen enthielten. Jeder Gast bekam eine dieser Schüsseln vor sich zur Auswahl, und treffliche Liqueure wurden dazu herumgereicht.
Nach diesem Gerichte nahm man die Brokatdecken ab, und legte Tischtücher von feinem Musselin auf. Die Europäer bekamen Messer, Löffel und Gabel. Befremdend war es diesen (denn ohne Ring hatte Coraim noch mehrere Franzosen geladen) nun eine Menge Salate erscheinen zu sehn. Sie bestanden aus Rosinen, Aepfeln und andern Früchten von feinem Geschmack, mit Weinessig und Zucker. Rettige und Zwiebeln lagen darum, eine sonderbare Mischung, die aber gegen das Erwarten nicht widerlich schmeckte. Das Brot bestand aus ganz dünnen Reiskuchen.
Jetzt folgten zwei große silberne Schüsseln mit harten Eiern und Lämmernieren, über welche eine scharfe Sauce gegossen war. Ferner zwei andere große Schüsseln mit zwei Dutzend gebratnen Tauben, und noch zwei andre mit zwölf Schöpskeulen. Bald nachher kamen gebratene Capaunen, Fische, Eier, Geflügel, Consommees, Bouillons, Ragouts, gefüllte Gurken, in außerordentlicher Mannigfaltigkeit. Zugleich wurden vor jeden Gast zwei porzellanene Schaalen mit Sorbet gesetzt, der beinahe einen Punschgeschmack hatte.
Zuletzt kam endlich der Pilau, das bekannte morgenländische Gericht, in zehn großen Schüsseln auf mehrere Art zubereitet. Man sah weissen, rothen, gelben und veilchenblauen, mit Limonen, Zucker, Safran, Granaten, Maulbeeren, Orangen u. s. w. Während der ganzen Mahlzeit wurde eine Tafelmusick aufgeführt, die allein den Europäern nicht gefiel.
Nachdem die Tafel etwa drei Stunden angehalten hatte, und jedermann gesättigt schien, gab endlich der Wirth das Zeichen zum Aufstehen, und führte die Gäste in das luftige Nebenkabinet. Hier fanden sie ein herrliches Desert von Konfekturen, trockenen und frischen Früchten, Caviar, Pasteten u. s. w. Sie hatten unter andern fünf Sorten von Weintrauben, und Melonen von grüner, rother, gelber und blauer Farbe. Hierzu wurden süße und äußerst starke Weine gegeben, welche freilich nur allein für den Gaumen der Europäer hatten bestimmt seyn sollen, allein in der Freude nahm auch ein Moslem nach dem andern ein dargebotenes Glas. Desto munterer wurde die ganze Gesellschaft.
Zwerge, Taschenspieler und Mährchenerzähler traten nunmehr auf, die Gäste durch allerhand Spiele und Erzählungen zu belustigen. Coraim erinnerte Ring an jenen Tag, wo er ihm die Geschichte der Isabelle mitgetheilt hatte. Hier dachte Ring erst wieder daran zurück, und fragte, ob man denn keine Nachricht von dem Mädchen erhalten hätte?
Potpourri.
als Zugabe zum ersten Buche
Polemon, ein griechischer ausschweifender Elegant, kehrte von einem Saus und Braus zurück, und ging an der ernsten Schule des Xenokrates vorüber. Die Thür stand offen, der junge Herr, glühend vom Chiosweine, den Blumenkranz in den Locken, betrat den Saal, nicht der Weisheit zu horchen, sondern ihrer zu spotten. Den Lehrer entrüste dies Betragen nicht, er umwandelte nur seinen Vortrag, und hielt, die Völlerei strafend, der Mäßigkeit eine Lobrede. So mächtig trafen seine Worte Polemons Gefühl, daß er den weichlichen Hauptschmuck von sich warf, das Antlitz beschämt in den Mantel hüllete, und völlig gebessert, das rohe Leben, von Stunde an, einstellte. – Warum sehen wir keine solche Erscheinungen mehr? Antwort: die Weisheit verschmäht Rekruten, wie sie unter uns zu werben wären. —
Wie kömmt es doch, daß die weisen Deutschen so wenig über die klugen Franzosen vermögen, und wieder die weisesten im Nord Germaniens bei weitem weniger, als die minder weisen gen Rhätium? Antwort: Die Bücher überbilden bei uns die Gebildeten, und dringen nicht bis zu den Ungebildeten hin. Die ersten sind durch das viele Wissen zum Nichtwissen gedrungen, leiden nun an einer indirekten Hirnschwäche (durch Ueberreitz) die andern machten sich mit keinem Wissen vertraut, kranken demnach an dem direkten Uebel (Reitzmangel.) Nicht also in Frankreich. Dort hielt man die Klassiker seit Hundert oder Hundertfunfzig Jahren fest. Es giebt immer wieder neue Ausgaben derselben. Einige höchst wohlfeil, auf schlechtem Papier, mit schlechten Lettern, wo ein Trauerspiel von Racine um vier fünf Sous zu geben ist, Rousseau Emil um zehn oder zwölf Sous. Alte Mütterchen sitzen in den Städten und haben dergleichen an den Ecken feil. Der Bauer nimmt gelegentlich einen Candide mit, der kleinstädtische Bürger, der schon seinen Vater über den Esprit des loix reden hörte, welcher seit Grosvaters Zeit auf dem Schranke liegt, kann ihn fast auswendig. Was seht ihr bei uns in den Zimmern geringer Leute? An der Thür den Haussegen, hinterm Ofen, neben einigen staubigen Familiengesangbüchern, Eulenspiegel oder eine Parthie in diesem Jahr gedruckter Lieder. —
Ein alter Berliner, der beim Glase Medok immer viel zuhört, und wenig spricht, wurde neulich redselig, da die Unterhaltung auf das jetzt viel abgehandelte Thema der Vaterlandsliebe kam. Seit zwanzig Jahren, hub er an, beobachtete ich zwei patriotische Männer in unserm Staate. Der eine mag X der andere Y heißen. Als 1788 das Religionsedikt erschien, besuchte Herr X, früherhin ein lustiger Dogmenspötter, sogleich die Kirchen, und hörte die Vorträge der Herren Woltersdorf, Brumbei, Ambrosius mit Andacht. Herr Y fragte aber wohl im vertraulichen Gespräch: Wo schadete denn das von Friedrich angezündete Licht, daß wir es schon wieder auslöschen wollen? – Da 1790 die friedliche Ausgleichung mit Oesterreich erfolgte, pries Herr X die lieblichen Blüthen des Oelzweigs, Herr Y aber weinte. – 1792 war Herr X heftig wider die Franzosen ergrimmt, nannte seinen Zorn Patriotismus, Herr Y fürchtete die Folgen eines solchen Krieges. – 1793 jubelte Herr X bei der Staatsvergrößerung durch Südpreußen, Herr Y rechnete bedenklich nach, wie viel mehr Land Oesterreich und Rußland gewonnen hatten, und wie viel gefährlicher nun ihre Gränzlage geworden war. – 1795 pries Herr X den Baseler Frieden, und lachte, daß Oesterreich