Unter Palmen und Buchen. Erster Band.. Gerstäcker Friedrich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Рассказы
Год издания: 0
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kein Licht, aber die Gasflamme der Treppe warf ihren Schein durch das über der Thür angebrachte Fenster. Sie wußte bestimmt, ihr Mann war jetzt zu Haus und in seiner Stube, wo er gewöhnlich bis zum Abendbrot allein arbeitete. Sie ging durch ihr eigenes Zimmer nach seiner Thür, öffnete dieselbe, stand einen Moment in sprachlosem Entsetzen auf der Schwelle und brach dann mit einem halblautem Schrei und ehe ihr Gatte zuspringen und sie halten konnte, bewußtlos in sich zusammen.

Drittes CapitelDer unheimliche Besuch

      Der Justizrath war an dem Abend beschäftigt gewesen, eingelaufene Actenstücke durchzusehen und zu erledigen. Die Zeit verging ihm dabei so rasch, daß er die Abwesenheit seiner Frau – die er überdies bei Freund Janisch gut aufgehoben wußte, gar nicht bemerkte.

      Im Verlauf seiner Arbeit war er auch genöthigt gewesen ein paar Briefe zu schreiben, die noch vor sieben Uhr auf die Post mußten. Er hatte das Mädchen damit fortgeschickt und saß wieder über seinen Papieren als es draußen klingelte und er selber hingehen mußte, um zu öffnen.

      Draußen stand ein Fremder – anständig angezogen, ein kleiner schmächtiger Mann in dunkler Kleidung, der mit dem Hute in der Hand sehr bescheiden frug, ob er die Ehre habe den Herrn Justizrath Bertling zu sprechen.

      »Mein Name ist Bertling, was steht zu Ihren Diensten?«

      »Würden Sie mir gestatten ein paar Worte allein an Sie zu richten?« frug der kleine Mann, wie schüchtern, und seine weiten, glänzenden Augen hafteten dabei fragend auf dem Justizrath.

      Diesem war die Störung eben nicht besonders gelegen, aber der Fremde sah so bescheiden und anspruchslos aus und seine Frage klang so dringend, daß er ihm die Bitte auch nicht abschlagen mochte.

      »Dann sein Sie so gut und kommen Sie mit in mein Zimmer,« sagte der Justizrath und ging seinem, etwas späten Besuch voran, ohne jedoch die Vorsaalthür wieder zuschließen.

      Im Studierzimmer Bertlings brannte die Lampe etwas düster, aber doch hell genug, um die Züge des Fremden ziemlich deutlich erkennen zu können. Er hatte eine hohe Stirn, von der er das schwarze schon dünn gewordene Haar zurückgestrichen trug, und ein paar große sprechende Augen, aber seine Züge sahen bleich und leidend aus; die Backenknochen traten auffallend hervor und in dem ganzen Wesen des Mannes lag etwas Scheues und Gedrücktes. Der Justizrath nöthigte ihn durch eine Bewegung mit der Hand auf das Sopha, aber der Fremde schien diese Ehre abzulehnen, denn er ließ sich auf dem nächsten Stuhl am Ofen nieder, und zwar seitwärts, um dem Justizrath sein Gesicht zuzukehren und dabei legte er den rechten Arm über die Lehne des nämlichen Stuhles.

      Bertling entging übrigens nicht, daß sich sein Besuch durch irgend etwas gedrückt fühlte, und theils aus angeborener Gutmüthigkeit, theils mit dem Wunsch die unwillkommene Störung so viel als möglich abzukürzen, sagte er freundlich:

      »Und mit was kann ich Ihnen dienen?«

      Der Fremde hatte noch keine Zeit zum Antworten gehabt, als nebenan eine Thür ging und da Bertling, der recht gut wußte, daß das Mädchen kaum von der Post zurück sein konnte, eben aufstehen wollte, um nachzusehen, wer da wäre, öffnete sich die Seitenthür – seine Frau stand auf der Schwelle, hob langsam den rechten Arm und brach dann, ohne weiter ein Wort, eben nur einen halblauten Schrei ausstoßend, besinnungslos zusammen.

      In tödtlichem Schreck sprang ihr Gatte zu, hob ihren Kopf auf sein Knie, strich ihr in seiner Herzensangst die Stirn, rieb ihr die Schläfe und rief sie mit allen Liebesnamen, um sie zum Leben zurückzubringen. Als das aber Alles vergeblich blieb, hob er sie auf und trug sie auf ihr eigenes Sopha im nächsten Zimmer und sprang dann zurück nach der Lampe. Er wollte dabei den Fremden bitten, ihm sein Anliegen ein ander Mal vorzutragen, aber der Stuhl war leer – der Fremde fort – er hatte ihn gar nicht weggehen sehen, aber auch jetzt wahrlich keine Zeit, sich weiter um ihn zu bekümmern. Er trug die Lampe hinüber und rieb Stirn und Schläfe seiner Frau mit Eau de Cologne.

      Glücklicher Weise kam auch jetzt das Mädchen, das recht frisches Wasser bringen mußte, und nach wenigen Minuten schlug Auguste die Augen wieder auf. Anfangs freilich schaute sie noch scheu und wie furchtsam umher, als sie sich aber in ihrem eigenen Zimmer fand, beruhigte sie sich bald und lehnte jetzt nur noch etwas bleich und erschöpft im Sopha.

      »Aber ich bitte Dich um Gottes Willen, liebes Kind, was hattest Du denn nur auf einmal« frug jetzt Bertling durch diese plötzliche Ohnmacht nicht wenig beunruhigt – »warst Du denn schon vorher unwohl?«

      »Nein,« sagte die Frau leise, »mir fehlte gar nichts, aber – als ich in Dein Zimmer kam –«

      »Ich habe heut Nachmittag sehr viel geraucht,« ergänzte Bertling, »und der rasche Wechsel aus der frischen Luft in den Tabacksqualm hat vielleicht den Unfall herbeigerufen.«

      »Nein,« wiederholte die Frau mit dem Kopf schüttelnd, »das – das war es nicht – ich war vollkommen gesund – an den Tabacksgeruch bin ich ja auch gewöhnt, aber – als ich in Dein Zimmer trat sah ich –«

      »Aber was denn mein süßes liebes Herz,« bat der Mann, »so sprich doch nur; Du ängstigt mich ja noch viel mehr durch Dein Schweigen. – Was sahst Du denn?«

      »Denselben grauen Mann,« hauchte die Frau mit kaum hörbarer Stimme »– den ich bei dem Sturm in Deinem Zimmer sah –«

      »Aber liebes, liebes Kind,« bat der Mann erschreckt und zugleich beunruhigt, daß seine Frau jenes Traumbild, wie er im Stillen gehofft, nicht etwa vergessen habe, sondern noch voll und scharf im Gedächtniß trage – »sieh nur, was für einen tollen Streich Dir Deine Einbildungskraft gespielt hat. Das war ja doch kein Gespenst, was Du gesehen, sondern ein Mensch von Fleisch und Blut, der kurz vor Dir zu mir kam und mich zu sprechen wünschte.«

      »So hast Du ihn diesmal auch gesehen?« rief die Frau rasch und erschreckt.

      »Gewiß,« lächelte Bertling, »und er ist auch gar nicht wie ein Geist eingetreten, sondern hat draußen geklingelt und ich habe ihm selber die Vorsaalthür aufgemacht.«

      »Und ist er noch bei Dir?« rief die Frau, sich rasch im Sopha aufrichtend.

      »Nein,« lautete die Antwort – »wie Du ohnmächtig wurdest, muß er fortgegangen sein, denn als ich nach der Lampe zurücksprang, war er verschwunden.«

      »Verschwunden?«

      »Nun hoffentlich nicht in die Luft,« lachte Bertling, aber doch etwas verlegen, denn es fiel ihm jetzt auf einmal ein, daß der Fremde in seinem ganzen Wesen wirklich etwas Räthselhaftes gehabt habe, und dabei merkwürdig rasch aus dem Zimmer gewesen sei. Wie war er nur hinausgekommen, denn er erinnerte sich nicht gesehen oder gehört zu haben, daß die Thür geöffnet wurde, was ihm doch kaum hätte entgehen können – »er – er wird fortgegangen sein, als er sah, daß ich mich nicht weiter mit ihm abgeben konnte.«

      Seine Frau erwiderte nichts darauf. Sie schaute eine ganze Weile sinnend vor sich nieder, endlich sagte sie leise:

      »Er saß auf dem nämlichen Stuhl, auf dem ich ihn damals gesehen habe – genau so wie in jener Nacht, mit dem rechten Arm auf der Lehne – er trug den nämlichen grauen Rock und sah eben so bleich aus und hatte dieselben großen geisterhaften Augen.«

      »Aber liebe, liebe Auguste« bat der Mann, jetzt wirklich beunruhigt, »so gieb Dich doch nur nicht solch thörichten kindischen Gedanken hin, und mische nicht eine wirklich menschliche, wahrscheinlich sehr unbedeutende Persönlichkeit, mit Deinen Traumbildern zusammen. – Uebrigens,« setzte er rasch hinzu – »muß ihm ja auch die Rieke auf der Treppe begegnet sein, denn sie kam unmittelbar nach Dir – Rieke!« rief er dann zur Thür hinaus – »Rieke!«

      »Jawohl –«

      »Kommen Sie einmal einen Augenblick herein.«

      Die Gerufene steckte den Kopf zur Thür herein.

      »Soll ich was?«

      »Wie Sie vorhin zurückkamen, ist Ihnen da Niemand im Haus begegnet?«

      »Doch, Herr Justizrath –«

      »Nun siehst Du, liebes Kind – und wie sah er aus?«

      »Er!« sagte die Köchin etwas erstaunt – »es war die Heßbergern,