Unter Palmen und Buchen. Erster Band.. Gerstäcker Friedrich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Рассказы
Год издания: 0
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Fabrick hätten ihrem Brodherren den Dienst gekündigt. Es wurde dem anfangs widersprochen, aber das Gerücht fand immer festeren Boden bis denn das Tageblatt heute die Nachricht ganz sicher bestätigte. Es geschah das durch die Aufforderung des Fabrikherrn, um neue Arbeiter herbeizurufen, da sich die bisherigen, wie hier gedruckt stand, »durch abergläubischen Unsinn hätten bewegen lassen, seinen Dienst zu quittiren.«

      Es blieb jetzt keinem Zweifel mehr unterworfen, daß die bisherigen Gerüchte nicht gelogen haben konnten, sondern etwas Wahres an der Sache sein müsse und die Aufregung der kleinen Gesellschaft wurde noch erhöht, als sich plötzlich herausstellte, daß sie selbst in ihrer Mitte ein Individuum entdeckten, das ihnen von dem, jetzt jedes andere Interesse verschlingenden Platz die genauesten und direktesten Nachrichten geben konnte.

      Es war das die Frau Präsident Cossel, eine schon ältliche Dame mit etwas rother Nase, aber einem sehr entschieden energischen Zug um den Mund. Die Dame hielt sich auch in der That nie bei Vermuthungen auf, sondern sprach stets was sie wußte oder nicht wußte auf das aller Bestimmteste aus. Widerspruch duldete sie nie und wenn man behauptet, daß die Haare den Charakter des Menschen darthun, so mochte das recht gut auch bei der Frau Präsidentin ihre Bestätigung finden, denn eben so starr und fest gerollt wie die vier falschen Locken, die sie vorgebunden trug, war ihr Gemüth.

      »Es ist richtig – ich weiß es; es spukt drüben,« sagte sie, indem sie ihre Tasse zum vierten Mal zum Füllen reichte, und ihre schönen Zuhörerinnen zweifelten viel weniger an der, jetzt als unumstößlich festgestellten Thatsache, als daß sie sich wunderten, wie die Frau Präsidentin diesen doch sicher höchst interessanten Fall so lange still bei sich getragen und wirklich erst auf äußere Veranlassung von sich gegeben habe.

      Die Frau Präsidentin wohnte aber dem besagten Fabrikgebäude schräg gegenüber, und konnte also, als allernächste Nachbarin desselben – wenn irgend Jemand, Näheres darüber wissen. Die Neugier der Damen war – hierbei sehr verzeihlich – auf das Höchste gespannt.

      »Es ist richtig! Ich weiß es! Es spukt drüben!« – Gegen die Thatsache war Nichts mehr einzuwenden, und es blieb jetzt nur noch übrig die Einzelheiten derselben zu erfahren. Die Frau Präsidentin wußte Alles.

      Die ersten Nächte waren die neu eingezogenen Leute vollkommen unbelästigt geblieben, nur zu bald aber brach plötzlich – und natürlich genau um Mitternacht – ein donnerndes Getöse im ganzen Hause los, daß den Insassen das Haar auf dem Kopfe sträubte. Ketten klirrten über die Treppen, die Balken krachten, als ob furchtbare Gewichte darauf geworfen würden, die Thüren schlugen auf und zu, die Fenster klapperten – und das bei sternenheller Nacht und todter Windstille – und ein unheimlich flackernder Schein zuckte aus einer Stube in die andere durch das ganze Haus. Das Nämliche wiederholte sich in den folgenden Nächten, nur mit der Zugabe, daß den Schlafenden die Decken weggerissen wurden. Allerdings glaubten die Leute anfangs an einen Schabernack, den ihnen muthwillige Gesellen spielten, und um kein Aufsehen zu erregen, wurde die Polizei heimlich von dem Unfug in Kenntniß gesetzt und traf in einer der Nächte kurz vor zwölf Uhr dort ein, um die Urheber auf frischer That zu ertappen. Ja ihr Aufpassen half ihnen nichts, denn erwischen konnten sie Niemand, während gerade ihnen am tollsten mitgespielt wurde. Es schlug ihnen die Hüte vom Kopf und die Stöcke aus der Hand, und die Leute verließen – wie die Frau Präsidentin behauptete – in Entsetzen das Haus.

      Von der Nacht an waren die übrigen Arbeiter aber auch nicht mehr zu halten, und obgleich der Fabrikherr – aus leicht zu errathenden Gründen – ein tiefes Stillschweigen über alles Vorgefallene beobachtete, und die Leute selber sich ebenfalls schienen das Wort gegeben zu haben, nichts über die Sache verlauten zu lassen, war doch das allein der wahre Thatbestand.

      »Und woher es die Frau Präsidentin wußte?« – wie die etwas muthwillige Frau Hofräthin Janisch frug. – Die Dame blitzte sie zwischen den Locken hervor mit einem wahren Dolchblick an.

      »Woher ich das weiß, Frau Hofräthin?« wiederholte sie, und absichtlich mit etwas gehobener Stimme – »ich denke, ich habe meine Quellen – selbst wenn mein Mann nicht Präsident wäre, Sie wissen doch wohl – oder sollten es wenigstens wissen, daß es zwischen Ehegatten kein Amtsgeheimniß giebt. – Aber noch mehr,« setzte sie plötzlich mit geheimnißvollem Ton hinzu, »Sie wissen doch, daß sich der junge Belldan gestern Morgen um's Leben gebracht hat?«

      »Ei gewiß,« sagte die Frau Kreisräthin Barthels, »das ist ja stadtbekannt. Er soll ein paar falsche Wechsel ausgestellt haben, und wie ihn sein Vater aus dem Hause stoßen wollte, ging er in das Holz und schoß sich eine Kugel durch den Kopf.«

      »Bah,« sagte die Frau Präsidentin mit einer wegwerfenden Bewegung und ganz entschiedener Betonung der nächsten Worte, »der junge Mensch hat nie falsche Wechsel gemacht, aber aus Uebermuth die letzte Nacht in dem Spukhaus geschlafen und darnach – konnte er nicht länger leben.«

      Was er dort gesehen hatte vermochte die Frau freilich selber nicht zu sagen, aber schon die Andeutung war interressant genug, um eine weitere Besprechung derselben außer Frage zu stellen und das Gespräch, einmal in diese Bahn gelenkt, blieb nun natürlich in dem nämlichen Gleis und ging von dem Spukhaus auf Gespenstergeschichten und Erscheinungen im Allgemeinen über.

      Der Abend rückte dabei heran, aber die Gesellschaft protestirte von der kleinen lebhaften Hofräthin dabei warm unterstützt, gegen die Forderung der Präsidentin, Licht herbeizuschaffen. Es ging Nichts über eine solche Unterhaltung in der Dämmerung und als jetzt die Gaslaterne draußen auf der Straße angezündet wurde, und ein ordentlich unheimliches Streiflicht in das düstere Zimmer warf, rückten die Damen nur desto näher zusammen und die Frau Kreisräthin behauptete, es gäbe doch gar kein wonnigeres Gefühl in der Welt, als »wenn es Einen so ein Bischen gruselte.«

      Nur Auguste, Bertlings Frau, hatte bis jetzt keinen Antheil an dem Gespräch genommen, als vielleicht hie oder da einmal eine Frage einzuwerfen, aber deshalb mit nicht weniger Aufmerksamkeit den verschiedenen Geschichten gelauscht, die bald von dieser bald von jener Dame zum Besten gegeben wurden und natürlich alle mit jener übersinnlichen Welt in Verbindung standen.

      In Alburg wurde auch noch das Tischklopfen und die Geisterschrift mit Hülfe einer besondern mit Bleistift verbundenen Vorrichtung leidenschaftlich getrieben und viele Damen beschäftigten sich heimlich damit – öffentlich durften sie es ja nicht, weil man das vollkommen Nutzlose dieser Experimente lange eingesehen hatte, und die auslachte, die es trotzdem noch ausübten. Eine Masse von Beispielen wurden jetzt von entzifferten Briefen, von Zahlen, Nachrichten Entfernter, Schutzgeistern und all derartigen Ergebnissen der Zauberkunst erwähnt, dann sprang das Gespräch auf Ahnungen, Doppelgänger, Erscheinungen über und die Frau Präsidentin erklärte mit ihrer gewöhnlichen Bestimmtheit – was die Thatsache außer allen Zweifel stellte, – daß ihr erster Mann – Gott habe ihn selig – ihr zwei Mal schon erschienen sei: Das erste Mal als sie sich wieder verlobt habe. – Das zweite Mal bei – einer andern Gelegenheit – sie sagte nicht welcher – und beide Male in seinem grauen Schlafrock mit rothem Futter und hellblauen Quasten wie »der Selige« immer daheim gekleidet gewesen.

      Auguste lehnte schweigend in ihrem Fauteuil, anscheinend theilnahmlos, aber mit ihrem Geist in reger Thätigkeit, und vor ihrem innern Auge stieg die Gestalt wieder empor, die sie an jenem Abend gesehen hatte. – Aber sie erwähnte kein Wort davon; es war das ihr eigenes Geheimniß, und es kam ihr der Gedanke, als ob sie jenes Wesen erzürnen müsse, wenn sie sein Dasein einem andern Menschen verrathe. So ganz mit sich selber beschäftigte sie sich dabei, daß sie ordentlich erschrak, als die kleine Gesellschaft plötzlich aufbrach, um in ihre eigenen Wohnungen zurückzukehren. Es war sieben Uhr und damit Zeit geworden daheim den Herren Ehegatten das Abendbrot zu bereiten. Der Caffee hatte überhaupt, durch solch Gespräch gewürzt, weit länger gedauert, als das sonst je der Fall gewesen.

      Die lebhafte Scene des Ankleidens und Abschiednehmens verdrängte jetzt auch bald all die düsteren Gedanken und Bilder, die den ganzen Abend über dem kleinen Kreis geschwebt. Es war Licht gebracht, und die Meisten hatten schon lange den ganzen heraufbeschworenen Spuk vergessen, – Auguste nicht.

      Sie nahm Abschied von der Freundin und ging die wenigen Schritte nach ihrer eigenen Wohnung, kaum etwas mehr als über die Straße hinüber, – allein immer aber war ihr Geist noch mit jenem Traumbild