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erstattete ihm Bericht über mein heutiges Abenteuer, und er hörte mir mit Aufmerksamkeit zu. Als ich fertig war, erhob er sich.

      »Steh auf, mein Sohn, nimm deine Pfeife und folge mir!«

      »Wohin?«

      »Das sollst du sogleich sehen.«

      Ich ahnte, was er beabsichtigte, und folgte ihm. Er führte mich hinauf in die Wohnung des Kaufmannes. Der Diener desselben war nicht anwesend, daher traten wir ein, nachdem wir uns zuvor durch ein leichtes Hüsteln angemeldet hatten.

      Der Mann, welcher sich erhob, war noch jung; er mochte vielleicht sechsundzwanzig Jahre zählen. Der kostbare Tschibuk, aus welchem er rauchte, sagte mir, daß der Jüterboger mit seinem »schauderhaftes Jeld« wohl recht haben könne. Er war eine interessante, sympathische Erscheinung, und ich sagte mir gleich in der ersten Minute, daß ich ihm mein Wohlwollen schenken könnte. Der alte Abu el Reïsahn nahm das Wort:

      »Das ist der Großhändler Isla Ben Maflei aus Stambul, und das hier ist Effendi Kara Ben Nemsi, mein Freund, den ich liebe.«

      »Seid mir beide willkommen, und setzt euch!« erwiderte der junge Mann.

      Er machte ein sehr erwartungsvolles Gesicht, denn er mußte sich sagen, daß der Kapitän jedenfalls einen guten Grund haben müsse, mich so ohne weiteres bei ihm einzuführen.

      »Willst du mir eine Liebe erzeigen, Isla Ben Maflei?« fragte der Alte.

      »Gern. Sage mir, was ich tun soll.«

      »Erzähle diesem Manne die Geschichte, welche du mir vorhin erzählt hast!«

      In den Zügen des Kaufmannes drückte sich Staunen und Mißmut aus.

      »Hassan el Reïsahn,« meinte er, »du gelobtest mir Schweigen und hast doch bereits geplaudert!«

      »Frage meinen Freund, ob ich ein Wort erzählt habe!«

      »Warum bringst du ihn denn herauf und begehrst, daß ich auch zu ihm reden soll?«

      »Du sagtest zu mir, ich solle während meiner Fahrt, da, wo ich des Abends anlegen muß, die Augen offen halten, um mich nach dem zu erkundigen, was dir verloren ging. Ich habe meine Augen und meine Ohren bereits schon geöffnet und bringe dir hier diesen Mann, der dir vielleicht Auskunft geben kann.«

      Isla sprang, die Pfeife fortwerfend, mit einem einzigen Rucke empor.

      »Ist‘s wahr? Du könntest mir Auskunft erteilen?«

      »Mein Freund Hassan hat kein Wort zu mir gesprochen, und ich weiß daher auch gar nicht, worüber ich dir Auskunft geben könnte. Sprich du zuerst!«

      »Effendi, wenn du mir sagen kannst, was ich zu hören wünsche, so werde ich dich besser belohnen, als ein Pascha es könnte!«

      »Ich begehre keinen Lohn. Rede!«

      »Ich suche eine Jungfrau, welche Senitza heißt.«

      »Und ich kenne eine Frau, welche sich denselben Namen gegeben hat.«

      »Wo, wo, Effendi? Rede schnell.«

      »Magst du mir nicht vorher die Jungfrau beschreiben?«

      »O, sie ist schön wie die Rose und herrlich wie die Morgenröte; sie duftet wie die Blüte der Reseda, und ihre Stimme klingt wie der Gesang der Houris. Ihr Haar ist wie der Schweif des Pferdes Gilja, und ihr Fuß ist wie der Fuß von Delila, welche Samson verriet. Ihr Mund träufelt von Worten der Güte, und ihre Augen – — —«

      Ich unterbrach ihn durch eine Bewegung meines Armes.

      »Isla Ben Maflei, das ist keine Beschreibung, wie ich sie verlange. Sprich nicht mit der Zunge eines Bräutigams, sondern mit den Worten des Verstandes! Seit wann ist sie dir verloren gegangen?«

      »Seit zwei Monden.«

      »Hatte sie nicht etwas bei sich, woran man sie erkennen kann?«

      »O, Effendi, was sollte dies sein?«

      »Ein Schmuck vielleicht, ein Ring, eine Kette – — —«

      »Ein Ring, ein Ring, ja! Ich gab ihr einen Ring, dessen Gold so dünn war wie Papier, aber er trug eine schöne Perle.«

      »Ich habe ihn gesehen.«

      »Wo, Effendi? O, sage es schnell! Und wann?«

      »Heute, vor wenigen Stunden.«

      »Wo?«

      »In der Nähe dieses Ortes, nicht weiter als eine Stunde von hier.«

      Der junge Mann kniete bei mir nieder und legte mir seine beiden Hände auf die Schultern.

      »Ist es wahr? Sagst du keine Unwahrheit? Täuschest du dich nicht?«

      »Es ist wahr; ich täusche mich nicht.«

      »So komm, erhebe dich; wir müssen hin zu ihr.«

      »Das geht nicht.«

      »Es geht, es muß gehen! Ich gebe dir tausend Piaster, zwei-, dreitausend Piaster, wenn du mich zu ihr führst!«

      »Und wenn du mir hunderttausend Piaster gibst, so kann ich dich heute nicht zu ihr bringen.«

      »Wann sonst? Morgen, morgen ganz früh?«

      »Nimm deine Pfeife auf, brenne sie an und setze dich! Wer zu schnell handelt, handelt langsam. Wir wollen uns besprechen.«

      »Effendi, ich kann nicht. Meine Seele zittert.«

      »Brenne deine Pfeife an!«

      »Ich habe keine Zeit dazu; ich muß – — —«

      »Wohl! Wenn du keine Zeit zu geordneten Worten hast, so muß ich gehen.«

      »Bleibe! Ich werde alles tun, was du willst.«

      Er setzte sich wieder an seinen Platz und nahm aus dem Becken eine glimmende Kohle, um den Tabak seiner Pfeife in Brand zu stecken.

      »Ich bin bereit. Nun sprich!« forderte er mich dann auf.

      »Heute schickte ein reicher Aegypter zu mir, zu ihm zu kommen, weil sein Weib krank sei – — – »

      »Sein Weib – — —!«

      »So ließ er mir sagen.«

      »Du gingst?«

      »Ich ging.«

      »Wer ist dieser Mann?«

      »Er nennt sich Abrahim-Mamur und wohnt aufwärts von hier in einem einsamen, halb verfallenen Hause, welches am Ufer des Niles steht.«

      »Es wird von einer Mauer umgeben?«

      »Ja.«

      »Wer konnte dies ahnen! Ich habe alle Städte, Dörfer und Lager am Nile abgeforscht, aber ich dachte nicht, daß dieses Haus bewohnt werde. Ist sie wirklich sein Weib?«

      »Ich weiß es nicht, aber ich glaube es nicht.«

      »Und krank ist sie?«

      »Sehr.«

      »Wallahi, bei Gott, er soll es bezahlen, wenn ihr etwas Böses widerfährt. An welcher Krankheit leidet sie?«

      »Ihre Krankheit liegt im Herzen. Sie haßt ihn; sie verzehrt sich in Sehnsucht, von ihm fortzukommen, und wird sterben, wenn es nicht bald geschieht.«

      »Nicht er, aber sie hat dir das gesagt?«

      »Nein, ich habe es beobachtet.«

      »Du hast sie gesehen?«

      »Ja.«

      »Belauscht?«

      »Nein. Er führte mich in seine Frauenwohnung, damit ich mit der Kranken sprechen könne.«

      »Er selbst? Unmöglich!«

      »Er liebt sie – —«

      »Allah strafe ihn!«

      »Und fürchtete, daß sie sterben werde, wenn er mich wieder fortschickte.«

      »So sprachst du auch mit ihr?«

      »Ja, aber nur die Worte, welche er