Der Sternsteinhof. Ludwig Anzengruber. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ludwig Anzengruber
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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unter dem Busche stand, wo sie sich damals verstohlenerweis mit Muckerl zusammengefunden.

      »Grüß‘ dich Gott, Dirn‘,« sagte Toni.

      »Auch so viel,« entgegnete Helen‘.

      »Wohin ‚s Weg‘s?«

      »‘n Muckerl hab‘ ich begleit‘, jetzt geh‘ ich wieder heim.«

      »So, ‚n Muckerl? Ist das dein Schatz?«

      »Ich wüßt‘ nit, warum ich dich in dem Glauben irr‘ machen sollt‘; er wird schier so was sein.«

      »Wundert mich.«

      »Daß ich ein‘ Schatz hab‘?«

      »Dös nit. Eine, wie du, kann zehn für ein‘ hab‘n, wann‘s will.«

      »Na, jetzt weißt, eb‘n wenn‘s af‘s Wollen ankommt, da taug‘n mir die zehne für ein‘ schon gar nit; da wär‘ mir schon einer wie zehne lieber.«

      »Ja, aber so einer wie zehne is doch der Muckerl nit!«

      »Das sag‘ ich auch nit, aber laß‘ mir‘n in Fried‘. Daß er mir mehr gilt wie ein anderer, mag dir völlig g‘nügen, um wieviel mehr, kann dir gleich sein.« »Nein, das is mir eb‘n nit gleich, das möcht‘ ich wissen, du, als d‘Schönst‘« – —

      »Schwätz‘ du nit von der Schönsten! Lang‘ bevor ihr ang‘hoben habt, mich als dieselbe ausz‘schreien, hab‘ ich ihm schon dafür ‚golten. Vielleicht verstehst, daß er dadurch schon geg‘n andere voraushat; vielleicht auch nit, jed‘nfalls erspar‘ ich‘s Erklären.«

      »Verstünd‘s eh‘, wann er nur wie unsereiner und kein so Halbmandl wär‘, oder du eine, die sich mit jedem z‘frieden geb‘n müßt‘, das is aber nit, und zu dir paßt ein Säuberer.«

      »Ah, mein, dem frag‘ ich g‘rad nach! Säubrigkeit hab‘ ich für mich selber g‘nug, und von ein‘m andern seiner laßt sich nichts h‘runterbeißen.«

      »Freilich nit, aber es könnt‘ sich ja einer finden, der mehr hat wie der Muckerl, wovon mer h‘runterbeißen kann, und da wurd‘ doch nit schaden, wenn der nämliche ein wengerl leidlicher zun Anschau‘n war?«

      Die Dirne sah den Burschen mit zugekniffenen Augen von der Seite an. »Natürlich, weißt du mir auch gleich ein‘ solchen?«

      »Könnt‘ sein,« schmunzelte Toni, »und am End‘ is er gar nit weit von da.«

      »Wann d‘ ihm begegnest, so sag: ich ließ‘ ihn schön grüßen, und mein‘thalb‘n möcht‘ er nur bleiben, wo er is.«

      »Ich werd‘ ihm‘s sagen, glaub‘ aber nit‘, daß er sich daran kehrt.«

      »Das is sein Sach‘. Und jetzt, b‘hüt Gott!«

      »No, eil‘ nit, ich ging gern noch mit dir, —«

      »Kannst ja, wenn mer ein‘ Weg haben.«

      »Daß mer sich ausreden, aber da durch‘s Ort, —«

      »Dir z‘lieb‘ werd ich doch kein‘ Umweg machen?! Ich wüßt‘ nit warum und wozu. Was ich von dir anhör‘n mag, das kannst schon auf offener Straße vorbringen, wenn auch Leut‘ unter‘n Türen stehen oder aus‘n Fenstern schauen.«

      »Eben der Leut‘ wegen is mir um dich.«

      »Um mich? Was brauch‘ ich die Leut‘ z‘scheuen, wo ich ihnen unter‘n Augen herumgeh‘? Aber du fürcht‘st wohl, daß dein‘m Vater zu Ohren kommt, du wärst da herunten mit einer von uns g‘seh‘n word‘n?«

      »O, hoho!« lachte der Bursche. »Da kennst du mein‘ Vadern schlecht; der schreit wohl bei jedem Anlaß rechtschaffen herum, aber schließlich, wie groß er is, steck ich‘n doch in Sack.«

      »Da gib nur Obacht, daß d‘ dir nit doch einmal die Taschen dabei zerreißt.«

      »Kein Sorg‘! Bei mein‘m Vadern richt‘ ich all‘s, was ich will.«

      »Alles?«

      »Alles!«

      »Na, ‚s wird sich wohl auch bei all‘m bisherigen um nix b‘sonders g‘handelt hab‘n.«

      Toni begann mit großem Eifer von seinen unb‘sinnten Stückeln zu erzählen, aber er verstummte, als sie an den ersten Hütten des Dorfes vorbeischritten.

      »Da hast‘s,« flüsterte er, »da stehen schon welche und gaffen.«

      »Laß‘ s‘ doch, wenn s‘ Zeit und Lust dazu hab‘n,« sagte die Dirne und begann mit lauter Stimme von dem Wetter, den Ernteaussichten, ihrem Haushalt und ihrer Wirtschaft zu reden, bis zur Brücke, wo sie dem Burschen »gute Mahlzeit« bot.

      »Nur ein‘s noch,« sagte der.

      »Was?«

      »Willst mir wirklich kein‘ G‘legenheit geb‘n, daß ich mich einmal mit dir ausreden könnt‘?«

      »Nein, wirklich nit.«

      »Warum?«

      »Warum willst wissen? Weil mir der Spatz, den ich da herunten samt sein‘ Nest in den Händen hab‘, lieber is wie du stolzer Tauber da drob‘n af‘m Dach vom Sternsteinhof.«

      Der Bursche stieß ein paar kurze, höhnende Lachlaute aus, dann sah er der Wegschreitenden eine gute Weile nach, plötzlich ward er es müde, stemmte die Ellbogen auf dem Brückengeländer auf, schob alle zehn Finger unter den Hut, dessen Krempe ihm dabei tief in die Stirne fiel, und kraute sich in den Haaren.

      So sah ihn Helene noch lange dort stehen, als sie mit der alten Kleebinderin an der Vorgärteltüre plauderte.

      Auf dem Sternsteinhofe wurden Knechte und Mägde zum fleißigen Kirchenbesuche angehalten, aber der Bauer und sein Sohn nahmen es damit nicht so genau; war es ihnen vormittags nicht gelegen, Gott die Ehre zu geben, so ließen sie sich, wenn nichts dazwischen kam, nachmittags beim Segen sehen; öfters fuhren sie auch nach dem nahen Marktflecken, wo sie mit Bauern, die ebenfalls reich, also mehr ihresgleichen waren, verkehren konnten, und da schickte es sich häufig, daß sie erst inmitten oder zu Ende des Gottesdienstes hintrafen und ihnen just Zeit blieb, ein paar andächtige Vaterunser zu beten, ehe es zum Wirtshaustisch ging.

      Aber seit seiner Begegnung mit Helene im Busch versäumte Toni keine Frühmesse, blieb die Predigt über und besuchte nachmittags den Segen. Er ließ den Bauer allein auf dem Hofe sitzen und allein auch nach dem Marktflecken fahren und sprach sich dem Alten gegenüber sehr verständig dahin aus, daß derselbe als Herr in allem seinen Willen haben müsse, wie gut es aber auch sei, wenn einer an seiner Statt, den Dienstleuten zum erbaulichen Beispiele, sich gehörigerweis in der Dorfkirche sehen lasse.

      Zweimal noch unter der Zeit war er Helenen über den Weg gelaufen. Er sah sie unter der Straße entlang kommen und eilte nach der Brücke, um sie zu überholen, aber sie war stets flinker gewesen und ihm blieb nichts übrig, als ihr in einiger Entfernung zu folgen, und da kehrte sie sich das eine, wie das andere Mal an der Hütte der alten Matzner Resl gegen ihn, sah ihn mit großen Augen befremdet, ihm kam vor, auch ein wenig spöttisch, an und verschwand unter der Türe, um nach einer Weile mit Sepherl herauszutreten und eifrig plaudernd, ohne einen Blick zur Seite zu tun, mit der Kameradin vom oberen Ende des Dorfes zum unteren zurückzukehren.

      Nun geschah es oft, daß der Toni mitten unterm Essen Gabel und Messer aus der Hand legte; statt der Arbeit nachzugehen in irgendeinem Winkel stand, saß oder lehnte und in das Narrenkastei guckte, das heißt, ausdruckslos vor sich hinstarrte; das alles mochte er mehr als vier Wochen getrieben haben, als ihm der Bauer eines Mittags vom Tische weg in‘s Freie nachfolgte.

      »Nun, Bub,« sagte er, »an dir kann wohl der Herr Pfarrer sein‘ Freud‘ hab‘n?«

      »Warum, Vater?«

      »Weil d‘ dich so nachdrucksam af‘s Fasten und Beten verlegst.«

      »Ich? Mich?«

      »Ja, du dich! Und laß‘ dir sagen, wenn d‘ dich kastei‘n willst, so hätt‘ ich soweit nix dageg‘n, aber das