Die Sklavenkarawane. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
isbn:
Скачать книгу
hier reicht dein Verstand nicht aus. Wie nun, wenn sich einer unter ihnen befindet, der einen von uns kennt?«

      »Diesen einen könnten wir stumm machen.«

      »So müssen wir sie eben alle umbringen, denn mich würden sie selbst in dem Falle erkennen, daß sie mich noch nie gesehen haben. Allah ist, als er meiner Seele den Körper gab, verschwenderischer als sonst gewesen, wofür ich ihm nicht dankbar bin, denn es ist meist sehr verdrießlich, eine Gestalt zu besitzen, welche jedem auffallen muß. Man weiß, daß ich ein Sklavenjäger bin. Das ist schon genug, seit die Franken, über welche die Verdammnis kommen möge, in Chartum es durchgesetzt haben, daß der Sklavenhandel verboten wurde. Nun sitzt selbst hier in Faschodah ein Mudir, welcher kein Sklavenschiff passieren läßt, so daß wir stets ausladen und den langen und beschwerlichen Landweg einschlagen müssen. Dieser Mudir hat sein Auge ganz besonders auf mich gerichtet. Falle ich ihm in die Hände und es befindet sich nur ein einziger Sklave bei mir, so bin ich verloren. Soll er nun auch noch erfahren, daß ich, wenn Allah mir die Gelegenheit sendet, meine Leute in eine Gum verwandle, so ist das Ende meines Lebens nahe, was der Prophet verhindern möge, denn ich habe Lust, den Preis von noch Tausenden von Negern mit euch zu teilen. Diese acht Dschelabi würden, sobald sie mich sähen, augenblicklich wissen, daß ich Abu el Mot bin, und es morgen dem Mudir verraten. Dieser wieder weiß, in welchem Gebiete ich nach Schwarzen jage; ebenso weiß er ungefähr, wenn ich mit meinen Sklaventransporten durch sein Gebiet muß, und so würde er mir mit doppelter Sorgsamkeit auflauern. Ist es schon jetzt schwer, ihm zu entgehen, so würde es nachher unmöglich sein. Nein, die Dschelabi müssen sterben! Wenn du Mitleid mit ihnen hast, so kannst du heimkehren und Durrha essen. Ich brauche keinen Mann, dessen Herz von Wolle ist anstatt von Eisen.«

      Dabei zog er sein Messer und spielte in so bedeutungsvoller Weise mit demselben, daß der andre einsah, er werde nicht weit kommen, wenn es ihm einfallen sollte, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Darum antwortete er in begütigendem Tone:

      »Hast du mich jemals weinen sehen, wenn mein Messer oder meine Kugel einen Menschen getroffen hatte? Warum soll ich jetzt auf einmal ein Weib geworden sein, da mir einmal ein milder Gedanke kommt? Ich werde der erste von euch sein, welcher sein Messer in das Herz eines dieser Dschelabi senkt.«

      »Das hoffe ich auch, damit du die Zweifel zerstreust, zu denen du mir soeben Veranlassung gegeben hast! Ein Sklavenjäger muß ermorden können, ohne mit der Wimper zu zucken. Kann er das nicht, so taugt er nichts für dieses Geschäft. Morgen früh werden die Geier auf den Gerippen von neun Menschen sitzen und sich so dick angefressen haben, daß sie nicht davonfliegen können. Wir aber werden unsre Beute nach Kaka bringen und uns derselben erfreuen.«

      »Nach Kaka? So müssen wir nach Nordost gegen den Nil, also zurück. Warum nicht nach Faschodah?«

      »Das liegt zwar näher und ist auch ein besserer Handelsplatz; auch kann ich mich getrost dort sehen lassen, wenn ich keine Sklaven bei mir habe; aber ich würde dort keinen Käufer für die Sachen finden, welche wir diesem Giaur abnehmen werden. In Kaka aber habe ich meinen Agenten, welcher die Sammlung gern nach Chartum bringen wird, um sie für mich zu verwerten.«

      »Wird man dort nicht Verdacht fassen?«

      »Nein, denn der Agent wird so klug sein, den Leuten ein Märchen zu erzählen, welches sie glauben müssen. Dort gibt es Personen, welche den Wert einer solchen Sammlung kennen und einen guten Preis zahlen werden. Wir können sie auf anderm Wege unmöglich an den Mann bringen. Und daß sie viel wert ist, kann man daraus schließen, daß der Christ seine Heimat verlassen hat und sich so großen und vielen Gefahren aussetzt, um diese Pflanzen und Tiere zu holen. Wir werden bald einen zweiten, ähnlichen Fang machen. Der letzte Bote, der mir aus der Seriba Omm et Timsah gesandt wurde, teilte mir mit, daß dort zwei Weiße, ein junger und ein alter, eingetroffen sind, welche Gewächse suchen, um sie zwischen Papierblätter zu legen, und Käfer, Schlangen und allerlei Gewürm fangen, welches sie in Flaschen stecken. Beide haben schwarze Diener bei sich, viele Waffen und Tauschartikel und große, schwere Ballen Zeug, welches, wie ihr wißt, dort die Stelle des Geldes vertritt. Diese Europäer drängen sich mit großer Frechheit in unser Sklavengebiet. Wir dürfen das nicht dulden und werden sie also, sobald wir hinkommen, in die Hölle senden, ihre Sachen aber behalten. Diese Menschen glauben an Isa Ben Marryam, welcher gelehrt hat, daß es keine Sklaven geben dürfe, da auch die Schwarzen Allahs Kinder seien. Wenn wir sie nicht töten, wird diese Lehre überhand nehmen und unsern Handel zu nichte machen. Ich dulde keinen Christen im Bereiche meines Jagdgebietes, am allerwenigsten aber christliche Priester, welche die Schwarzen gegen uns aufwiegeln, indem sie denselben die alberne Lehre von der Liebe bringen. Darum werden diese beiden Weißen sterben wie der Giaur, der jetzt dort am Brunnen lagert.«

      »Meinst du nicht, daß er sich verteidigen wird?«

      »Nein, denn wir werden ihm keine Zeit dazu lassen. Unser Überfall wird so plötzlich geschehen, daß er gar keine Zeit finden wird, sich seiner Waffen zu bedienen. Wenn der Schech uns nachher aufsucht, wie verabredet worden ist, so werden wir von ihm erfahren, wo der Giaur liegt und wo die Dschelabi schlafen. Wir schleichen uns hinan und werden sie wohl gar im Schlafe töten, so daß sie zur Hölle fahren, ohne vorher zu erwachen. Vielleicht sind die Gewehre noch gar nicht wieder geladen, welche sie vorhin abgeschossen haben, um die Löwen abzuschrecken.«

      »Allah ‚l Allah! In welcher Gefahr haben wir da auch uns befunden! Wie leicht konnte der Verderber der Herden auch zu uns kommen!«

      »Nein. Er hat seine Wohnung im Osten des Brunnens und ist wieder dorthin zurück. Schliche er sich in unsrer Nähe herum, so würden die Kamele ihn durch ihre Angst verraten. Vorher waren sie unruhig; aber seit die Schüsse gefallen sind, haben sie keine Furcht mehr gezeigt. Der Vater des dicken Kopfes ist also fort. Laßt uns nun nicht mehr sprechen, sondern lieber aufpassen. Der Schech könnte eher kommen, als wir ihn erwarten, und wir müssen dafür sorgen, daß er uns nicht verfehlt.«

      Aus diesen Worten war zu schließen, daß die Unterhaltung nun zu Ende sei. Darum hielt Schwarz es für geraten, sich zurückzuziehen. Er kroch so leise und vorsichtig davon, wie er gekommen war. In der Entfernung, in welcher er nicht mehr gesehen werden konnte, erhob er sich aus der kriechenden Stellung, da er nun getrost wieder aufrecht gehen konnte. Erst als er den Felsen erreichte, mußte er wieder vorsichtig verfahren, da die Homr nicht wissen durften, daß er fort gewesen war.

      Es gelang ihm, seinen Platz von ihnen unbemerkt zu erreichen. Die Dschelabi hatten Sorge um ihn gehabt, da seine Abwesenheit eine ziemlich lange gewesen war. Er erzählte ihnen, was er gehört hatte und fragte sie, ob ihnen dieser Abu el Mot vielleicht bekannt sei. Sie alle kannten diesen Mann, ohne ihn aber jemals gesehen zu haben. Sie hatten gehört, daß er der eifrigste und unbarmherzigste Sklavenjäger sei, doch wo er sein Jagdgebiet habe, wußten sie nicht.

      »Er scheint seine Raubzüge von einer Seriba, welche Omm et Timsah heißt, aus zu unternehmen,« sagte der Deutsche. »Ist euch diese nicht bekannt?«

      »Nein,« antwortete der ‚Vater der elf Haare‘. »Ich kenne alle Seriben bis jenseits des Dinka-Landes, aber von einer dieses Namens habe ich noch nie gehört. Doch muß uns das einstweilen gleichgültig sein. Wir müssen an unsre Verteidigung denken. Wir müssen überlegen, wie wir uns am besten wehren können.«

      »Da gibt es nicht viel zu überlegen. Die Hauptsache ist, daß der Feind uns nun nicht mehr überraschen kann. Wir wissen, wo er sich befindet.«

      »Aber nicht, wann er kommen wird.«

      »O doch. Der Schech will die Gum aufsuchen. Er hat also mit Abu el Mot den Überfall schon längst geplant. Es ist da drüben hell, und wir können also leicht sehen, wenn er sich entfernt. Er wird den Räubern sagen, wo und wie wir lagern, und dann werden sie kommen.«

      »Wir schießen sie nieder?«

      »Nein. Sie sind zwölf Personen und wir nur neun; aber da wir nun sie überraschen und nicht sie uns, so sind wir ihnen überlegen. Wir bleiben natürlich nicht hier liegen, sondern erwarten sie am Beginn der Büsche, zwischen welchen wir uns verstecken können. Sind sie an uns heran, so springen wir auf. Jeder nimmt seinen Mann und schlägt ihn nieder. Ein tüchtiger Hieb auf den Kopf genügt dazu; aber die Kerls müssen so getroffen sein, daß sie gleich zusammenbrechen. Mit den übrigen drei werden wir dann schnell fertig.