Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Balduin Mollhausen
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Knien, während die beiden älteren einige Kühe und Schafe langsam nachtrieben. Ich selbst trug meine Büchse, unterstützte bald meine Frau, bald meinen Knaben in ihrer Arbeit und machte gelegentlich einen kleinen Umweg nach den bewaldeten Ufern der Bäche und Flüsse, wo es mir damals nicht schwer wurde, durch das Erlegen von Hirschen und Truthühnern reichlich für unsere Küche zu sorgen. Auf diese Weise zogen wir unsere Straße entlang und hielten uns soviel wie möglich in der Nähe der Ansiedlungen. Wir begegneten vielfach Indianern, doch ließen sie uns unbelästigt, sie scheuten sich vielleicht vor der Nähe der Kolonien; wahrscheinlich waren aber die Gegenstände, die wir mit uns führten, für sie nicht verlockend genug, denn wir legten eine Reise von wenigstens sechshundert Meilen, und dazu noch größtenteils durch unbewohnte Prärien, zurück, ohne irgendwie Verluste zu erleiden. Wochen und Monate hindurch ging uns ein Tag wie der andere hin, das Wild und die Milch unserer Kühe schützten uns vor Mangel, und wenn es regnete, fanden wir Obdach unter der Leinwand, die über dem Wagen aufgespannt war, wo meine Familie auch die Nächte zubrachte. Ich schlief gewöhnlich mit der Büchse im Arm auf dem weichen Rasen unter dem Wagen, von wo aus ich bequem unser an Pflöcken grasendes Vieh beobachten konnte. Wir gelangten endlich auf das Gebiet von Texas und reisten auf demselben noch eine weite Strecke gegen Süden, bis ich endlich den Rauch und den niedrigen Schornstein eines Blockhauses erblickte. Dort hielt ich an und schaute um mich: grüne Prärien wechselten mit kleinen Waldungen ab, kristallklare Bäche rieselten lustig durch die Niederungen, hohes, dunkelfarbiges Gras verriet die Fruchtbarkeit des Bodens — genug, die ganze Umgebung lächelte mir freundlich entgegen und schien mir alles, was ich wünschte, zu bieten. Kein Wunder also, daß ich eine Weile sinnend und überlegend dastand. Meine gute arme Frau mußte meine Gedanken erraten haben, denn auch sie blickte schweigend nach allen Richtungen und endlich mir ins Auge, wobei sie mir freundlich zunickte.«

      Hier stockte mein Erzähler, ich schwieg, und nach einigen Minuten trüben Sinnes fuhr er in seiner Erzählung fort: »Auch ich nickte, und ohne ein Wort gesprochen oder beratschlagt zu haben, waren wir übereingekommen, dort unseren Wohnsitz zu gründen. Mit Hilfe zweier Nachbarn, der einzigen weißen Menschen im Umkreis von dreißig Meilen, war bald ein geeignetes Plätzchen an einer nie versiegenden Quelle gefunden, und es dauerte keine drei Wochen, bis dort ein Blockhäuschen stand; freilich war es nicht so groß wie dieses, doch immer groß genug für mich, um mit meiner Familie, die sich im Laufe der Zeit noch um einige Söhne vermehrte, so recht glücklich und zufrieden zu leben.

      Mehrere Jahre gingen auf diese Weise dahin, nichts störte die Einigkeit zwischen mir und meinen Nachbarn, deren Zahl ebenfalls durch zwei neuangekommene Familien vermehrt wurde; mein Viehbestand nahm zu, und prächtig gediehen Weizen und Mais, bei deren Bestellung mich meine ältesten Söhne kräftig unterstützten. Alljährlich unternahm ich mehrere Male in Gesellschaft von Nachbarn eine Reise nach dem nächsten Städtchen, wo ich dann für eine Wagenladung Korn oder für einen jungen Stier Kleidungsstücke und sonstige zum Haushalt notwendige Gegenstände eintauschte.

      Während meiner Abwesenheit auf einer solchen Reise traf mich sowie mehrere andere Mitglieder unserer Kolonie, das erste Unglück: es wurden uns nämlich von den Indianern während der Nacht einige der besten Pferde geraubt. Der Verlust an sich selbst war, wenn auch fühlbar genug, doch nicht unersetzlich, dagegen war das Vertrauen auf unsere Sicherheit und die aus demselben entspringende glückliche Sorglosigkeit aus unserer kleinen Kolonie gewichen; denn nur zu wohl wußte jeder, daß da, wo Indianer einmal mit Erfolg geplündert haben, man zu jeder Zeit auf eine Wiederholung ihres Besuchs gefaßt sein müsse. Wir trafen infolgedessen solche Vorkehrungen, daß bei erneuten Räubereien wir wenigstens imstande waren, den Wilden ihre Beute abzujagen. Jeder trieb nämlich des Abends seine Herde in den an das Wohnhaus stoßenden, fest eingefriedeten Hof und band die schnellsten und sichersten Pferde dicht an die Haustür, wo auch die Hunde angekettet wurden und einer der Hausbewohner schlafen mußte. Die Jagd ist hinlänglich Ursache, einen Knaben, sobald er die Büchse zu heben vermag, mit dieser Waffe vertraut zu machen; unter solchen Umständen sorgten wir indessen auch dafür, daß nicht nur unsere Jungen, sondern auch unsere Weiber gute Schützen wurden und zur Zeit der Not alle bewaffnet werden konnten, was viel dazu beitrug, daß sich wieder ein Gefühl größerer Sicherheit bei uns einstellte.

      Ein Jahr verstrich, ohne daß sich ein Indianer blicken ließ, doch wurden keineswegs Vorsicht und Wachsamkeit, die uns schon zur Gewohnheit geworden waren, dadurch eingeschläfert. Doch was half es uns?

      Einst am hellen Tag stürzten einige der auf den Feldern Beschäftigten in die Häuser mit dem Ruf: »Die Räuber!« Es dauerte nur wenige Minuten, und nach der Richtung hin, wo die Wilden bemerkt worden waren, liefen die mit ihren Büchsen bewaffneten Männer unserer Ansiedlung. Wir kamen zu spät, denn in weiter Ferne erblickten wir nur noch wie Punkte die Räuber, die in voller Jagd mit dem größten Teil unsere Pferde und Rinder davonjagten. Nur Kälber und schwerfällige Kühe waren zurückgeblieben, wo einige Stunden vorher noch unser irdischer Reichtum weidete.

      Sie wissen«, schaltete der alte Heart hier ein, »daß der Grenzbewohner sein Reitpferd immer in seiner Nähe oder doch wenigstens unter seinen Augen hat. Diese Gewohnheit gereichte uns damals zum Glück, denn wir wurden dadurch in die Lage versetzt, ein halbes Dutzend guter Schützen beritten zu machen und den Indianern nachzusenden. Ich war natürlich einer der ersten, die im Sattel saßen, doch sah ich zu meinem Leidwesen, daß mein ältester Sohn sich ebenfalls mit seiner Büchse aufs Pferd schwang. Mein Wunsch, er möge zurückbleiben, wurde unbeachtet gelassen; und wenn ich auch besorgt war um ihn, so konnte ich doch meine Freude über den ungestümen Mut des Jungen nicht ganz unterdrücken. Die Indianer mochten um diese Zeit einen Vorsprung von zehn Meilen haben; der Abend war nicht mehr fern, und wir konnten darauf rechnen, daß vor Mittag des folgenden Tages die Räuber nicht an ein Halten denken würden. Wir folgten daher langsam ihren Spuren; als aber die Kühle der Nacht sich einstellte, gebrauchten wir die Peitschen, und dahin ging es über die stille Ebene, als hätten wir ums Leben reiten sollen. Zweimal kamen wir an Rindern vorbei, die auf der wilden Flucht ermüdet waren und dafür von den boshaften Räubern einige Pfeile in den Leib erhalten hatten; wir ließen uns indessen dadurch nicht aufhalten, denn deutlicher schon vernahmen wir vor uns aus der Ferne den gellenden Ruf der Indianer, mit dem sie die geängstigte Herde vor sich her trieben.

      Wir wußten jetzt, daß wir mit Tagesanbruch die Wilden einholen würden, doch kannten wir nicht ihre Stärke und durften uns ihnen deshalb nur vorsichtig nähern. Vielleicht um zu tränken, vielleicht aber auch, um weicheren Boden für die Hufe des Rindviehs zu gewinnen, waren die Indianer von der Ebene hinab in das niedriger gelegene Tal eines Baches gezogen, wo sie den Lauf desselben zu ihrer Richtung wählten. Um unbemerkt zu bleiben, was in jedem anderen Fall bei dem anbrechenden Morgen unmöglich gewesen wäre, brauchten wir uns also nur auf der Höhe zu halten.

      Die Sonne war schon aufgegangen, als wir uns in gleicher Linie mit unseren Feinden befanden und sogleich bemerkten, daß sechzehn bis achtzehn Komantschen uns die Beute streitig machen würden. Ein Entschluß war schnell gefaßt; wir folgten einer vom Regen ausgespülten Schlucht, die hinab ins Tal führte, und in demselben angekommen, stürzten wir in vollem Lauf vor die Herde, die, erschreckt durch unser Dazwischenfahren und durch das Wutgeheul der Indianer, sich nach allen Richtungen zerstreute. Wenn auch die Indianer eine Verfolgung vorhergesehen hatten, so schienen sie diese doch nicht so früh erwartet zu haben, denn unschlüssig in ihrem Handeln und auch im Ungewissen über unsere Stärke, wendeten sich die meisten zur Flucht, während andere ihre Waffen ergriffen und den geängstigten Tieren Pfeile nachsandten.

      Um nicht die Rache dieser Wilden herauszufordern, war unter uns ausgemacht worden, nur im nötigsten Fall Blut zu vergießen und deshalb nur einige Schüsse über ihre Köpfe hinwegzufeuern; das Geschick wollte es indessen anders.

      Mein Sohn hatte einen Indianer erblickt, der vom Pferd herab mit Pfeilen nach einem Ochsen schoß und sich dann wie die übrigen aus dem Bereich unserer Büchsen über den Bach zurückzuziehen beabsichtigte. Entrüstet über das grausame und zugleich feige Benehmen, jagte der Junge sein Pferd dem Wilden nach, wobei er in drohender Weise sein Gewehr schwang. Ich wollte ihn zurückrufen, doch ein jäher Schrecken machte mich sprachlos, als ich aus dem Bett des Flüßchens, halb versteckt von Weiden, einen berittenen Indianer hervorragen sah, der, die Büchse an der Schulter, mit dem Auge den schnellen Bewegungen meines Sohnes folgte,