Фауст. Трагедия / Faust. Eine Tragödie. Иоганн Вольфганг фон Гёте. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Иоганн Вольфганг фон Гёте
Издательство: Издательство АСТ
Серия: Bilingua подарочная: иллюстрированная книга на языке оригинала с переводом
Жанр произведения:
Год издания: 1831
isbn: 978-5-17-152558-3
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Magister, heiße Doctor gar,

      Und ziehe schon an die zehen Jahr,

      Herauf, herab und quer und krumm,

      Meine Schüler an der Nase herum —

      Und sehe, daß wir nichts wissen können!

      Das will mir schier das Herz verbrennen.

      Zwar bin ich gescheidter als alle die Laffen,

      Doctoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;

      Mich plagen keine Scrupel noch Zweifel,

      Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel —

      Dafür ist mir auch alle Freud’ entrissen,

      Bilde mir nicht ein was rechts zu wissen,

      Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,

      Die Menschen zu bessern und zu bekehren.

      Auch hab’ ich weder Gut noch Geld,

      Noch Ehr’ und Herrlichkeit der Welt.

      Es möchte kein Hund so länger leben!

      Drum hab’ ich mich der Magie ergeben,

      Ob mir durch Geistes Kraft und Mund

      Nicht manch Geheimniß würde kund;

      Daß ich nicht mehr mit sauerm Schweiß,

      Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;

      Daß ich erkenne, was die Welt

      Im Innersten zusammenhält,

      Schau’ alle Wirkenskraft und Samen,

      Und thu’ nicht mehr in Worten kramen.

      O sähst du, voller Mondenschein,

      Zum letztenmal auf meine Pein,

      Den ich so manche Mitternacht

      An diesem Pult herangewacht:

      Dann über Büchern und Papier,

      Trübsel’ger Freund, erschienst du mir!

      Ach! könnt’ ich doch auf Berges-Höh’n,

      In deinem lieben Lichte gehn,

      Um Bergeshöle mit Geistern schweben,

      Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,

      Von allem Wissensqualm entladen,

      In deinem Thau gesund mich baden!

      Weh! steck’ ich in dem Kerker noch?

      Verfluchtes, dumpfes Mauerloch!

      Wo selbst das liebe Himmelslicht

      Trüb’ durch gemahlte Scheiben bricht.

      Beschränkt mit diesem Bücherhauf,

      Den Würme nagen, Staub bedeckt,

      Den, bis an’s hohe Gewölb’ hinauf,

      Ein angeraucht Papier umsteckt;

      Mit Gläsern, Büchsen rings umstellt,

      Mit Instrumenten vollgepfropft,

      Urväter Hausrath drein gestopft —

      Das ist deine Welt! das heißt eine Welt!

      Und fragst du noch, warum dein Herz

      Sich bang’ in deinem Busen klemmt?

      Warum ein unerklärter Schmerz

      Dir alle Lebensregung hemmt?

      Statt der lebendigen Natur,

      Da Gott die Menschen schuf hinein,

      Umgiebt in Rauch und Moder nur

      Dich Thiergeripp’ und Todtenbein.

      Flieh! auf! hinaus ins weite Land!

      Und dieß geheimnißvolle Buch,

      Von Nostradamus eigner Hand,

      Ist dir es nicht Geleit genug?

      Erkennest dann der Sterne Lauf,

      Und wenn Natur dich unterweist,

      Dann geht die Seelenkraft dir auf,

      Wie spricht ein Geist zum andern Geist.

      Umsonst, daß trocknes Sinnen hier

      Die heil’gen Zeichen dir erklärt,

      Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir,

      Antwortet mir, wenn ihr mich hört!

      Er schlägt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Makrokosmus.

      Ha! welche Wonne fließt in diesem Blick

      Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!

      Ich fühle junges, heil’ges Lebensglück

      Neuglühend mir durch Nerv’ und Adern rinnen.

      War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb?

      Die mir das innre Toben stillen,

      Das arme Herz mit Freude füllen,

      Und mit geheimnißvollem Trieb,

      Die Kräfte der Natur rings um mich her enthüllen.

      Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!

      Ich schau’ in diesen reinen Zügen

      Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.

      Jetzt erst erkenn’ ich was der Weise spricht:

      «Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;

      «Dein Sinn ist zu, dein Herz ist todt!

      «Auf bade, Schüler, unverdrossen,

      «Die ird’sche Brust im Morgenroth!«

      Er beschaut das Zeichen.

      Wie alles sich zum Ganzen webt,

      Eins in dem andern wirkt und lebt!

      Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen

      Und sich die goldnen Eimer reichen!

      Mit segenduftenden Schwingen

      Vom Himmel durch die Erde dringen,

      Harmonisch all’ das All durchklingen!

      Welch Schauspiel! aber ach! ein Schauspiel nur!

      Wo faß’ ich dich, unendliche Natur?

      Euch Brüste, wo? Ihr Quellen alles Lebens,

      An denen Himmel und Erde hängt,

      Dahin die welke Brust sich drängt —

      Ihr quellt, ihr tränkt, und schmacht’ ich so vergebens?

      Er schlägt unwillig das Buch um, und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.

      Wie anders wirkt dieß Zeichen auf mich ein!

      Du, Geist der Erde, bist mir näher;

      Schon fühl’ ich meine Kräfte höher,

      Schon glüh’ ich wie von neuem Wein,

      Ich fühle Muth, mich in die Welt zu wagen,

      Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,

      Mit Stürmen mich herumzuschlagen,

      Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen,

      Es wölkt sich über mir —

      Der Mond verbirgt sein Licht —

      Die Lampe schwindet!

      Es dampft! – Es zucken rothe Strahlen

      Mir um das Haupt – Es weht

      Ein Schauer vom Gewölb’ herab

      Und faßt mich an!

      Ich fühl’s, du schwebst um mich, erflehter Geist.

      Enthülle dich!

      Ha! wie’s in meinem Herzen reißt!

      Zu