I.Hinführung
In den Einrichtungen der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland arbeiten 1,2 Millionen Menschen1. Die Caritas, der Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche, beschäftigt allein rund 617.000 Mitarbeiter.2 Das geltende Arbeitsrecht dieser Mitarbeiter wird von den Kirchen im sog. „Dritten Weg“ festgesetzt - unter absolutem Ausschluss von Arbeitskampfmaßnahmen. Im Dritten Weg beschließen paritätisch besetzte Kommissionen die Arbeitsbedingungen. Der Begriff „Dritter Weg“ erklärt sich in Abgrenzung zum „Ersten Weg“, welcher eine hierarchische Vorgabe der Arbeitsbedingungen meint, und in Abgrenzung zum „Zweiten Weg“, welcher den Abschluss von Tarifverträgen bezeichnet.3
Im Dritten Weg beschließen paritätisch besetzte Kommissionen die Arbeitsbedingungen. Der Begriff „Dritter Weg“ erklärt sich in Abgrenzung zum „Ersten Weg“, welcher eine hierarchische Vorgabe der Arbeitsbedingungen meint, und in Abgrenzung zum „Zweiten Weg“, welcher den Abschluss von Tarifverträgen bezeichnet.4
Der Dritte Weg ist seit Jahrzehnten immer wieder Gegenstand politischer und juristischer Diskussionen.5 Die ÖTV, seit 2001 Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), hatte bereits in den 1950er Jahren den Abschluss von Tarifverträgen und die Geltung des Streikrechts in kirchlichen Wirtschaftsbetrieben eingefordert.6 Vom BAG ist mittlerweile festgestellt, dass die Kirchen aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechts ein am Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft ausgerichtetes Arbeitsrechtsregelungsverfahren schaffen können.7 Die Gewerkschaften kritisieren den „Dritten Weg“ als „ungeeignet, um Tarifverträge als kollektive Vereinbarungen zwischen den Arbeitgebern und den Gewerkschaften zu ersetzen“, vor allem der Ausschluss des Streikrechts führe für die Dienstnehmerseite zu einer fehlenden sozialen Mächtigkeit, eine Verhandlungsparität liege nicht vor.8 Das im Grundgesetz in Art. 9 Abs. 3 GG verankerte Streikrecht und die Tarifautonomie müssten auch im kirchlichen Bereich gelten.9 Konkret kritisiert ver.di, dass Kirchenleitungen einseitig die Bedingungen festlegen, unter denen in den Kommissionen verhandelt werden soll. Die Mitglieder der Dienstnehmerseite in den Kommissionen seien durch ihre abhängige Beschäftigung nicht frei und unabhängig, und könnten so nicht sinnvoll die Interessen ihrer Kollegen vertreten.10 In einem Faktenblatt der Caritas zum eigenen Arbeitsrechtsregelungsverfahren werden dagegen die Vorzüge des Dritten Weges betont: Durch einen „konsensualen Einigungsprozess entfalle die Notwendigkeit von Streik und Aussperrung. Mit über 90 Prozent der Beschäftigten sei die Tarifbindung in der Kirche und ihrer Caritas so hoch wie in kaum einem anderen Bereich“.11
Im Jahr 2012 urteilte das BAG12, dass Gewerkschaften in das Verfahren des Dritten Weges organisatorisch eingebunden werden müssen. Die Kirchen können und dürfen ihre Arbeitsbedingungen aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechts im Rahmen des Dritten Weges regeln, die Kollision mit der Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften (Art. 9 Abs. 3 GG) sei aber durch eine ausreichende Einbindung der Gewerkschaften auszugleichen. In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte die Evangelische Kirche von Westfalen die Gewerkschaft ver.di verklagt, Streikaufrufe in der Kirche zu unterlassen. Auch wenn das beschriebene Verfahren die evangelische Kirche betraf, so setzten nach diesem Urteil auch die verfasste katholische Kirche und ihre Einrichtungen die Vorgaben des BAG um.13 Die kirchengesetzlichen Grundlagen der Tarifsetzung haben sich aufgrund der Vorgaben des BAG verändert.14
1Angaben der Deutschen Bischofskonferenz: www.dbk.de/fileadmin/redaktion/Zahlen%20und%20Fakten/Kirchliche%20Statistik/Allgemein__Zahlen_und_Fakten/AH287_Zahlen-und-Fakten-2015-16_internet.pdf, aufgerufen am 20.12.2019.