n) Die Einschränkung der Verarbeitung (14. Alt.)
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Die Einschränkung der Verarbeitung wird in Art. 4 Nr. 3 DSGVO gesondert definiert. Demnach bedeutet die Einschränkung der Verarbeitung die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken. Insoweit kann für die Einzelheiten dieses Begriffs auf die Kommentierung zu Art. 4 Nr. 3 DSGVO verwiesen werden (siehe unten Rn. 106ff.).
o) Das Löschen personenbezogener Daten (15. Alt.)
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Das Löschen personenbezogener Daten bedeutet (ganz allgemein) das Unkenntlichmachen dieser Daten.213 Durch das Löschen muss es unmöglich gemacht werden, dass die in den zu löschenden Daten enthaltenen personenbezogenen Informationen (weiterhin) mit verhältnismäßigem Aufwand zur Kenntnis genommen oder sonst wie in irgendeiner sinnvollen Art und Weise verarbeitet werden können.214
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Die Löschung beschreibt somit das Ziel des Vorgangs. Auf welche Art und Weise dieses Ziel erreicht wird, gibt Art. 4 Nr. 2 DSGVO nicht vor. So kann eine Löschung z.B. durch die Vernichtung des Datenträgers, das Überschreiben der Daten, die nichtreversible Entfernung der Daten vom Datenträger, aber nach hier vertretener Ansicht auch durch die Anonymisierung der Daten erfolgen.215
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Unklar ist allerdings, ob die Daten nichtreversibel anonymisiert werden müssen, damit sie als gelöscht qualifiziert werden können, oder ob dafür auch eine faktische Anonymisierung reicht, bei der die Re-Identifizierung also nur praktisch nicht durchführbar ist, z.B. weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskräften erfordern würde216 (siehe ausführlich zur Anonymisierung von Daten oben Rn. 47ff.). Welcher Auffassung der Europäische Datenschutzausschuss zuneigt, lässt sich nach hier vertretener Lesart aus seinen (bisherigen) Ausführungen nicht sicher entnehmen.217
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Nach hier vertretener Auffassung ist das Erfordernis einer nichtreversiblen Anonymisierung zu strikt. Vielmehr reicht insoweit eine faktische Anonymisierung aus. So vermag auch bereits eine solche faktische Anonymisierung den Personenbezug von Daten zu beseitigen, woraufhin die DSGVO auf die Verarbeitung solcher Daten keine Anwendung mehr findet (siehe hierzu ausführlich oben Rn. 47ff.). Vor dem Hintergrund des Schutzwecks der DSGVO ist kein sachlicher Grund erkennbar, dass Daten in diesem Fall dann nicht auch als gelöscht anzusehen sein sollen.218
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Mithin erfolgt die Löschung im vorliegenden Zusammenhang also durch die faktische Anonymisierung der Daten. Deshalb „entfällt“ die Löschung nach hier vertretener Ansicht auch nicht nachträglich, sollten anonymisierte Daten zu einem späteren Zeitpunkt infolge der dann verfügbaren Mittel wieder de-anonymisiert werden können.219 Voraussetzung dafür ist aber, dass die personenbezogenen Daten (zuvor) erfolgreich in dem soeben dargestellten Sinne (faktisch) anonymisiert wurden. Bei der Beurteilung, ob Daten als faktisch anonym anzusehen sind, kann es vor dem Hintergrund von Erwägungsgrund 26 Sätze 3 und 4 nach hiesigem Verständnis erforderlich sein, auch die technologischen Entwicklungen mit zu berücksichtigen.220
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Sobald der jeweilige Verantwortliche die betroffene Person allerdings wieder identifizieren kann – ggf. anhand ihm zurechenbaren Wissens/zurechenbarer Mittel –, die betroffene Person also wieder identifizierbar ist (siehe hierzu oben Rn. 30ff.), sind diese vormals anonymisierten Daten (zumindest für den Verantwortlichen) wieder als personenbezogen i.S.d. Art. 4 Nr. 1 DSGVO zu qualifizieren, woraufhin er bei deren Verarbeitung – sofern auch die weiteren Anwendbarkeitsvoraussetzungen vorliegen – die Anforderungen der DSGVO beachten muss.221
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Die Definition des Löschens personenbezogener Daten hat insbesondere für Art. 17 DSGVO große Bedeutung, in dem das Recht der betroffenen Person auf Löschung ihrer Daten geregelt ist. Siehe zu den Einzelheiten, insbesondere den Anforderungen an das Löschen, die Kommentierung zu Art. 17 (siehe Art. 17 Rn. 72). Soweit die Löschung zu Zwecken der Erfüllung der Löschpflicht gem. Art. 17 DSGVO erfolgt, kann diese nach hier vertretener Ansicht i.d.R. auf Art. 6 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 17 DSGVO gestützt werden.222
p) Die Vernichtung personenbezogener Daten (16. Alt.)
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Die Vernichtung personenbezogener Daten ist eine (Unter-)Form des Löschens und bezeichnet die physische Zerstörung des Datenträgers.223 Soweit teilweise vertreten wird, dass die Vernichtung neben dem Löschen stünde und das Löschen daher die Vernichtung nicht umfasse, sondern der Datenträger bei der Löschung physisch erhalten und funktionsfähig bleiben müsse,224 vermag dies nicht zu überzeugen. So würde dies nach hier vertretener Ansicht die Möglichkeiten des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gem. Art. 17 DSGVO unzulässig beschränken, der vom Verantwortlichen die Löschung und eben nicht (alternativ) die Vernichtung personenbezogener Daten verlangt. Mithin müsste der Verantwortliche nach dieser Ansicht bei jeder Löschung von Daten nach Art. 17 DSGVO den Datenträger erhalten. Dies entspricht aber nicht dem Sinn und Zweck des Art. 17 DSGVO (siehe hierzu Art. 17 Rn. 19).
IV. Einschränkung der Verarbeitung (Nr. 3)
1. Rechtlicher Hintergrund/Gesetzessystematischer Zusammenhang
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Die „Einschränkung der Verarbeitung“ bedeutet gem. Art. 4 Nr. 3 DSGVO die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken. Der Begriff ist mit dem bisher in der EG-DSRl und im BDSG a.F. verwendeten Begriff des „Sperrens“ vergleichbar.225 Eine Definition dieses Begriffs enthielt die EG-DSRl – anders als das BDSG a.F. – jedoch nicht. Nach § 3 Abs. 4 Nr. 4 BDSG a.F. sollte „Sperren“ das Kennzeichnen gespeicherter personenbezogener Daten bedeuten, um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzung einzuschränken.
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Eine eigenständige Definition des Begriffs „Einschränkung der Verarbeitung“ ist in der DSGVO erst seit der Fassung des Rates der Europäischen Union226 enthalten. Das Konzept der Einschränkung der Verarbeitung war aber – ohne eine entsprechende Begriffsdefinition – auch bereits im Vorschlag der Europäischen Kommission enthalten.227
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In der DSGVO wird der Begriff der „Einschränkung der Verarbeitung“ vor allem in Art. 18 DSGVO verwendet. So handelt es sich bei diesem Begriff zugleich um ein Betroffenenrecht, welches die betroffene Person gegenüber dem Verantwortlichen geltend machen kann. Die Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Ausnahmen dieses Rechts sind in Art. 18 DSGVO geregelt, der durch ErwG 67 konkretisiert wird. Im Zusammenhang mit diesem Recht bestehende Mitteilungspflichten sind in Art. 19 DSGVO geregelt, welcher den Begriff der „Einschränkung der Verarbeitung“ ebenfalls verwendet. Art. 4 Nr. 2 DSGVO stellt klar, dass die Einschränkung der Verarbeitung auch eine Verarbeitung i.S.d. Art. 4 Nr. 2 DSGVO darstellt (siehe oben Rn. 97). Des Weiteren verlangen Art. 13 Abs. 2 lit. b bzw. Art. 14 Abs. 2 lit. c DSGVO sowie – im Rahmen eines Auskunftsersuchens – Art. 15 Abs. 1 lit. e DSGVO unter den dort genannten Voraussetzungen, dass die betroffene Person über das Bestehen des Rechts auf Einschränkung der Verarbeitung i.S.d. Art. 18 DSGVO informiert werden muss. Zudem gibt Art. 58 Abs. 2 lit. g DSGVO den Aufsichtsbehörden die Befugnis, die Einschränkung der Verarbeitung anzuordnen.228 Auch im BDSG wird der Begriff an verschiedenen Stellen verwendet, so insbesondere in § 35 BDSG, der Ausnahmen vom Recht auf Löschung gem. Art.