V. Verwirklicht ist darüber hinaus auch ein erpresserischer Menschenraub nach § 239a StGB, da die Täter vorliegend eine im Zweipersonenverhältnis erforderliche stabilisierte Bemächtigungslage erzeugt und zu einer Erpressung ausgenutzt haben.
VI. Ebenso ist eine gefährliche Körperverletzung nach §§ 223, 224 I Nr. 2, Nr. 5 StGB durch die Tritte mit dem beschuhten Fuß und durch die lebensgefährdende Knebelung verwirklicht. Sie stehen in Tateinheit zum versuchten Mord[34] sowie zum besonders schweren Raub und zum erpresserischen Menschenraub.
VII. Gegeben ist schließlich auch ein Hausfriedensbruch nach § 123 StGB.
B. Das Verhalten nach der Rückkehr vom Tresor
I. Hier käme ein Mordversuch durch Unterlassen nach §§ 212, 211, 13, 22, 23 StGB in Betracht. Diesbezüglich wäre an das Mordmerkmal der Grausamkeit zu denken.[35] Immerhin gingen die Täter davon aus, dass die Eheleute ohne Hilfe erbärmlich sterben werden. Allerdings wäre hierfür Voraussetzung, dass neben der gravierenden Begehungsweise auch eine spezifische innere Haltung des Täters gegeben ist. Diese könnte man hier in Form einer emotional unbeteiligten Motivation in Kenntnis der objektiven Umstände der Grausamkeit sehen. Wenn dagegen, wie bei I. unterstellt, von Anfang an Tötungsvorsatz gegeben war, wäre in diesem Fall kein versuchter Verdeckungsmord durch Unterlassen gegeben. Für eine gewollte Verdeckung einer anderen Straftat wäre dann, worauf der BGH zutreffend hinweist, kein Raum, da es sich um ein einheitliches Tötungsgeschehen handeln würde, zu dem später nur die Verdeckungsabsicht hinzutritt. Dann aber handelt es sich nicht um eine andere Straftat, wie bei der Verdeckungsabsicht vorausgesetzt, sondern um eine einheitliche versuchte Tötung. Hierin ist dem BGH Recht zu geben.
II. § 221 I Nr. 2 sowie § 323c StGB haben als bloßes Gefährdungsdelikt bzw. Delikt zum Schutz der mitmenschlichen Solidarität neben dem versuchten Tötungsdelikt durch Unterlassen keine eigenständige Bedeutung und treten daher als subsidiär zurück.
Zweite Sachverhaltsalternative: Die Täter erkannten die Lebensgefahr erst nach der Rückkehr vom Tresor
A. Das Verhalten vor der Rückkehr vom Tresor
I. In diesem Fall scheidet ein versuchter Totschlag bzw. Mord nach §§ 211, 212, 22, 23 StGB mangels Vorsatzes aus. Der erst nach Rückkehr vom Tresor angesichts der nunmehr erkannten Lebensgefahr gefasste bedingte Tötungsvorsatz genügt als dolus subsequens nicht für eine Verurteilung wegen versuchten Mordes durch aktives Tun, weil der Vorsatz bei Vornahme der Tathandlung gegeben sein muss (sog. Simultaneitätsprinzip).[36]
II. Hinsichtlich der Raubdelikte ändert sich mit Ausnahme von §§ 251, 22, 23 StGB nichts. Selbst die Verwirklichung des §§ 250 II Nr. 3 b) wäre immer noch möglich, sofern der Täter die Umstände erkannt hat, aus denen sich eine Todesgefahr ergibt (Tatfrage).
III. Auch bezüglich §§ 239a, 223, 224 I Nr. 2, 5 StGB und 123 StGB ergeben sich keinerlei Änderungen.
B. Das Verhalten nach der Rückkehr vom Tresor
I. Hier würde nunmehr der Mordversuch durch Unterlassen nach §§ 211, 212, 13 StGB eine eigenständige Bedeutung erlangen. Das Merkmal der Habgier wäre zu diesem Zeitpunkt zu verneinen, da die Täter die Wertgegenstände bereits erlangt hatten, sodass die Tötung nicht mehr auf Bereicherung zielen konnte. Gleiches gilt für die Ermöglichungsabsicht, die zu verneinen wäre, weil die Tötung durch Unterlassen nicht mehr der Begehung des Raubes diente. Neben der Verwirklichung des Mordmerkmals der Grausamkeit wäre nunmehr auch das Merkmal der Verdeckungsabsicht verwirklicht, da die Angeklagten zunächst nur mit Körperverletzungsvorsatz handelten, sodass der nunmehr neu hinzukommende Entschluss zur Tötung der Absicht der Verdeckung einer anderen Straftat (nämlich der Verdeckung der zuvor begangenen §§ 223, 224 I Nr. 2 und 5, 249, 250, 239a und 123) galt.
II. Die gleichzeitig verwirklichten §§ 221 I Nr. 2 und 323c StGB treten hinter dem versuchten Mord durch Unterlassen zurück.
C. Auflösung der aus der Sachverhaltsungewissheit resultierenden unterschiedlichen Rechtsfolgen Nach allem ist in dubio pro reo von derjenigen Sachverhaltsalternative auszugehen, die sich für die Täter als die günstigste darstellt. Dies wäre vorliegend eindeutig diejenige Variante, der zufolge die Täter erst nach Rückkehr vom Tresor einen Tötungsvorsatz entwickelten, da dann bezüglich der versuchten Tötung durch Unterlassen nur das Mordmerkmal der Grausamkeit bejaht werden kann. Das dann zwar ebenfalls vorliegende Merkmal der Verdeckungsabsicht dürfte hingegen nicht angewandt werden, da diesbezüglich zu Gunsten der Täter geradezu umgekehrt zu unterstellen wäre, dass von Anfang an Tötungsvorsatz bestand, sodass wegen des Fehlens einer anderen Straftat Verdeckungsabsicht ausscheiden würde. Die gegenläufige Anwendung des in dubio pro reo-Grundsatzes, nämlich einmal in der Weise, dass die Täter zu Beginn noch keinen Tötungsvorsatz hatten, und einmal, dass dieser Vorsatz bereits ursprünglich vorlag, ist keine Seltenheit, weil jeweils der für den Täter günstigste Sachverhalt zu unterstellen ist.[37] Von Studierenden wäre die Kenntnis einer derartigen gegenläufigen Anwendung des Zweifelsgrundsatzes durchaus zu erwarten.
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b) Nicht ausreichend ist auch ein sog. dolus antecedens.[38] Dies veranschaulicht folgender
Fall 6: A will seine Ex-Frau F töten, die in Trennung von ihm lebt. Zu diesem Zweck bestellt er sie für 19.30 Uhr unter dem Vorwand, mit ihr noch einmal über das Sorgerecht für die Kinder sprechen zu müssen, in seine Wohnung. Sodann bereitet er einen Gifttrunk für sie, den er ihr später reichen möchte. Um 19 Uhr geht er nach oben, um seine Sachen für die spätere Flucht zu